Das Geheimnis der Mangrovenbucht
lang schaute er etwas verlegen, dann sagte er schnell: »Ach, Sie meinen die Herrenhose für das Begräbnis? Die muß ich noch besorgen.«
»Ich habe den Eindruck, das hatten Sie völlig vergessen.«
»Meine Liebe, Sie glauben aber auch alles. Wie könnte ein Gentleman je seine Hose vergessen? Ich muß leider sagen, daß Sie keine sehr freundliche Art haben.«
»Mir auch egal. Auf jeden Fall glaube ich, daß Sie nicht deswegen hierhergekommen sind.«
»So, glauben Sie? Schade, daß Sie so mißtrauisch sind. Ah, hier sind unsere Drinks.«
Lloyd, der Wirt, brachte höchstpersönlich die Getränke auf einem Tablett. Er strahlte, als er Pauline wiedererkannte, und war offensichtlich sehr daran interessiert, sämtliche Details der gestrigen Abenteuer zu erfahren. Wieviel wohl schon durchgesickert war? Er begann hoffnungsvoll: »Ich nehme an, daß Sie von dieser scheußlichen Sache nichts gemerkt haben, Miss? Für eine junge Dame wäre das nicht sehr erfreulich.«
Anthony grinste mehrdeutig bei dieser verschleierten Anspielung auf den Mord und sagte: »Ach, wissen Sie, Leichen sind für uns in der Stadt etwas ganz Alltägliches, darüber regt man sich nicht mehr auf. Miss Marshall geht es ausgesprochen hervorragend.«
Den Wirt hatten diese Worte ziemlich schockiert. Trotzdem wollte er noch einige Fragen stellen. Doch Anthony ließ ihm dazu keine Gelegenheit und sagte liebenswürdig: »Sie scheinen heute nachmittag sehr viel zu tun zu haben. Gutes Geschäft und so weiter.«
»Na ja, Sie wissen schon, wie das ist nach einer derartigen Neuigkeit. Jeder will darüber reden, und dafür ist eine Bar natürlich der geeignete Ort, nicht wahr? Mr. Holder war ein sehr wichtiger Mann; und jeder ist ziemlich schockiert. Ziemlich schockiert.«
»Und die ganze Stadt verleiht dieser Angelegenheit die richtige Atmosphäre — in Ihrer Bar. Eine sehr gute Idee.«
»Ja. Ich bin ziemlich beschäftigt. Außerdem haben wir eben erfahren, daß wir für die Stadtpolizei zwei Zimmer herrichten müssen.«
»Na. Das ist ja schon die nächste Aufregung. Nur keine Langeweile.«
»Das stimmt. Die werden jeden Augenblick hier sein. Der Sergeant rief eben an und sagte, es könne sein, daß sie erst am späten Nachmittag kämen, vielleicht aber auch schon am frühen. Ein sehr gewichtiger Inspektor namens Wright und noch ein zweiter Bursche. Wahrscheinlich, um zu fotografieren und Fingerabdrücke zu machen, und so weiter.«
Lloyd war offensichtlich sehr aufgeregt. Seine Augen erglänzten bei dem Gedanken an jene wichtigen und geheimnisvollen Männer. Anthony sagte freundlich: »Na, dann wollen wir Sie nicht länger aufhalten«, und widmete sich seinem Drink. Nachdem der Wirt verschwunden war, äußerte er sich bedauernd: »Ein Versuch, jemandem schreckliche Informationen über die Entdeckung einer Leiche herauszulocken. Gut, daß sie noch nicht wissen, daß Sie ihn entdeckt haben. Was glauben Sie, wie man Sie bedrängen würde. Der Kerl hat Polypen. Er schnaufte richtig vor Erregung — und das direkt an meinem Hals.«
»Wright«, wiederholte Pauline nachdenklich. »Von dem hab’ ich schon einmal etwas gehört.«
»Wie klug Sie doch sind. Sein Name steht bei jedem wichtigen Fall in der Zeitung. Kein sehr außergewöhnlicher Mann, aber er scheint immer den Mörder zu finden.«
»Den Mörder zu finden. Wie scheußlich das klingt. Dabei schüttelt es mich direkt.«
»Das kommt daher, weil Sie so eine empfindsame Blume sind. Was soll daran scheußlich sein. Vielleicht etwas melodramatisch. Versuchen Sie doch, etwas weniger empfindlich zu sein.«
»Ich bin überhaupt nicht empfindlich«, gab die schwergeprüfte Pauline zur Antwort. »In Anbetracht der Dinge, die ich durchgemacht habe, bin ich noch sehr ruhig.«
»Vierundzwanzig Stunden voller Ereignisse. Fragwürdiges Benehmen während der Nachtwache — laut unserem Sergeanten —, dann Entdeckung einer Jugendfreundin und Gespielin, die gleichzeitig die Geliebte des Bruders ist. Soll ich fortfahren?«
»Nur, wenn Sie ein Selbstgespräch führen möchten«, rief Pauline aus und stand so hastig auf, daß sie zu ihrem Ärger auch noch einen Aschenbecher umwarf. »Ich habe genug von Ihrer blöden Konversation.«
»Noch kein Grund, um das Mobiliar zu zerstören. Außerdem trinken Sie bitte Ihr Glas aus. Ich hasse Verschwendung. Und jetzt kommen Sie, wir fahren zu Ihrer Freundin Verity und zu ihrem unheimlichen Haus zurück.«
»Und was wird aus Ihrer Hose?«
»Meine Liebe, immer wieder
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