Das Geheimnis der italienischen Braut
begeistert, aber Scarlett sah aus, als hätte sie in eine Zitrone gebissen. Sie blickte Jackie finster an und warf Romano vernichtende Blicke zu. Aus irgendeinem Grund schien sie beleidigt zu sein.
Jackie fand die Anprobe ziemlich ermüdend. Zwar brauchte ihr Kleid nicht geändert zu werden, doch sie ertappte sich immer wieder dabei, dass sie Romano aufmerksam beobachtete, während er letzte Hand an Lizzies Brautkleid legte.
In den letzten siebzehn Jahren war sie ihm absichtlich aus dem Weg gegangen. Es war geradezu lächerlich, was sie alles getan hatte, um ihm nicht zu begegnen. Nicht selten hatte sie sich von Kolleginnen auf internationalen Modenschauen vertreten lassen, weil sie nicht mit diesem charmanten Frauenhelden zusammentreffen wollte.
Wie hätte sie auf internationalen Partys der Branche zwanglos mit ihm plaudern und so tun können, als wäre nichts geschehen? Das wäre sicher zu viel verlangt gewesen. Natürlich hatte es sich nicht völlig vermeiden lassen, dass sie auf denselben Veranstaltungen erschienen, besonders während der Londoner Modewoche. Sie hatte sich jedoch jedes Mal vorher die Sitzordnung zeigen lassen und sich einen Platz weit entfernt von seinem ausgesucht.
Leider konnte sie ihm hier nicht ausweichen. Das Problem erledigte sich allerdings von selbst, denn nach der Anprobe würde es keinen Grund mehr geben, Romano wiederzusehen.
Als ihre Mutter hereinrauschte, lächelte sie Romano freundlich an und küsste ihn auf die Wange. Jackie konnte nicht verstehen, was er sagte, doch ihre Mutter zwinkerte ihm zu und nannte ihn einen Schwerenöter.
Das waren ganz andere Töne als damals. Jackie und Romano hatten sich nur von Weitem anzulächeln brauchen, da hatte ihre Mutter ihr schon gedroht: „Mit diesem Jungen würdest du nur Ärger bekommen. Er ist genauso wie sein Vater, halte dich von ihm fern. Wenn ich dich dabei erwische, dass du mit ihm redest, bekommst du einen Monat Hausarrest.“
Da war es allerdings schon zu spät gewesen.
In dem Sommer hatte sie im Restaurant „Sorella“ helfen müssen, um auf andere Gedanken zu kommen, wie ihre Mutter meinte. Doch da diese selbst nicht mit Hand anlegte, sondern die Leitung des Betriebs ihrem Geschäftsführer überließ, wusste sie natürlich nicht, dass Jackie und Romano sich schon vor vielen Wochen begegnet waren, als er mit seinem Vater bei ihnen diniert hatte.
Zunächst hatte sie ihn nicht beachtet. Da sich viele Mädchen für ihn interessierten, hatte sie sich nicht in die Schar seiner Verehrerinnen einreihen wollen, egal, wie gut er aussah. Er hatte sich jedoch nicht abwimmeln lassen, sondern immer wieder versucht, sich ihr zu nähern. Nachdem er länger als vierzehn Tage kein anderes Mädchen auf seiner Vespa mitgenommen hatte, willigte sie zögernd ein, sich mit ihm zu treffen.
Sie hätte auf ihre Mutter hören sollen, die sie gewarnt hatte, er sei genauso wie sein Vater. Jackie hatte gewusst, dass ihre Mutter und Romanos Vater Rafaele Puccini sich kannten. Doch erst als sie in London arbeitete, hatte sie erfahren, dass die beiden eine ziemlich stürmische Affäre gehabt hatten.
Zu beobachten, wie ihre Mutter jetzt mit Romano lachte und scherzte, war mehr, als sie ertragen konnte. Sie verließ den Raum und zog sich im Ankleideraum um, ohne noch einmal einen Blick in den Spiegel zu werfen. Momentan wollte sie sich in dem von Romano entworfenen Kleid nicht mehr sehen. In wenigen Minuten wäre er wieder verschwunden, und sie würde ihm wiederum siebzehn Jahre nicht begegnen, wenn sie es nicht wollte.
Als sie sich in ihrem Hosenanzug wieder zu den anderen gesellte und sich das lange Haar aus dem Gesicht strich, hörte sie ihre Mutter sagen: „Natürlich musst du mitkommen, Romano, darauf bestehe ich.“
Jackie zog die Augenbrauen hoch und blickte ihre Schwestern und ihre Cousine fragend an. Isabella zuckte nur die Schultern und verschwand. Scarlett folgte ihr. Auch ihre Mutter und Romano verließen munter plaudernd den Raum.
„Hilfst du mir beim Umziehen?“, fragte Lizzie.
„Klar“, erwiderte Jackie. „Was ist eigentlich los?“, fügte sie hinzu.
„Unsere Mutter hat beschlossen, dass wir heute alle zusammen in ihrem Restaurant speisen“, antwortete Lizzie.
„Und dazu hat sie Romano eingeladen?“
„Ja. Er hält sich seit Jahren immer öfter in seinem Palazzo auf und kommt dann nach Monta Correnti, um im ‚Sorella‘ oder im Restaurant unseres Onkels Luca zu essen. Ist es ein Problem für dich, dass sie ihn
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