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Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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übertönte, dann sog das Meer beide gurgelnd hinfort.
     
    Als ob das Opfer die See besänftigt hätte, schlug das Wetter innerhalb kürzester Zeit um. Die Menschen begriffen es nur langsam. Als ihnen klarwurde, dass die Gefahr vorüber war, dass sie überlebt hatten, sanken viele erst einmal in einen erschöpften Schlaf. Auch Freya schlummerte selig. Wemke dagegen fand keine Ruhe. In eine Wolldecke gehüllt saß sie still und wie gelähmt neben Jeels. Nach dem tobenden Inferno herrschte jetzt eine fast unwirkliche Lautlosigkeit um sie herum. Die Stille war kaum besser auszuhalten als das Tosen der See in der Nacht. Wemkes Augen ruhten auf Konrad, der zu ihren Füßen gebettet lag.
    »Sein Zustand ist unverändert«, flüsterte Jeels.
    In dem Moment regte der Kranke sich. »Wemke«, flüsterte er heiser.
    »Ich bin hier, bei dir.« Sie schälte sich aus der Decke und glitt an seine Seite. Ihre Hand legte sich auf die seine. Wemkes Lächeln zerfloss zu Tränen, als sie in das vertraute Gesicht sah. Es schien völlig blutleer zu sein.
    Wangerooge hatte der Flut die Stirn geboten, obwohl die See mit Haifischzähnen über sie hergefallen war und die Insel schier in Stücke gerissen hatte. Hier im Turm entschied sich jetzt ein anderer Kampf. Das Leben schien aus Konrads Körper zu entweichen. Es grenzte an ein Wunder, dass dieser die Nacht überstanden hatte und noch bei Bewusstsein war.

    »Jeels!«, sagte Konrad jetzt.
    Dieser kniete an dem Krankenlager nieder. Konrad versuchte zu sprechen, und schließlich gelang es ihm. »Die Menschen hier auf der Insel brauchen einen Arzt. Sie sind der richtige Mann dafür.« Er streckte dem Jüngeren seine Linke entgegen.
    Jeels zögerte, doch dann wurde ihm klar, dass der Ältere eine Antwort brauchte. Er lebte jetzt schon nur noch mit geborgter Zeit.
    »Ich werde mein Bestes geben«, sagte Jeels mit gepresster Stimme.
    Dr. Hoffmann lächelte ihm schwach zu. »Das wird genug sein. Da ist noch was.« Er schluckte und schloss die Augen, um dann erneut Jeels’ Blick zu suchen. »Ich möchte Ihnen nicht nur meine Patienten anvertrauen.« Er richtete sich etwas auf und führte Jeels’ und Wemkes Hände zusammen. »Werdet glücklich miteinander und gebt gut auf meinen kleinen Augenstern acht.«
    Erschöpft ließ er sich zurücksinken. Seine Kräfte waren verbraucht. Wemke gab einen kleinen Schrei von sich und nahm ihn in ihre Arme. Unaufhörlich rannen Tränen über ihre Wangen. Sie presste Konrad fest an sich und wiegte ihn.
    Konrads Lider flackerten auf und seine glasig werdenden Augen lächelten sie an. »Nicht weinen«, sagte er mit klarer Stimme. »Es ist hell dort, meine Liebe. Ich spüre schon das Sonnenlicht!«
    Ein Seufzer kam über seine Lippen. Dann sackte sein Kopf kraftlos in Wemkes Schoß.
     
    Als die Flut zum Stehen kam und das Wasser allmählich wieder zurückging, wagten der Vogt und einige andere Männer sich aus dem Turm, um das Zerstörungswerk zu betrachten. Ein schreckliches Bild bot sich ihren Augen:

    Die Mauern der meisten Häuser standen nicht mehr. Alle Hausratssachen waren weggeschwemmt, ein großer Teil des Viehs ertrunken. In den Niederungen stand immer noch das Wasser.
    »Da tummeln sich jetzt Fische, wo früher die feinen Damen spazieren gegangen sind.« Onno wies auf den ehemaligen Garten der herrschaftlichen Anlagen. »Wenn das Wasser versickert, dann werden sich Aal und Hering aber wundern. Und wir haben was für den Kochtopf, und das ganz ohne Netz und Boot.«
    Den anderen gelang es in diesem Moment weniger gut, der Situation etwas Positives abzugewinnen. Krischan wies mit betroffener Miene zu einer Baumgruppe, die immer noch fußhoch von Meerwasser umspült war. »Sollt mich wundern, wenn dort noch jemals wieder was Grünes wächst.«
    Die Männer wankten stumm durch den Morast bis zum Strand. Die Niedergeschlagenheit auf den Gesichtern der Insulaner sprach Bände.
    »Wenn der Turm nicht gewesen wäre, dann hätten viele von uns in dem wilden Wasser ihr Grab gefunden«, sagte der Bäcker in die betroffene Stille hinein.
    »Es grenzt an ein Wunder, dass er nicht gestürzt ist«, erwiderte der Vogt mit grauem Gesicht. »Der Sand um ihn herum ist mehrere Fuß tief weggeschwemmt.«
    »Dem Herrn sei es gedankt.« Der Pastor faltete die Hände. »Auch dass er uns in der letzten Nacht den Mond leuchten ließ. Ohne sein Licht hätte die Flucht nicht gelingen können.«
    »Hoffentlich schickt er uns jetzt auch noch Hilfe von der Regierung. Ich weiß nicht,

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