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Das Geheimnis der Hebamme

Titel: Das Geheimnis der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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dabei geholfen, jemanden zu heilen. Er hatte die weise Frau immer nur mit äußerstem Misstrauen beäugt.
    Sie baten Christian und Lukas zu sich. »Setzt Euch auf ihn und haltet ihn fest. Es kann sein, er kommt durch den Schmerz zu sich«, erklärte Marthe.
    Bartholomäus hatte eine der kostbaren Wachskerzen geopfert, damit Grete die Wunde gut ausleuchten konnte.
    Marthes Messer war noch warm vom Schmiedefeuer und lag sicher in ihrer Hand. Gemeinsam mit Bartholomäus sprach sie ein Gebet, dann hielt sie die Luft an und entfernte mit tiefen raschen Schnitten das faule Fleisch. Sofort legte der Pater ein glühend heißes Messer auf die blutenden Wunden. Ein lautes Zischen, und der durchdringende Geruch von verbranntem Fleisch zog durch den Raum. Der Kranke stöhnte leise, seine Lider flackerten, aber er wachte nicht auf.
    Das bereitete Marthe große Sorgen. Vorsichtig legte sie die vorbereiteten Leinsamenumschläge auf die Wunden und richtete sich dann auf.
    »Ich danke Euch«, sagte sie zu Vater Bartholomäus, der ebenfalls besorgt wirkte. »Jetzt können wir nur warten und beten, dass das Fieber in der Nacht bricht. Ich werde bei ihm wachen.«
    »Wird dein Mann dich nicht erwarten?«, fragte Christian.
    Lukas fuhr herum und starrte erst den Ritter, dann Marthe mit offenem Mund an.
    Er weiß es also, dachte Marthe und senkte den Kopf, um zu verbergen, dass ihr Tränen in die Augen schossen.
    »Ich habe ihm ausgerichtet, dass ich hier bei dem Kranken wachen muss, Herr«, sagte sie, griff nach einem leeren Eimer und flüchtete nach draußen.
    Aus dem Haus drang Lukas’ aufgebrachte Stimme, dann hörte sie eilige Schritte hinter sich. Sie wandte sich nicht um.
    Kurz vor dem Bach fing Lukas sie ab und drehte sie zu sich.
    »Warum hast du das getan?«, fragte er fassungslos.
    Was war er nur für ein Narr, für ein hoffnungsloser Träumer! Da hatte er sich wochenlang ausgemalt, wie Otto und Hedwig das Mädchen so großzügig belohnen würden, dass er sie selbst einmal heimführen konnte, und dabei war sie längst die Frau dieses täppischen Alten!
    Von der Vorstellung, wie Wiprecht mit seinen rauen, gichtigen Händen zitternd vor Gier seine Wollust an ihrem mädchenhaften Körper stillte, wurde ihm übel.
    »Ein Mädchen braucht Schutz, junger Herr. Und eines ohne Vater und ohne Brüder besonders«, sagte Marthe mit gesenktem Kopf.
    »Aber Christian und ich, wir beschützen dich doch!«, rief der Knappe.
    Wo Ihr über Monate weg seid? Was versteht Ihr schon davon!, wollte Marthe schreien. Doch solch ein Verhalten stand ihr nicht zu. Sie biss sich auf die Lippe und blinzelte, um die Tränen zurückzudrängen. Doch die wollten sich nicht zurückdrängen lassen.
    »Verzeiht, junger Herr, ich muss Wasser holen«, murmelte sie und lief zum Bach.
     
    Christian hatte es abgelehnt, sich schlafen zu legen, da er abwechselnd mit Marthe bei seinem Freund wachen wollte. Immerwieder träufelten sie Wasser auf Raimunds vom Fieber rissig gewordenen Lippen, kühlten seine geröteten Lider und die glühende Stirn.
    Tief in der Nacht wich die Fieberhitze, der Körper des Kranken wurde eiskalt. Marthe häufte Decken über ihn, erhitzte einen Stein und legte ihn an Raimunds Füße. Dann fiel sie selbst in einen kurzen Schlaf, restlos erschöpft von der Pflege des Kranken und der Entbindung in der Nacht zuvor.
    Mit einem grässlichen Stöhnen fuhr sie aus einem Albtraum und blickte verwirrt um sich.
    Christian griff nach ihrer Hand und betrachtete sie voller Mitgefühl. Sanft strich er über ihren Handrücken und flüsterte beruhigende Worte. »Du hast nur schlecht geträumt.«
    Die zarte Berührung erfüllte sie mit einem irritierenden Gefühl. Doch jäh kam sie zu sich und zog erschrocken ihre Hand zurück.
    Christian ging zum Wasserbottich, um sein Gesicht zu verbergen. Als er ihr einen Becher voll Wasser reichte, hatte er sich wieder unter Kontrolle. »Gut, dass du wach bist. Ich glaube, er fiebert wieder.«
    Sie wiederholten die kalten Güsse und Wickel.
    Im Morgengrauen endlich wurde der Atem des Kranken ruhiger, wenn auch sein Puls immer noch schwach und unregelmäßig war. Die Wunde sah gut aus, es gab keine Anzeichen einer drohenden Entzündung. Aber nichts deutete darauf hin, dass Raimund zu Bewusstsein kommen würde. Trotz der Decken und der Nähe des Feuers hatte seine Haut inzwischen eine gefährliche Kühle und Blässe angenommen.
    Nachdenklich betrachtete Marthe den Kranken, der kaum noch etwas gemeinsam hatte mit dem

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