Das Geheimnis der Highlands
wahrhaftig die Vorteile zeigen, die sie aus ebenjener Vergangenheit ziehen konnte, die sie so vehement ablehnte.
Er bot ihr seine Liebe an, frei und offen. Er, der niemals mehr gegeben hatte als körperliche Lust für eine kurze Zeit, für welches Mädchen auch immer, er bot dieser Frau sein Leben an.
Und dennoch wollte sie ihn nicht annehmen.
Und sie wußte nicht im geringsten, was es bedeutete, desKönigs Hure zu sein. Olivia hatte ihr davon erzählen wollen, dort unten, in den Gärten. Olivia, die so skrupellos Hawks Knechtschaft beim König ausgenutzt hatte, indem sie James ersuchte, dem Hawk zu befehlen, ihr die fleischlichen Genüsse zu bereiten, die er ihr zuvor verweigert hatte. Olivia, die James eine völlig neue Möglichkeit gegeben hatte, den Hawk zu erniedrigen. Die Erinnerung daran beschämte ihn und machte ihn wütend. Er verbannte diese Gedanken und die blinde Wut, die sie hervorriefen, durch eine entschlossene Anstrengung seines Willens.
Im Moment war es Adrienne, um die er sich kümmern mußte. Hawk schnaubte. Hatte sie sich auf den Weg gemacht, die Welt in den Armen des Schmieds zu entdecken?
Genau. Er war sich sicher, daß es so war.
In diesem Moment stieß Grimm die Tür auf und streckte den Kopf hinein, eine stumme Frage in den Augen.
»Hält sie sich Richtung Norden?« Hawks Gesicht war verbittert.
»Nein«, rätselte Grimm. »Das hatte ich auch erwartet, aber sie geht nach Osten.«
»Zum Torhaus? Allein?«
»Genau. Sie trägt nur ein kleines Bündel.«
»Er muß sie dort treffen«, überlegte Hawk. »Die Wache folgt?«
»Ja. In einiger Entfernung. Bis du deinen Befehl gibst.«
Hawk drehte ihm den Rücken zu und blickte in die erlöschende Glut. Sein Befehl. Sollte er sie gehen lassen? Konnte er? Und wenn sie sich mit Adam traf, wie wollte er sich zurückhalten, den Schmied nicht mit bloßen Händen zu töten? Nein. Besser, sie aufzuhalten, bevor er ihrem Verrat ins Auge blicken mußte.
»Was hast du über Adam in Erfahrung bringen können?« Hawk trat mit dem Fuß gegen den Kamin.
»Nichts, Hawk. Es ist, als ob er auf einem Feenwind eingeflogen kam und Wurzeln geschlagen hat. Es ist äußerst merkwürdig. Niemand weiß, woher er kam. Ich denke, Esmeralda kann uns am meisten über ihn erzählen, da sie sein Bett wärmt. Aber bis jetzt habe ich sie noch nicht aufspüren können.« Grimm rieb sich nachdenklich das Kinn. »Es scheint, daß Esmeraldas Leute ihr Lager von den Ebereschen im Norden auf die weit östlich gelegenen Weiden verlegt haben.«
Hawk wirbelte auf dem Absatz herum, und seine dunklen Augen sahen Grimm durchdringend an. »Die Roma verlegen nie ihr Lager. Sie bleiben im Sommer immer auf den nördlichen Weiden.«
»Nicht diesen Sommer.« Grimm zuckte mit den Schultern. »Äußerst merkwürdig. Es heißt sogar, daß das Samhain in diesem Herbst an einem neuen Platz gefeiert wird.«
»Seltsam.« Hawk überdachte diese neue Merkwürdigkeit. Aber er verbrachte nur einen Augenblick damit, an die Zigeunersippe zu denken, die auf Dalkeith lagerte – es gab Wichtigeres, womit er sich zu befassen hatte. Seine Frau war dabei, ihn zu verlassen. »Halte sie am Torhaus auf, Grimm. Ich werde in Kürze dort sein.«
Adrienne wußte, daß man ihr folgte.
* * *
Aus dem Schloß zu entkommen war genauso schwierig, wie aus einem Gefängnis zu fliehen. Sie hatte weniger Chancen, den Wachen zu entkommen, als sich erfolgreich ins 20. Jahrhundert zurück zu wünschen. Dieses Mal hatte sie noch nicht einmal einen Revolver.
Es war wie in der Nacht, in der Eberhard starb – einer Nacht, an die sie nie wieder zu denken sich geschworen hatte.
Sie hatte das alles nicht gewollt, doch es war geschehen. Sie hatte nicht einmal gewußt, was vor sich ging, bis zu der Nacht, in der sie schließlich herausfand, weshalb Eberhard sie immer in diese einsamen Ferien geschickt hatte. So niedlich und leichtgläubig . Hatte sie nicht gehört, wie er sie in jener Nacht so beschrieb, als sie unerwartet aus London zurückgekehrt war, in der Hoffnung, ihn zu überraschen?
Und überrascht hatte sie ihn wirklich.
Nachdem sie durch die Hintertür der Garage in sein luxuriöses Heim geschlüpft war, belauschte Adrienne eine Unterhaltung, die nicht für ihre Ohren bestimmt war.
Eine Unterhaltung, für deren Mithören er sie umgebracht hätte. Sie hatte noch nicht nach ihm gerufen, als sie die Hand an die Tür zu seiner Höhle legte. Gerards Stimme klang deutlich durch die Tür.
»Hat Rupert sie in London
Weitere Kostenlose Bücher