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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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kleine Reisegesellschaft Richtung Collmberg bewegte. Sie ritt diesmal selbst mehr schlecht als recht auf einem braven Zelter, der einem von Hartwigs Männern gehört hatte. Christian führte das Pferd, auf dem Hartwig in Fesseln saß, und richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf den Gefangenen. Außerdem, so hatte er ihr beim Aufbruch verkündet, würde es Zeit, dass sie als seine Frau das Reiten lernte. Er selbst hatte das ruhigste Pferd für sie ausgesucht und ihr gezeigt, wie sie mit dem Tier zurechtkommen konnte. Lukas ritt an ihrer Seite und half ihr, die Kontrolle über den Zelter zu behalten. Bergmeister Hermann und Pater Bartholomäus vervollständigten den Zug.
    Christian ließ halten und wartete, bis Marthe zu ihm aufschloss. »Brauchst du eine Rast?«, fragte er besorgt, aber nicht ganz ohne Ungeduld.
    »Nein«, entgegnete Marthe, obwohl sie über eine Pause heilfrohgewesen wäre. Ein Pferd selbst zu lenken war eine ganz andere Sache, als vor einem geübten Reiter im Sattel zu sitzen.
    »Ich muss auf den Burgberg«, erklärte sie. Noch während sie sprach, wurden ihre Gedanken immer klarer, und sie verstand das Traumbild, das sie nach dem Zweikampf zwischen Lukas und Dietrich von der Ostmark gesehen hatte. »Der Sohn von Markgraf Dietrich … er ist in Gefahr. Ich muss seinen Vater warnen!«
    Christian überlegte nur kurz. Die Sache klang zu ernst, um sie zu ignorieren. Und in Meißen wäre Marthe vielleicht weniger gefährdet als beim Landding, wo es passieren konnte, dass sie als Frau eines Geächteten ebenfalls für vogelfrei erklärt wurde, wenn ihre Heirat bekannt wurde.
    »Gut. Trennen wir uns vorerst«, meinte er schweren Herzens. Er wandte sich an Lukas. »Begleitest du sie? Sagt, ihr braucht nach meinem Tod einen neuen Herrn und sorgt dafür, dass das zu Randolf durchsickert. Marthe kann vielleicht bei Hedwig unterkommen.«
    Lukas nickte zustimmend.
    Doch bevor sie sich trennten, hielt Christian ihn kurz zurück.
    »Du wirst gut auf sie aufpassen und sie beschützen, ja?«, sagte er leise und eindringlich.
    »Habe ich das nicht immer getan?«, erwiderte Lukas.
     
    Markgraf Dietrich übernahm es, Hedwig zu bitten, dem Mahl in der Halle fernzubleiben. Oda sollte keinen Verdacht schöpfen. Es könnte sie beunruhigen, wenn Otto plötzlich seiner Gemahlin den Platz an seiner Seite einräumen würde, den sie so lange innegehabt hatte.
    »Wie hoch ist der Grad seiner Reue?«, fragte Hedwig ihren Schwager grimmig.
    »Ausreichend hoch für eine Pilgerfahrt barfuß und barhäuptig durch die ganze Burg, um reuevoll vor Euch auf die Knie zu sinken«, entgegnete Dietrich mit wehmütigem Lächeln. »Ich weiß, Ihr seid eine stolze Frau und mein Bruder hat Euch übel mitgespielt. Die Frage, wie er sich wieder mit Euch versöhnen soll, macht ihm mehr als alles andere zu schaffen. Ich bitte Euch, macht es ihm nicht zu leicht, aber auch nicht zu schwer!«
    Hedwig sah ihn mit ihren klugen Augen auf jene unbeschreibliche Art an, die in ihm jedes Mal den Wunsch weckte, sie in seine Arme zu reißen.
    »Ich weiß selbst noch nicht, was ich tun soll«, gab sie seufzend zu. »Er hat mich furchtbar gekränkt und gedemütigt. So etwas kann man nicht vergessen. Aber er ist mein Mann, er hat sich in seiner Verblendung in eine mehr als schlimme Lage manövriert und Unrecht über andere gebracht. Schon um die Schmach auszulöschen und Leuten wie Christian zur Gerechtigkeit zu verhelfen, sollte ich wohl bald wieder meinen Platz an seiner Seite einnehmen.«
    Dietrich verneigte sich tief vor Hedwig und küsste ihre Hand. »Meine Dame, schon immer habe ich neben Eurer Schönheit auch Eure Weitsicht bewundert!«
     
    »Setz dich zu mir wie gewohnt, meine Gemahlin bleibt auf meinen Befehl in ihren Gemächern«, raunte Otto Oda lächelnd zu und winkte einen der Pagen heran, um sich und ihr Wein einschenken zu lassen.
    Oda folgte seiner Aufforderung mit strahlendem Lächeln und senkte dann wie jeder in der Halle den Blick, während der Kaplan das Gebet vor dem Mahl sprach.
    Doch ihr Instinkt sagte ihr, dass sie auf der Hut sein musste. Dies würde ihr letzter Abend in Meißen sein.
    Markgraf Dietrichs Auftauchen war das erste Warnsignal gewesen. Der Mann war ihr schon immer gefährlich erschienen, und der Zeitpunkt seines Erscheinens war zu bedeutsam, um ein Zufall zu sein. Sie hatte einem gerissen wirkenden Straßenjungen reichlich Geld versprochen, wenn er das Wirtshaus im Auge behielt, in dem Herzog Heinrichs Bote absteigen sollte,

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