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Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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verzaubert. Diese Frau hatte so viele Facetten. Sie wirkte immer wieder anders. Bei der Begegnung mit Wiltert war sie voller Angst gewesen, später dann hatten Schmerzen ihr Gesicht verzerrt und sie verletzlich wirken lassen. Auf dem Strandfest waren ihre Züge von Anspannung gezeichnet gewesen. Doch jetzt schien eine eigenartige Leichtigkeit auf ihnen zu liegen. Sie schien genau hierher ans Meer zu gehören. Die Luft um sie herum schien zu flimmern und zu glänzen.
    Jeels versuchte sie nicht anzustarren. Sie durfte nicht merken, wie sehr er sich zu ihr hingezogen fühlte. Doch er konnte den Blick nicht lösen von ihrem Haar, in dem nun wieder der Wind spielte, und von den Rundungen ihres Körpers, die die enge Kleidung preisgab. Wie nahe sie einander waren, und doch auch so fern.

    Wie konnte es nur sein, dass sein Körper und sein Herz sich nach etwas sehnten, von dem der Verstand wusste, dass es unerreichbar war? Diese Frau brachte Begehrlichkeiten in ihm zum Vorschein, von dessen Vorhandensein er bisher nichts geahnt hatte und die seiner Kontrolle zu entgleiten schienen. Das machte ihm Angst. Er war nach Wangerooge gekommen, um Antworten zu finden. Doch je länger er hier auf der Insel weilte, desto mehr Rätsel taten sich auf. Er erkannte sich selbst kaum wieder.
    Wemke spürte Jeels’ Augen auf sich. Die Spannung zwischen ihnen war so groß, dass sie den Eindruck gewann, sogar das Licht habe sich verändert. Sie glaubte Jeels’ Arme um sich zu spüren. Ihre Hände zitterten. Unbewusst tat sie einen Schritt auf ihn zu. Dann jedoch wurde ihr bewusst, was sie tat, und sie senkte erschrocken die Lider. Der Gedanke, sie könnte tatsächlich dem Sehnen ihres Herzens nachgeben, das Versprechen Konrad gegenüber brechen, erschreckte sie mehr als alles andere. Es stand gegen alles, woran sie glaubte. Die Leichtigkeit fiel von ihr ab, die ausgelassene Freude verschwand aus Wemkes Zügen. Ihr Gesicht nahm einen verschlossenen, fast schon ablehnenden Ausdruck an.
    Jeels biss sich auf die Lippen. Was hatte er denn erwartet? Dass sie sich einfach in seine Arme stürzen würde? Wemke war gebunden. Warum nur ging diese Tatsache nicht in seinen Kopf? Da gab es einen Mann an ihrer Seite, auch wenn er dies ständig zu vergessen schien. Und vielleicht hatte der Badearzt ja sogar ihr Herz gewonnen. Was wusste er denn schon von dieser Frau? Vielleicht war sein aufdringliches Starren ihr unangenehm gewesen. Nur weil sie ihm freundlich begegnete, hieß dies noch lange nicht, dass Wemke die gleichen Gefühle für ihn hegte wie er für sie.
    Mit angespanntem Kiefer starrte Jeels auf das Meer. Er sah plötzlich vollkommen verloren aus, und sein Anblick entlockte
Wemke ein schmerzliches Lächeln. Sie sollte nicht hier, nicht mit ihm zusammen sein. Das hätte ihr gleich klar sein müssen. Es war dumm und gefährlich. Wemke vergrub die Hände im Stoff des Anzugs. Sie konnte und durfte diesem Mann nicht mehr sein als eine Freundin. Sie hatte sich entschieden. Es gab kein Zurück. Sie hatte ein Versprechen gegeben und musste es halten. Das musste sie auch Jeels unmissverständlich klarmachen. Wenn es nur nicht so wehtäte …
    Wemkes spürte, wie sie innerlich bebte. Bei Konrad fühlte sie sich sicher und gut versorgt, aber Jeels brauchte sie nur ansehen und ihr Herz flog ihm entgegen. Wemke tat einen tiefen Atemzug und riss sich zusammen.
    »Es ist schön, diesen Tag mit einem Freund zu verbringen«, sagte sie leise, und eine leichte Röte überzog ihr Gesicht.
    Traurig lächelte Jeels sie an. »Ich hoffte, hier auf Wangerooge ein Zuhause zu finden. Jetzt habe ich zumindest schon einen Freund gewonnen.«
    »Sicherlich mehr als einen«, antwortete sie und dachte an Krischan.
    »Einen Freund habe ich mir ja selbst mitgebracht.« Jeels pfiff nach Benno, und sie setzten ihre Wanderung am Strand fort.
    Für eine Weile schien der intensive Moment, den sie geteilt hatten, zwischen ihnen zu stehen. Sie sprachen kein Wort.
    Jeels war tief in Gedanken versunken. Unbewusst nur nahm er den salzigen, frischen Geruch des Meeres wahr. Die See schien Klarheit in seine Gedanken zu bringen. Er wollte nicht, dass sie sich voneinander entfernten. Nicht durch seine Schuld. Er wollte um alles in der Welt, dass sie Freunde blieben. Diese Sprachlosigkeit musste ein Ende haben.
    Und so begann Jeels, ihr Dinge zu zeigen und zu erzählen. Über auf der Insel vorkommende Tierarten, die Sonne, das Meer, Ebbe und Flut. »Die Tiden haben den Menschen in alter Zeit

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