Das Geheimnis der italienischen Braut
ständig wechselnden Freundinnen, mit denen er in allen möglichen Hochglanzmagazinen und Boulevardzeitungen abgebildet wurde, bestätigten ihre schlimmsten Befürchtungen. Vielleicht hätte er seinen Entschluss, seine Tochter abzulehnen, bereut, wenn er zur Ruhe gekommen wäre und ein normales Leben geführt hätte. Vielleicht hätte sogar ein zweites Kind sein Herz erweichen können, sodass er begriffen hätte, was ihm entging.
Sie stieß einen tiefen Seufzer aus, streifte die Schuhe ab und betrachtete ihre Zehen.
Es war Romanos Schuld, dass auch sie ihre Tochter nicht hatte heranwachsen sehen. Da er die Verantwortung für sein Kind nicht hatte übernehmen wollen, hatte sie keine andere Wahl gehabt, als zu tun, was ihre Mutter verlangte. Wie dumm und naiv war sie gewesen, dass sie seinen Versprechungen geglaubt hatte. Er hatte Pläne geschmiedet, sie heimlich heiraten wollen und gesagt, er würde immer auf sie warten. Und am Ende hatte er keinen Monat verstreichen lassen, um sich mit Francesca Gambardi zu trösten. Ein einziger dummer Streit hatte ihm genügt, um sich endgültig von ihr zu trennen.
Sie hatte ihn jedoch sehr geliebt und erst jede Illusion aufgegeben, nachdem sie ihre neugeborene Tochter zur Adoption freigegeben hatte. Bis dahin hatte sie gehofft, es sei alles nur ein böser Traum, Romano würde seine Meinung ändern, zu ihr zurückkommen, sich entschuldigen und ihr versichern, er wolle nur mit ihr zusammen sein und eine Familie gründen, egal, was sein Vater und ihre Mutter davon hielten.
Alle diese dummen Gedanken hatte sie jedoch konsequent und mit eisernem Willen verdrängt.
„Jackie?“, ertönte plötzlich Scarletts Stimme.
„Ich bin hier oben!“
„Was machst du denn da?“ Scarlett kam näher und schaute in die Richtung, aus der sie ihre Schwester vernommen hatte. Sehen konnte sie sie noch nicht, ihre Augen hatten sich offenbar noch nicht an die Dunkelheit gewöhnt.
„Setz dich zu mir. Der Ausblick von hier oben ist so schön, dass man sich wie verzaubert fühlt“, erwiderte Jackie.
„Das weiß ich.“ Scarlett stand jetzt direkt unter ihr. „Du bist dumm.“
Das ist durchaus möglich, überlegte sie, wollte es jedoch nicht offen zugeben. „Wieso? Du willst doch wohl nicht behaupten, ich hätte zu viel Wein zum Essen getrunken, oder?“
Ihre Schwester schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf. Jackie nahm an, dass es eher eine unbewusste Geste war und nicht der Versuch, etwas mitzuteilen. Wie so oft hatte sie auch jetzt wieder das Gefühl, Scarlett könne ihr nicht in die Augen sehen, und das machte sie ganz aggressiv.
„Nein, bestimmt nicht“, entgegnete Scarlett kühl.
Ich kenne dieses Verhalten, schoss es Jackie plötzlich durch den Kopf. So hatte Scarlett immer ausgesehen, wenn sie etwas angestellt hatte und ihre Mutter die Treppe hinaufkommen hörte. Hatte sie etwas zu verbergen?
In dem Moment wandte ihre Schwester sich ab. „ Mamma bittet uns alle ins Wohnzimmer zu einem Schlummertrunk. Sie will uns erklären, warum Cristiano nicht zur Hochzeit kommen kann.“
Geschmeidig schwang Jackie sich von dem Ast und landete genau neben ihrer Schwester. Sie wollte ihre Mutter nicht warten lassen und sie nicht noch mehr verärgern, denn sie war sicher nicht erfreut darüber gewesen, dass alle ihre Gäste verschwunden waren, als sie nach dem Gespräch mit ihrem Geschäftsführer an den Tisch zurückgekommen war.
3. KAPITEL
Obwohl es schon spät war, streifte Romano am Rand des Swimmingpools im Garten des Palazzos seine Sachen ab und sprang in das türkisblaue Wasser. Im Gegensatz zu den ungelösten Problemen des Abends war das hier eine klare Sache. Während er mit kräftigen Zügen das Becken durchquerte, versuchte er, die Gedanken zu ordnen.
Doch auch nach mindestens fünfzig Runden konnte er das unbehagliche Gefühl nicht abschütteln, das ihn ergriffen hatte. Deshalb hievte er sich schließlich aus dem Wasser und ging mit seinen Sachen in der Hand nackt ins Haus zurück.
Im Schlafzimmer öffnete er die raumhohen Fenster und ließ die frische Nachtluft hereinströmen. Nachdem er sich ins Bett gelegt hatte, stellte sich jedoch die erhoffte Ruhe, die er sonst hier auf der Insel fand, nicht ein. Er wachte immer wieder auf und musste die zerwühlten Decken und Kissen zusammensuchen, dann lag er wieder da und blickte hinaus in den dunklen Himmel.
Bei Einbruch der Dämmerung gab er entnervt auf. Er stand auf, zog Shorts, ein T-Shirt und Laufschuhe an und folgte dem Pfad, der
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