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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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bringen konnte.«
    »Schafft ihn noch nicht nach unten, sondern in meine Wachstube«, ordnete der Hauptmann an, nachdem er Marthe mit so durchdringendem Blick betrachtet hatte, dass ihr ein kalter Schauer über den Rücken lief.
    »Ich will ihn nachher selbst verhören. Aber bewacht ihn gut. Und niemand rührt ihn an. Um seine Kleider könnt ihr später würfeln.«
    Seine letzten Worte ließen Marthe erstarren. So weit hatte sie nicht gedacht! Die Vorstellung von dem, was passieren würde, wenn die Wachen herausfanden, dass sie eine Frau war, ließ ihre Beine zittern.
    Einer der Männer gab ihr einen kräftigen Stoß in den Rücken. »Los, vorwärts. Fällt dir nicht ein passendes Lied dazu ein?«, höhnte er.
    Die Männer brachten sie in eine kleine Kammer im ersten Stock des Wartturmes. Der Raum hatte nur winzige Luken, durch die kaum etwas Tageslicht drang. Am Eingang postierte sich der Pockennarbige und ließ sie nicht aus den Augen.
    Marthe setzte sich und lehnte sich kraftlos an das kalte Mauerwerk. Dunkle Gedanken krochen in ihren Kopf, bis sie schließlich ganz von Hoffnungslosigkeit erfüllt war.
    Es war vorbei.
    Nachdem die Wachleute ihre Lust an ihr gestillt hatten, würde sie in den Verliesen vermodern, ohne dass Hedwig auch nur von ihrer Anwesenheit ahnte.
    Raimund und Lukas würden umsonst auf sie warten. Und was auch Christians Freunde zu seiner Befreiung anstellten – sie würden zu spät kommen.
    Marthe konnte nicht mehr glauben, dass der Ritter noch lebte. Christian war tot, und über sein Dorf würde Randolf herrschen.
    Warum sollte sie dann noch leben.
    Müde schloss sie die Augen. Vielleicht konnte sie einen Angriff auf den Hauptmann oder einen Fluchtversuch vortäuschen, damit sie wenigstens ein schnelles Ende fand.
     
    Es dauerte eine ganze Weile, bis der Hauptmann der Wache kam.
    Er schickte den Posten weg, schloss die Tür hinter sich und ging auf Marthe zu. Sie erhob sich langsam. Was nun kam, wollte sie aufrecht hinter sich bringen – solange sie noch stehen konnte.
    »Willst du mir nicht sagen, wer oder was du wirklich bist?«, fragte der Mann mit befehlsgewohnter Stimme.
    »Ich bin Hilarius, ein fahrender Sänger«, antwortete Marthe.
    Der Hauptmann sah sie mit einem schiefen Lächeln an. »Ich weiß nur eines: Ein Fahrensmann bist du nicht.«
    Noch ehe Marthe reagieren konnte, hob er ihren bunten Kittel an und wies auf die mit Leinentüchern straff umwickelte Brust. »Eher eine Fahrensfrau, stimmt’s?«
    Kopfschüttelnd ließ er sich auf einen Schemel nieder und musterte seine erschrockene Gefangene.
    »Mädchen, was hast du dir nur dabei gedacht?«, sagte er beinahe väterlich. »Bist du ausgerissen, um deinen Liebsten zu treffen?«
    Sein Blick wurde streng. »Du weißt, welche Strafe darauf steht. Und was glaubst du, was passiert, wenn die Wachen merken, wen sie da vor sich haben? Niemanden kümmert es, was unten in den Verliesen geschieht. Also rück mit der Wahrheit heraus. Dann werde ich entscheiden.«
    Marthe ließ den Gedanken fallen, sich auf den Hauptmann zu stürzen, damit er sie tötete. Stattdessen überlegte sie fieberhaft, was sie antworten sollte. Sie musste dringend zu Hedwig. Er würde sich nicht mit halbherzigen Erklärungen abspeisen lassen. Also atmete sie tief durch. »Ich habe eine wichtige Nachricht für Euren Herrn und für Markgräfin Hedwig. Die Ehre von Markgraf Otto und das Leben eines tapferen Ritters hängen davon ab.«
    Verblüfft sah der Hauptmann sie an. »Du bist ein Bote? Bei Gott, wer soll das glauben? Seit wann übernehmen Weiber solche Arbeit?«
    »Ich sage die Wahrheit«, flehte Marthe.
    Die Tür wurde aufgerissen. Der Wachsoldat, der Marthe gefesselt hatte, trat heran und flüsterte dem Hauptmann etwas ins Ohr. Der sah sie noch einmal kurz an und stapfte dann hinaus. »Der Gefangene bleibt hier, niemand darf zu ihm«, wies er beim Gehen an.
    Hin und her gerissen zwischen Verzweiflung und Hoffnung blieb Marthe zurück.
     
    Wenig später kniete Marthe in Spielmannskleidung und mit gefesselten Händen vor Dietrich von Landsberg, dem Markgrafen der Ostmark. Der Hauptmann war bald zurückgekommen und hatte sie ohne ein Wort in den Palas geführt. Dorthatte der Markgraf alle anderen bis auf den Anführer der Wache hinausgeschickt und sah nun streng auf sie herab.
    Ihr Herz pochte, verstohlen musterte sie den Mann, in dessen Hand nun ihr und vielleicht auch Christians Leben lag.
    Sie hatte Ottos Bruder bereits auf dem Hoftag zu Würzburg gesehen, als

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