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Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition)

Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christel Mouchard
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eingeladen.«
    Tam konzentrierte sich weiter auf ihre Zahlen, doch Nina hatte beobachtet, wie sich kurz ein verächtlicher Blick in ihre Züge geschlichen hatte. Oder war es Neid?
    »Ich höre also auf machen Essen«, schloss Hungh und legte das Messer auf den Tisch.
    »Aber nein, bitte, Hungh«, gurrte Nina mit gönnerhaftem Lächeln, »geben Sie Tam meine Portion, die Kleine muss Kräfte tanken.«
    Tam sah nicht auf, doch ihr gesenkter Kopf und die langen schwarzen Zöpfe strahlten förmlich Wut aus.
    Nina erhob sich, gleichzeitig zufrieden und unglücklich.
    »Ich werde mich umziehen. Schönen Abend!«

Ein unwirklicher Abend
    Der Wohnsitz der Familie Teng ähnelte einem Museum. Es gab lackierte Schränke mit goldenen Pfingstrosen als Intarsien, Stühle aus Mahagoni, Anrichten, Konsolen, Sichtschirme, Vitrinen voll mit kunstvollen Zierfiguren und vieles mehr. Die Wände waren mit Seide bespannt und mit Orchideen in so grellen Farben bemalt, dass Nina die Augen wehtaten.
    »Ich habe es Ihnen ja gesagt, meine Familie hat eine Leidenschaft für alte Kunstgegenstände«, erinnerte Wenji sie, als er sie in der geräumigen Eingangshalle empfing.
    Nina warf ihm einen Blick von der Seite zu und war froh, ihre Kleidung sorgfältig ausgesucht zu haben. Der junge Chinese war eleganter denn je. Im sanften Licht der gläsernen Lampenschirme glich sein Gesicht dem eines orientalischen Prinzen, und ausnahmsweise war es ihm sogar gelungen, die Haare so zu kämmen, dass ihm nicht die übliche Strähne ins Gesicht fiel. Er beobachtete Nina mit dem inzwischen gewohnten Gesichtsausdruck: gleichzeitig neugierig und wohlwollend. Seine Blicke spürend, gab Nina sich Mühe, die Schultern geradezuhalten, um den zart transparenten Einsatz ihres Oberteils aus feiner venezianischer Spitze zur Geltung zu bringen.
    Während sie den kurzen Pfad von der Villa Henriette zum Wohnsitz der Familie Teng entlanggegangen war, hatte sie sich immer wieder gesagt: ›Pass auf! Pass gut auf, was du sagst!‹, sodass es ihr vorkam, als würde ihr Kopf gleich explodieren. Und jetzt war der Augenblick gekommen. Der Augenblick, den Satz anzubringen, den sie so lange vorbereitet hatte.
    »Was für ein Traum von einer Einrichtung!«, sagte sie in gepflegter Aussprache. »Sie besitzen wahre Schätze, mein lieber Wenji.«
    Der junge Mann schien nur auf dieses Stichwort gewartet zu haben. Sie hatten die Eingangshalle noch nicht ganz verlassen, da begann er auch schon, einen Gegenstand nach dem anderen ausführlich zu kommentieren.
    »Das hier ist ein Sichtschirm aus lackiertem Holz, in den ein Drache mit fünf Krallen eingearbeitet ist. Diese niedrige Truhe ist mit Gold bemalt. Die dort drüben ist aus massivem Zedernholz gearbeitet und stammt aus Tibet …«
    »Und diese interessanten Seidenwände mit den aufgemalten Orchideen? Aus welcher Epoche stammen die?«
    Wenji brach in Gelächter aus.
    »Nicht älter als eine Woche, fürchte ich. Sie sind das Werk meiner Schwester und ihrer Malstunden, die sie in einer Schule in Saigon nimmt. Nun ja, wenn ich ›Werk‹ sage …« Er beugte sich zu Nina und flüsterte ihr verschwörerisch zu: »Machen Sie ihr bitte keine Komplimente dafür. Ich versuche sie zu überzeugen, dass sie uns mit diesen Abscheulichkeiten verschonen soll, doch sie hält sich für eine Künstlerin.«
    Nina verstand nun besser, warum ihre Augen so wehtaten. Sie fuhr sich mit der Hand an die Stirn. Merkwürdigerweise blendete es sie immer noch, als hätten sich die zu grellen Farben in ihren Schädel eingebrannt. Sie musste schneller gehen, um Wenji einzuholen, der sie schon in den nächsten Flur führen wollte.
    Einige Meter weiter blieb er vor einer Vitrine mit zierlichen Schalen stehen, die mit Landschaften verziert waren.
    »Das ist chinesisches Porzellan aus der Zeit von Quing aus dem 17. Jahrhundert.«
    Nina zeigte auf eine Ecke des Regals, wo ein Miniaturbaum stand, der in einen Stein aus einem zarten, schillernden Grün geschnitzt war. Die Einzelheiten der Äste und Wurzeln waren von erstaunlicher Feinheit. Am Ende eines goldenen Fadens schaukelte ein kleiner Affe.
    »Was für eine Heidenarbeit!«, rief Nina aus und vergaß schon wieder ihre guten Vorsätze.
    Wenji drehte den Kopf, um seinen Gast zu mustern.
    »Was für eine
mühsame
Arbeit!«, korrigierte sie sich schnell.
    Aber es war nicht das Vokabular der angeblichen jungen Dame, das Wenjis Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Er fragte mit veränderter, fast harter Stimme:
    »Haben

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