Das Geheimnis der Maurin
selbst Familienangehörige zeigten einander an, doch trotzdem gelang es den Herrschern nicht, die muslimische Religion ganz auszurotten – was erklärt, dass im Laufe der Geschichte mehrfach Zwangstaufen und Ausweisungen von Muslimen stattfanden.
Die Strafen der überführten Ketzer gingen von Bußgeldern und Zwangsunterweisungen in der christlichen Lehre über Verbannung, Auspeitschung, Galeerendienst und Gefängnisstrafen bis hin zum Tragen des »Sanbenito«, des Schandgewands, und schließlich bis zur Höchststrafe: dem Tod auf dem Scheiterhaufen. Einen vorläufigen Höhepunkt der Verfolgung gab es, nachdem das Inquisitionstribunal von Jaén 1526 nach Granada verlegt wurde. Die Verfolgungen hielten bis 1550 an. Eine neue Welle begann 1560 und endete erst zwanzig Jahre später. 1560 wurden allein in Granada 153 Morisken verurteilt. Zu diesem Zeitpunkt machten die Morisken immer noch 54 Prozent der Bevölkerung von Granada aus – so viel wie sonst nirgends in Kastilien. Insgesamt geht man davon aus, dass allein unter Torquemada zehntausend Ketzer jüdischer und muslimischer Herkunft verbrannt worden sind, vierhunderttausend Menschen mussten das Land verlassen …
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Karten und Stammbaum
Spanien vor 1492
Spanien vor 1492
Stammbaum des Hauses Aragón-Kastilien
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Noch ein letztes Wort …
O ft bin ich gefragt worden, wieso ich, eine gebürtige Hessin, die in einem katholischen Umfeld groß geworden ist, ausgerechnet ein Buch über eine Maurin schreibe und diesen Roman auch noch in einer Epoche spielen lasse, in der die Christen nicht eben gut wegkommen. Der erste Anlass für diesen Roman und seinen Vorgänger
Die Maurin
war ein Besuch der Alhambra in Granada, bei dem mich die maurische Kultur und Lebensart so sehr fasziniert hat, dass ich darüber zu lesen und zu recherchieren begann – und Feuer fing. Ich fragte mich, wie die Mauren damals eine so hoch entwickelte Kultur pflegen konnten, während der Rest Europas noch im finstersten Mittelalter lebte. Nicht weniger berührte mich, dass unter der jahrhundertelangen Herrschaft der Mauren bis auf wenige Ausnahmen ein friedliches und von gegenseitiger Toleranz geprägtes Zusammenleben der drei großen Religionen stattfand. Als »Dhimmi«, als Schutzbefohlene, konnten Christen und Juden ihre Religion unter den Mauren gegen Zahlung einer Schutzsteuer frei ausüben, eine Tradition, die die neuen Herrscher des maurischen Gebietes, die Katholischen Könige, leider nicht fortführten.
Im Roman erzählt Esther Zahra und ihrer Tochter die Legende von dem Vater, der seinen drei Söhnen zum Zeichen seiner Liebe und Anerkennung drei Ringe vererbt, woraufhin diese darüber streiten, wer von ihnen vom Vater am meisten geliebt wurde, wer sein wahrer Erbe ist. Die »Ringparabel« mag vielen bekannt vorkommen. Ja, sie taucht in Boccaccios
Decamerone
auf (und 1779 desgleichen in Lessings
Nathan der Weise
), allerdings hat sie weder Boccaccio noch Lessing ersonnen, sondern sie ist wahrscheinlich schon um 1100 auf der Iberischen Halbinsel von einem sephardischen Juden erfunden worden und dann über die Jahrhunderte ins ferne Italien gelangt – und da die Geschichte eigentlich aus Spanien kommt, fand ich es naheliegend, dass sie damals zumindest in jüdischen Kreisen bekannt war. Zugleich drückt die Ringparabel das aus, was auch mir am Herzen liegt. Deswegen möchte ich zum Schluss noch einmal wiederholen, was Chalida zu Esther meinte:
»Was die Geschichte sagen will, ist also, dass der Allmächtige den Völkern mit ihren Religionen auch drei Ringe gegeben hat? Und dass jedes Volk die Gesetze seiner Religion für wahr halten und glauben soll und darf, dass es seine Gebote unmittelbar von Gott erhalten hat, nicht wahr?«
»So sehe ich das jetzt auch, ja.« Die Jüdin nickte und wandte sich Zahra zu. »Und wenn Ihr mir auch das noch zu sagen erlaubt: In meinen Augen werden wir erst dann wahrhaftige Gläubige sein, wenn wir dies verinnerlicht haben, denn keine der drei Religionsgemeinschaften erlaubt das Töten, keine sucht den Kampf.«
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Danksagung
M it Danksagungen ist das immer so eine Sache: Die einen, von denen man gern hätte, dass sie sie lesen, werden womöglich gar nicht in das Buch schauen, und andere, die hier mit zitterndem Herzen reinlesen, werden vielleicht feststellen, dass sie nicht erwähnt werden. Leider kann ich nicht allen danken, weil das Buch sonst noch länger wird und meine wunderbare Lektorin Regine Weisbrod ohnehin schon mit
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