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Das Geheimnis der Herzen

Das Geheimnis der Herzen

Titel: Das Geheimnis der Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Holden Rothman
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deutete auf das Glas, »gehört nicht auf einen Esstisch. Ich wäre dankbar, wenn du und Dr. White es entfernen würdet.«
    Howlett schaute mich an. Sein Gesicht war ernst, aber seine Augen verrieten ihn. Er stand auf, nahm das Glas in beide Hände und wiegte das Herz hin und her wie ein Baby. »Meine Liebe«, sagte er zu seiner Ehefrau. »Wir haben dich erschreckt. Vielleicht sollten wir uns mit diesem anstößigen Gegenstand ins Raucherzimmer zurückziehen.«
    Kitty trat hinter ihren Sohn und legte ihm schützend die Hände auf die Schultern. Howlett und ich verließen das Zimmer. Ich murmelte noch eine Entschuldigung, aber es war klar, dass unsere gemeinsame Zeit abgelaufen war.
    Im Gegensatz zu den anderen Räumen im Haus der Howletts war das Raucherzimmer dunkel und fast beengend. Gebeizte Holztäfelung an den Wänden. Schwere burgunderrote Vorhänge an dem einzigen Fenster. Und es roch nach Zigarrenrauch. Aschenbecher – in einem lagen noch zwei schwarze Stummel – waren strategisch auf mehrere kleine Tischchen verteilt.
    Ich ließ mich in einen Sessel fallen und schlug die Hände vors Gesicht. »Verzeihen Sie mir«, stammelte ich. »Wie konnte ich nur so dumm sein.«
    Howlett lachte. »Sie haben doch gar nichts getan«, sagte er, vor mir stehend. »Es war mein Sohn. Revere hat die ärgerliche Eigenschaft, in alles seine Nase zu stecken, genau wie sein alter Herr.«
    Er wollte mich trösten, wollte nett zu mir sein. Ich merkte das natürlich, schämte mich aber trotzdem furchtbar. »Kitty hält mich jetzt bestimmt für ein Monster.«
    Howlett hielt das Glas unter eine Lampe. »Es ist fantastisch«, sagte er und drehte es langsam, sodass die Ausbuchtung an der rechten Herzkammer uns anschaute. »Sehen Sie sich nur diese Kompensation hier an. Was für ein Wunder.«
    »Es sieht gar nicht richtig menschlich aus«, sagte ich und vergaß einen Moment lang die peinliche Situation.
    Wieder lachte Howlett. »O doch, es ist durchaus menschlich. Ich habe das gleich gewusst, als ich es das erste Mal zu Gesicht bekommen habe.«
    Ich beugte mich begeistert vor. »Das heißt, Sie kennen es? Sie haben es schon einmal gesehen?«
    »Ob ich es schon einmal gesehen habe? Ja, selbstverständlich – ich war dabei, als sein Besitzer gestorben ist.« Er legte das Glas in seine Armbeuge und wiegte es wieder. »Es wurde für mich eine Art persönliches Markenzeichen an der McGill. Die anderen haben es immer ›das Howlett-Herz‹ genannt. Ich hätte nie gedacht, dass ich es noch einmal wiedersehen würde.«
    Ich erzählte ihm, dass ich es im Museum entdeckt hatte. Das Etikett sei falsch gewesen, und das habe mich verun sichert, denn es gebe keinen Bericht dazu.
    »Meine Schuld«, sagte Howlett. »Ich habe dieses Herz so oft in meinen Vorlesungen verwendet, dass der Bericht verloren gegangen sein muss. Ich kann die Sachlage für Sie sofort richtigstellen.«
    Dr. Clarke hatte also recht gehabt. Ich nahm meine Brille ab und rieb die Gläser sauber. Meine Finger zitterten leicht vor lauter Vorfreude. »Der Besitzer war Ihr Patient?«
    Howlett machte ein seltsames Gesicht.
    Ich setzte die Brille wieder auf und musterte ihn genauer. »Sie haben doch gesagt, Sie waren dabei, als er gestorben ist.« Ich spürte bei ihm ein gewisses Unbehagen.
    Er beäugte mich. »Darf ich Ihnen eine Zigarre anbieten, Dr. White?«
    Ich zögerte, schockiert von dem Angebot. Zigarren waren strikt für Männer reserviert.
    »Vielleicht einen Digestif?«
    Wieder zögerte ich. Howlett wollte, dass ich mit ihm allein etwas trank, in seinem Raucherzimmer? Ich hatte seine Frau doch schon einmal beleidigt, deshalb wollte ich auf keinen Fall noch einen Fauxpas begehen und das bisschen Ansehen, das ich noch besaß, endgültig verspielen.
    »Ich bin ratlos«, sagte er schließlich, was meine eigene Verfassung widerspiegelte.
    »Bitte!« Ich deutete auf die Flaschen und Karaffen im Regal. »Tun Sie sich keinen Zwang an. Ich brauche nichts.«
    Er zuckte die Achseln und goss sich ein Cognacglas ein. »Brandy ist ein Tonikum. Vor allem gut fürs Blut«, sagte er. »Das wissen Sie doch bestimmt, Dr. White. Außerdem geben Sie mir das Gefühl, ein schlechter Gastgeber zu sein. Sind Sie ganz sicher, dass Sie nicht doch etwas haben wollen?«
    Er bestand darauf, mir ebenfalls einen Brandy einzugießen. Die Flüssigkeit hatte eine Farbe wie kandierter Zucker, das Aroma brannte mir in den Augen. Weil er mich drängte, nahm ich einen Schluck, spuckte aber das meiste wieder zurück

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