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Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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sein. Sie haben ja auch noch das Gewehr bei sich«, warnte der Seehundjäger. »Die sollen lieber ganz gebückt laufen und den Kopf hoch und runter bewegen. Wir anderen huckseln. Wenn wir nahe genug dran sind, dann müssen wir noch eine Weile ganz ruhig liegen bleiben. Es soll so aussehen, als ob wir uns auch in der Sonne aalen. Die Schützen können die Gewehre in Anschlag bringen. Auf mein Zeichen huckseln die übrigen dann noch weiter nach vorne. Nun mag es sein, dass die Seehunde ins Wasser springen. Aber das macht nichts. Die jungen Tiere, die mit dem weichen Fell, sind immer besonders neugierig. Und, was für uns von Vorteil ist, auch dumm. Sie wissen ja noch nichts vom Jagen. Die schwimmen dann meistens auch ganz dicht an die Jäger ran. Nur ein Kopfschuss erledigt die Tiere.«
    Er schwieg und überlegte. Wemke sah förmlich, wie es in ihm arbeitete. Dann streckte er das Kinn vor und sah die Hofrätin mit einem unnachgiebigen Ausdruck im Gesicht an. »An die Gewehre lasse ich aber nur die Mannsleute. Kommt noch so weit, dass ein Schuss der Weiber danebengeht und uns die ganze Jagd verdirbt. Wenn Sie das nicht einsehen, komm ich nicht mit. Da will ich dann auch wohl auf das Geld verzichten.«
    Die Hofrätin schüttelte empört den Kopf. »Was denken Sie denn? Wir wollen ein Abenteuer erleben, aber das Töten überlassen wir gerne den Herren.« Sie wandte sich den Frauen zu. »Wir sind allesamt Huckslerinnen.«
    Vereinzelt wurde gelacht, doch Wemke dachte bei sich, dass die Frauen insgesamt eher eingeschüchtert wirkten.
    Erleichtert fuhr Dodo Lammerts fort. »Ist der Seehund durch einen abgegebenen Schuss noch nicht tot, dann muss
man ihn mit einem Schiffshaken zu sich heranziehen und vollends erledigen. Das klappt am besten durch einige Schläge auf die Nase. Das können sie nämlich nicht ab und sind schnell ganz hin. Die erlegten Seehunde verfrachten wir dann in die Boote. Vielleicht müssen wir mehrmals fahren. Hier an Land werde ich den Tieren sogleich die Haut abziehen. Vielleicht sind die Herren so gut und helfen dabei. Denn das gehört nun mal dazu. Die Haut muss aufgespannt in der Sonne trocknen. Die dicke Speckschicht wird erst später abgelöst, und die Weiber kochen Tran davon. Acht Liter gibt ein mittleres Tier. Wenn die Damen wollen, gebe ich gerne was vom Tier für eine Mahlzeit ab. Der Rücken des Seehunds, einige Tage in Essig eingelegt, ist gebraten gut zu essen, und auch die gekochte Leber eines Seehunds kann man ohne Schläge verdrücken. Aus den Fellen der Tiere lassen sich dann später schöne Bettvorleger machen. Sie können es auch gerben und daraus Rolltaschen für den Kautabak arbeiten lassen. So, und nun kann es ja wohl losgehen. Oder ist noch eine dabei, die nicht alles von dem verstanden hat, was ich so erzählt hab?« Er schaute wieder ausschließlich die Frauen an, als seien diese besonders begriffsstutzig.
    »Wir sind ja nicht dösig«, erwiderte eine der Damen aus der Menge und imitierte dabei Dodos Tonfall. Der Robbenjäger schien das nicht zu bemerken. »Alsdann kann es ja losgehen.«
    Während die anderen zu den Booten eilten, hielt sich Wemke etwas abseits und blieb zurück. Dodos Beschreibung der Seehundjagd hatten Wemkes Abneigung noch gesteigert. Sie wollte um nichts in der Welt an dieser Abschlachtung teilnehmen. Auch wenn sie sich dafür Ärger mit der Hofrätin einhandeln würde.
    Nach und nach stiegen die Gäste in die Boote. Dodo Lammerts teilte sie entsprechend ihrem Gewicht und ihren Erfahrungen mit der Jagd ein. Zwischendurch gab er immer wieder
Order, wie sie sich während der Fahrt zu verhalten hätten. Als der Geheimrat in das letzte Boot stieg, begann es gefährlich zu schaukeln, was einen Heiterkeitsausbruch der Mitfahrenden zur Folge hatte. Der Robbenjäger allerdings fand keinen Spaß an der Sache. Mit gerunzelter Stirn wanderten seine Augen von dem schwankenden Boot zu Wemke, die noch am Strand stand, und blieben schließlich an der geheimen Hofrätin hängen.
    »Die da kann nicht mehr mitfahren«, sagte er und zeigte auf Wemke. »Wird sonst zu schwer.«
    »Oh, das macht mir gar nichts aus. Ich werde hier warten und alles von Land aus beobachten«, rief Wemke ihm rasch zu.
    Die Frau Geheime hatte schon den Mund zu einer Entgegnung geöffnet, als sich der Hofrat einschaltete. »Da ich für das Hückseln, oder wie es heißt, zu stattlich bin, ist es wohl eher an mir hierzubleiben.« Er streckte demonstrativ seinen enormen Bauch vor und machte Anstalten,

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