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Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Titel: Das Geheimnis der Heiligen Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beaurfort
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Euch stets nur mit Argwohn begegnen werden, weil sie fürchten, Ihr könntet ihnen mit Eurer überlegenen Kampferfahrung das magere Erbe streitig machen? Oder in diese Klöster mit ihren staubigen Büchern?«
    Â»Warum nicht?«, fragte Geoffrey. Er war verärgert, dass der Jüngere seine Beweggründe infrage stellte. »Ich bin es müde, durch die Wüste zu trotten, mich von der Sonne garen zu lassen und von meinem Kettenhemd zu Boden gedrückt zu werden, auf der Suche nach Sarazenen, die niemals auftauchen. Ich hätte nichts dagegen, in einem kühlen Kreuzgang zu sitzen und über Mathematik oder Philosophie zu lesen.« Er machte eine kurze Pause. »Und ich vermisse England. Plötzlich sehne ich mich nach dem Grün seiner Wälder und nach seinen Hügeln, wie sie im Herbst von Heidekraut überwuchert sind.«
    Tankred starrte ihn ungläubig an. »Ach du liebe Güte!«, hauchte er. »Seid Ihr plötzlich zu einem Dichter geworden? Wo ist Eure Männlichkeit geblieben?« Er vollführte eine ausgreifende Geste. »In diesem Land gibt es Reichtümer zu holen, und Ihr sehnt Euch nach den nassen Bäumen und Blumen von England! Und dabei seid Ihr schon seit zwanzig Jahren nicht mehr dort gewesen!«
    Geoffrey spürte, wie sein Ärger nachließ. Er war einfach diese Erkundungsgänge müde, und zu seinen Gründen für die Teilnahme am Kreuzzug hatte sich schon Hugo klar und deutlich geäußert. Geoffrey hatte keine Lust, sich zum zweiten Mal innerhalb einer Stunde verspotten zu lassen.
    Â»Ich lege keinen Wert auf Reichtümer, und ich habe das Gemetzel hier satt.«
    Tankred gab einen verärgerten Laut von sich. »Und hier kommen wir zum springenden Punkt des Ganzen: das Gemetzel. Ihr wart in diesen Dingen schon immer etwas zimperlich. Ich weiß noch genau, wie Ihr Euch geweigert habt, nach dem Eindringen in die Stadt die Ungläubigen zu erschlagen.«
    Â»Die Ungläubigen, die wir hier vorgefunden haben, waren zumeist Frauen und Kinder«, wandte Geoffrey heftig ein. »Und außerdem waren nicht alle, die erschlagen wurden, Ungläubige – viele waren auch Christen. In der allgemeinen Raserei wurden sogar einige unserer Mönche und Krieger getötet. Das Blutbad war derart wahllos, dass ihm ein jeder zum Opfer fiel, der sich nicht zur Wehr setzen konnte. Welcher Mann hätte wohl an so einer verderbten Sache Anteil haben wollen?«
    Â»Die meisten Eurer Kameraden«, stellte Tankred trocken fest. »Und weshalb auch nicht, wo doch das Gesetz des Tages lautete, dass die Beute demjenigen gehört, der ihren Eigentümer umgebracht hat!«
    Â»Und es ist genau diese Art von Gesetzlosigkeit, die ich so abstoßend finde«, stellte Geoffrey müde fest. »Vielleicht habt Ihr Recht, und ich habe meinen Kampfgeist verloren. Doch mir reicht es.«
    Â»Nun kommt, Herr Geoffrey«, sagte Tankred begütigend. »Ihr seid ein Ritter und von Kindheit an für den Kampf ausgebildet. Was wollt Ihr sonst wohl anfangen? Auf dem Rittergut Eures Vaters in England gibt es für Euch nichts zu holen – deshalb hat er Euch überhaupt erst fortgeschickt, ist es nicht so? Wohin wollt Ihr Euch wenden? Trotz Eurer mönchischen Neigung für Bücher und Schriftrollen denkt Ihr viel zu unabhängig, um dem geistlichen Stand beizutreten. Ihr überstündet nicht einmal eine Woche, bevor man Euch wegen fehlenden Gehorsams wieder hinauswerfen würde. Schaut Euch nur an, wie Ihr mir, Eurem Lehnsherrn, entgegentretet!«
    Geoffrey blickte schuldbewusst beiseite. Er hatte Glück, dass Tankred seine gelegentliche Aufsässigkeit hinnahm. Bohemund hätte das gewiss nicht getan. Im Grunde seines Herzens wusste Geoffrey auch, dass Tankred Recht hatte. Wenn er dem Rittertum abschwor, gab es wenig, was er noch tun konnte. Er war zu alt, um noch ein Gelehrter zu werden, und er hatte nicht die geringste Absicht, ein Keuschheitsgelübde abzulegen und Mönch zu werden.
    Tankred trat auf den Tisch zu und hob die Schriftrolle auf, in der Geoffrey gelesen hatte. »Diese Abhandlung beschäftigt sich mit der Frage, weshalb man Sternschnuppen nur zu bestimmten Jahreszeiten sieht und zu den anderen nicht«, sagte er und wechselte damit das Thema. »Sie stammt von einem arabischen Astrologen. Seid Ihr mit seiner Arbeit vertraut?«
    Geoffrey nickte ungeduldig. »Ich habe mir durchgelesen, was er zu den

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