Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
Vater noch einmal die Last der Jahre abzustreifen. Heute kam er seinem größten Traum so nah wie nie zuvor. Fast alle bedeutenden Fürsten, Bischöfe und Erzbischöfe des Reiches waren versammelt, um ein Bündnis zu schließen. Sollte einer von ihnen angegriffen werden, würden die anderen ihm Beistand leisten. Gegen diese Macht würde sich Heinrich nicht auf Dauer behaupten können.
     
    »Bitte, edle Dame!« Ein Page legte Hedwig ein besticktes Kissen auf die steinerne Sitzbank in der Fensternische. Doch Hedwig blieb lieber stehen, um mit ansehen zu können, wie die Bündnispartner einander Treue schworen.
    Sie war die einzige Frau im Saal. Der Tochter Albrechts des Bären würde niemand nahe legen, den Saal zu verlassen. Für die mitgereisten Damen von Stand waren in einem anderen Raum Spielleute aufgeboten. Sie würden über die jüngsten Hochzeiten und Schwangerschaften schwatzen und sich gegenseitig mit Lobgesängen auf ihre Söhne überbieten.
    Nicht nur, dass Hedwig liebend gern dem ermüdenden Geplapper fern blieb – um keinen Preis wollte sie diesen Moment hier verpassen.
    Otto war ganz von der Zeremonie beansprucht. Doch sie konnte ohne aufzufallen jede Einzelheit genau beobachten, als seine Vertraute und Spionin. Er verließ sich darauf, dass sie mit ihren feinen Sinnen manches auffing, das anderen verborgen blieb.
    Aufmerksam musterte sie die Runde um Erzbischof Wichmann: die Kölner Gesandten, ihren Vater und ihre Brüder, den Landgrafen Ludwig von Thüringen und seinen Sohn, den Pfalzgrafen Adalbert von Sachsen und die anderen hohen Adligen und Geistlichen von Rhein und Elbe.
    Fast geräuschlos trat Christian neben sie.
    »Wer ist das rechts vom Grafen von Arnsberg?«, fragte er leise.
    »Hartwig, der Erzbischof von Bremen«, gab sie flüsternd zurück.
    »Der Wankelmütige? Hat er sich doch entschlossen, zu unserem Lager überzuwechseln?«
    »Vielleicht ist ihm die Plünderung Bremens auf den Magen geschlagen – oder auf sein christliches Gewissen. Aber ich würde mich nicht darauf verlassen, dass das anhält«, meinte Hedwig verächtlich.
    Wir haben einiges zu gewinnen, doch viel zu verlieren, wenn das Bündnis nicht hält, dachte sie besorgt. Sie war immer nochvon dem überzeugt, was sie im Frühjahr zu ihrem Mann gesagt hatte: Wenn der Kaiser in Italien scheitert, wird sein Zorn wie das Strafgericht Gottes über uns hereinbrechen.
    Das Bündnis war aus Sicht des Kaisers eine Revolte gegen seinen mächtigsten Gefolgsmann. Denn als solchen betrachtete der Staufer den Löwen nach wie vor. Noch konnten sie hinter dem breiten Rücken Rainald von Dassels Sicherheit finden. Doch für wie lange? Ihren Vater oder die Erzbischöfe würde der Kaiser wohl kaum antasten. Aber die kleineren Fürsten würde sein Zorn voll treffen.
    Waffengeklirr und Verschwörergehabe!, dachte Hedwig grimmig angesichts der kämpferisch gestimmten Runde in der Mitte der Halle. Doch wer seine Macht nicht mit Klauen und Zähnen verteidigte, über den würden die Rivalen wie hungrige Wölfe herfallen. Und es kämpften nicht nur die Männer, sondern oft auch die Frauen, nur eben mit Gift und Intrigen statt mit dem Schwert.
    Ein ungutes Gefühl zog ihren Magen zusammen.
    Sie war froh, wenigstens Christian neben sich zu haben, der fest und gelassen an ihrer Seite stand und ihr ein beruhigendes Lächeln schenkte.
     
    Sofort nach dem Ende der Zeremonie verließ Christian die Halle. Er rechnete damit, dass es in den Stallungen bald interessant werden könnte.
    Seine Freunde hatten sich über das Gelände verteilt. Raimund sollte unauffällig den Hof im Auge behalten, Richard und Gero wachten bei den Koppeln, auf denen die Pferde der anderen Gesandtschaften untergebracht waren. Christian hingegen legte sich in dem Stall auf die Lauer, in dem Ottos Trupp die Pferde eingestellt hatte.
    Der Lärm aus der Halle kündete vom Fortgang des Festmahls.
    Die Wachen, denen man Bier und etwas essen hatte zukommen lassen, lehnten träge am Tor, der Hof war leer, nur ab und an eilten Diener mit großen Platten oder schweren Krügen vorbei.
    Christian musste nicht lange warten. Auf Anhieb erkannte er die gekrümmte Gestalt, die den Stall betrat und sich ein Pferd geben ließ: der Gehilfe des Astrologen.
    Er wartete, bis der Junge aufgesessen war und Richtung Tor ritt, dann holte er seinen Grauschimmel, den er vorausschauend bereits gesattelt hatte.
    »Die Straße nach Norden«, rief ihm Raimund am Tor zu. Christian hob zur Bestätigung eine Hand und

Weitere Kostenlose Bücher