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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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schleppen oder Wasser holen.
    Zwei Tage später kam Johanna abends mit zugeschwollenem Auge nach Hause. »Ich hatte das Essen nicht rechtzeitig fertig«, erklärte sie. »Morgen mache ich es besser.«
    Marthe war außer sich, aber sie konnte nichts tun. Säumige Mägde wurden geschlagen. Niemand außer ihr würde daran Anstoß nehmen. Sie tröstete das Mädchen und machte ihr kühlende Umschläge.
     
    Die Anspannung im Dorf entlud sich immer wieder in kleineren Rangeleien. Doch die waren für Marthe nur Vorboten eines großen Zusammenstoßes, der unausweichlich schien.
    Der ganze Ort war wie auf den Kopf gestellt. Kaum die Hälfteder Felder wurde noch bearbeitet, dafür auf etlichen neuen Flächen nach Erz gegraben. Viele der Bauern und ihre Kinder gewöhnten sich an die neue Arbeit, ob nun als Haspelknechte oder an der Scheidebank.
    Doch es geschahen häufig Unfälle, um deren Opfer sich Marthe kümmern musste. In den beiden Gruben, die Hartwigs Leute betrieben, arbeiteten fast ausnahmslos Männer, die sich mit dieser Arbeit nicht auskannten und oft nicht einmal mit dem Werkzeug richtig umgehen konnten. Dazu kam, dass die Raubeine, die auf Guntrams früherem Feld arbeiteten, keine Gelegenheit ausließen, die Christiansdorfer zu reizen.
    Nur die Autorität von Hermann und Pater Bartholomäus verhinderte, dass es zu blutigen Auseinandersetzungen kam.
    Doch Marthe wurde immer unruhiger. In ihrer rechten Schläfe setzte wieder der pochende Schmerz ein, der bisher immer von drohender Gefahr gekündet hatte und der nun nicht mehr weichen wollte, ganz gleich, mit welchen Mitteln sie ihm beizukommen versuchte.
    Sie rechnete hin und her, wann Christian zurückkommen konnte. Vor vier Wochen waren er und Lukas losgeritten. Es würde also mindestens noch zwei Wochen dauern, bis sie wieder hier waren.
    Von Lukas wusste sie, dass der Markgraf Christian nach dem Hoftag in den Harz schicken wollte, um noch mehr Bergleute anzuwerben. Doch dorthin hatte Hermann im Einvernehmen mit dem Ritter längst einen der Steiger geschickt, der das erledigen sollte. Vielleicht würde Christian bald zurückkehren, sofern der Hoftag nicht übermäßig lange dauerte und falls ihm nichts zugestoßen war.
    Marthes Kopfschmerzen wurden immer quälender, bis sie kaum noch einen klaren Gedanken fassen konnte. Bald wurdesie bei Tag und bei Nacht von dem sicheren Gefühl einer nahenden Katastrophe beherrscht.

Blutgericht
     
    Es war ein drückend heißer Sommertag, als Randolf in Begleitung von fünfzehn schwer bewaffneten Männern erneut ins Dorf einzog.
    Der Hüne ließ seinen Blick mit eisiger Miene über die vielen neuen Gruben auf Christiansdorfer Flur schweifen und ritt geradewegs zum Herrenhof.
    Marthe stockte der Atem aus Angst um Johanna. Aber wenig später kam das Mädchen aus dem Herrenhaus und ging ruhig mit einem Korb Wäsche zum Bach. Wahrscheinlich hatten die Männer sie weggeschickt, um ohne Zeugen reden zu können.
    Lange rührte sich nichts im Herrenhof. Dann kam Randolf heraus, bestieg sein Pferd und ritt durch den Bach zur Schmiede.
    Abschätzend sah er auf die beiden kräftigen jungen Männer, die dort in ledernen Schürzen mit schweißglänzenden nackten Oberkörpern arbeiteten.
    »Wer von euch ist Jonas, der Schmied?«, fragte er.
    Jonas blickte nur kurz von der Arbeit auf. »Ich, Herr.«
    Er hatte sofort erkannt, wen er vor sich hatte: den Ritter, der Christian sein Dorf streitig machen wollte. Und der Marthe zuschanden gemacht hatte. Als sei es gestern gewesen, stand ihm das Bild vor Augen, wie er und Emma damals das Mädchen blutend und mit zerrissenem Kleid im Wald gefundenhatten. Er hatte mit niemandem darüber gesprochen, doch vergessen konnte er es nicht.
    »Mach meinem Pferd neue Eisen«, befahl Randolf.
    Jonas winkte Karl zu sich und drückte ihm die Zange mit einem rot glühenden Bergeisen in die Hand. »Mach das inzwischen fertig.«
    »Gut.« Karl war Jonas mittlerweile an Geschick fast ebenbürtig.
    Behutsam näherte sich Jonas dem gewaltigen Ross und hob eines der Beine, um die Größe der benötigten Hufeisen abschätzen zu können. Dann suchte er ein paar passende Eisen aus und legte sie in die glühende Holzkohle. Bald erfüllte der Geruch von verbranntem Horn die Schmiede.
    Während Jonas arbeitete, sprach keiner der Männer ein Wort. Doch der Schmied wusste Randolfs berechnenden Blick auf sich gerichtet.
    Die neuen Eisen passten makellos.
    Als Randolf ohne ein Wort auf seinem frisch beschlagenen Pferd davonreiten

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