Das Geheimnis der Highlands
Anblick der Sternschnuppe geäußert hatte. Was genau waren seine Worte gewesen? Er hatte sich gewünscht, daß Hawk einer Frau mit Geist und Verstand begegnen sollte; einer intelligenten Frau.
»Kannst du rechnen?« fragte er gereizt.
»Ich bin ein Profi in Buchhaltung.«
»Lesen und Schreiben?« hakte er nach.
»Drei Sprachen fließend, zwei ganz ordentlich.« Das war der Hauptgrund dafür, daß sie die mittelalterliche Redeweise so gut nachahmen und ihre Umwelt überzeugen konnte, daß sie wirklich die verrückte Janet war. Obwohl einige der Worte und Ausdrücke, die sie benutzte, den anderen merkwürdig erscheinen mußten – man erwartete ja von ihr, daß sie nicht ganz richtig im Kopf war –, hatte sie auf Burg Comyn schnell gelernt und sich den rollenden Akzent mit kindlicher Leichtigkeit zu eigen gemacht. Sie hatte immer schon eine große Sprachbegabung besessen. Außerdem hatte sie alle Folgen von Highlander gesehen.
Hawk stöhnte. Der zweite Teil von Grimms Wunsch war gewesen, daß die Frau von makelloser Schönheit sein sollte. Zu diesem Punkt brauchte er keine Fragen zu stellen. Sie war eine Venus, die kein schmückendes Beiwerk nötig hatte. Sie war in seine Welt geschlüpft, und er hatte die böse Vorahnung, daß seine Welt sich für immer verändert hatte.
Also, die ersten beiden Forderungen von Grimms Wunsch wären erfüllt. Die Frau besaß sowohl Verstand als auch betörende Schönheit.
Es war die letzte von Grimms Forderungen, die Hawk am meisten beunruhigte: Ein makelloses ›Nein‹ auf ihren makellosen Lippen...
Die Frau mußte noch geboren werden, die jemals zum Hawk nein sagen würde.
»Adrienne, ich will dich«, sagte er mit belegter, rauher Stimme. »Ich werde dir die unglaublichsten Wege der Liebe zeigen, die du jemals diesseits von Walhalla erleben kannst.
Ich kann dir das Paradies zeigen – und noch viel mehr. Du wirst dir wünschen, deine Füße würden nie wieder den Boden berühren. Willst du, daß ich dich dorthin führe? Willst du mich?« Er wartete, doch er wußte bereits, was kommen würde.
Aufreizend kräuselten sich ihre Lippen, und sie sagte: »Nein.«
* * *
»Du hast mich mit einem Geis belegt durch deinen verfluchten Wunsch, Grimm!« So konnte man zu späterer Nacht den Burgherrn Sidheach James Lyon Douglas in den sternlosen Himmel heulen hören. Verborgen hinter einem Ring von Ebereschen, schürte Adam das Holzkohlenfeuer und gab einen Laut von sich, der einen Hauch zu finster war, um ein Lachen zu sein.
* * *
Adrienne saß noch lange, nachdem er gegangen war, in der Dunkelheit auf der Bettkante, und als er sein heiseres Geheul zum Mond schickte, zuckte sie zusammen. Ein Geis ? Ein Fluch. Pah! Sie war diejenige, die verflucht war.
Für ihn war sie eine unter vielen. Und wenn Adrienne de Simone eines gelernt hatte, dann war es, daß sie sich nicht damit abfinden durfte, eine unter vielen zu sein, wenn es um einen Mann ging.
Schuldig wie all die Legionen von Frauen, die vorher gefallen waren, wollte sie diesen Mann, den man den Hawk nannte. Wollte ihn mit einem Verlangen, bar jeder Vernunft, das die Anziehungskraft, die der Schmied auf sie ausgeübt hatte, bei weitem übertraf. Es war etwas Furchteinflößendes in denAugen des Schmiedes. Wie in Eberhards. Doch der Hawk hatte wunderschöne, dunkle Augen, bestäubt mit goldenen Sprenkeln hinter dichten, tiefschwarzen Wimpern. Hawks Augen gaben einen Hinweis auf unsägliche Sinnesfreuden, Lachen und, wenn sie sich das nicht nur einbildete, auf einen durchlebten Schmerz, der behutsam in Schach gehalten wurde.
Genau , sagte sie sarkastisch zu sich selbst. Der Schmerz, nicht ausreichend Zeit zu haben, um mit allen schönen Frauen ins Bett zu gehen. Du weißt, was er ist. Ein Weiberheld. Tu dir das nicht noch mal an. Sei keine Närrin, Adrienne.
Doch sie konnte das Unbehagen nicht abschütteln, das sie jedesmal überkam, wenn sie sich dazu zwang, ihm grausame und gehässige Dinge an den Kopf zu werfen. DasGefühl, daß er eine solche Behandlung vielleicht nicht verdiente. Daß die Tatsache, daß der Hawk ein geheimnisvoller und schöner Mann wie Eberhard war, nicht bedeuten mußte, daß er auch die gleiche Art von Mann war. Ohne jeden logischen Grund hatte sie das ungute Gefühl, daß sie unfair zu ihm war.
Ach ja, aber es gibt eine logische Erklärung dafür, wie und warum du plötzlich von 1997 zurück nach 1513 gesprungen bist? Sie schnaubte verächtlich.
Adrienne hatte gelernt, Fakten zu prüfen und
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