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Das Geheimnis der Maurin

Das Geheimnis der Maurin

Titel: Das Geheimnis der Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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wartete sie, bis Chalida eine gute Stunde später erwachte. Als das Mädchen sie bemerkte, kuschelte es sich an sie. Tamu kraulte ihm den Kopf und legte ihm die Hand über die Augen.
    »Was hast du vorhin geträumt, mein Vögelchen? Verrätst du der alten Tamu deinen Traum?«
    »Mutter«, sagte das Kind. »Mutter.«
    »Hast du sie gesehen?«
    Das Mädchen nickte.
    »Wo war sie?«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Chalida, »aber es war dunkel, ganz, ganz dunkel!«
    »Und wer war bei ihr?«
    »Niemand, Tamu, und sie hatte Angst, viel Angst!«
    Sanft strich Tamu ihr über den Kopf. »Mach dir keine Sorgen. Wir werden sie wiederfinden, ganz bestimmt werden wir das!« In ihre Augen trat Erleichterung. Denn immerhin konnte sie nun hoffen, dass Zahra lebte. Noch.
     
    Als sie die Schritte hörte, schreckte Zahra hoch und war sofort hellwach. Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, seit Ibrahim hier gewesen war, nahm aber an, dass sicher ein halber Tag verstrichen war. Sie drückte sich von dem Tisch hoch, an dem sie eingeschlafen war, eilte zur Tür, stellte sich direkt daneben, und kaum hatte Ibrahim die Tür geöffnet, versuchte sie, sich an ihm vorbeizudrücken und aus dem Raum zu fliehen. Blitzschnell packte er sie am Arm und schleuderte sie zurück in den Raum. Zahra knallte gegen den Tisch und fiel hin.
    »Dergleichen solltet Ihr unterlassen. Das macht mich nur wütend, und später muss Eure süße kleine Tochter dafür büßen!«
    Zahra rieb sich die schmerzende Hüfte. »Warum kürzen wir das Ganze nicht ab und Ihr tötet mich gleich? Dann hätten wir es hinter uns gebracht!«
    »Ihr glaubt doch nicht, dass ich so lange auf meine Rache gewartet habe, um mich dann mit einer bloßen Bluttat zufriedenzugeben?« Ibrahim schüttelte den Kopf. Er ging noch einmal zur Tür, wo ihm jemand eine Schüssel Reis und Gemüse reichte. Er stellte sie vor Zahra auf den Tisch. »Hier, esst. Ich möchte keinesfalls, dass Ihr abmagert, sonst habe ich ja nichts mehr anzufassen!«
    Zahra drehte den Kopf zur Wand.
    »Und dass Ihr Euch ja nicht den Tod wünscht. In wenigen Tagen wird Euer Christ hier eintreffen. Und es wäre doch schade, wenn ich Euch nicht vorführen könnte, wie ich ihn quäle und in Stücke zerlege.«
    Zahra ballte die Hände und zischte ihn an: »Was seid Ihr nur für ein kranker Geist!«
    »Ha! So gefallt Ihr mir schon sehr viel besser! Ihr erinnert Euch gewiss noch daran, wie sehr es mich erregt, wenn Ihr wütend werdet? Dabei wollte ich mich eigentlich erst mit Euch vergnügen, wenn ich auch Euren Christ hier habe!«
    Auf Zahras entsetzten Blick hin fing Ibrahim zu lachen an. Dann schloss er die Tür hinter sich. Noch lange meinte Zahra sein Lachen zu hören. Sie rang sich durch zu essen. Denn nur, wenn sie bei Kräften blieb, hätte sie eine Chance, je wieder hier herauszukommen.
     
    Die Stille und das Warten waren für Zahra kaum besser zu ertragen, als wenn Ibrahim vor ihr stand und sie mit Hohn und Drohungen übergoss. Zwei oder vielleicht sogar drei Tage war sie nun schon in seiner Gewalt. Sie ging davon aus, dass er ihr drei Mahlzeiten am Tag brachte – und bisher hatte sie acht bekommen. Sie wunderte sich, dass keinerlei Geräusche zu ihrem Zimmer drangen. Noch nicht einmal der Ruf des Muezzins war hier zu vernehmen, weswegen sie bezweifelte, dass sie noch in Granada war. Möglicherweise hatte er sie in ein kleines Dorf in der Vega oder auf eine abgelegene Hacienda verschleppt.
    Wie aus dem Nichts hörte Zahra mit einem Mal Türschlagen im Haus, dann ein Fluchen, das Fluchen von wenigstens zwei Männern – und ein Poltern. Unsicher stand sie auf und stellte sich hinter den Stuhl, umkrallte die Lehne und starrte auf die Tür. Wie oft hatte sie sich in diesen Stunden schon vorgestellt, Ibrahim diesen Stuhl mit den Stuhlbeinen voran in den Leib zu rammen – doch die Angst, dass er schneller und stärker als sie sein könnte, hatte sie bislang davon abgehalten.
    Das Poltern kam näher, dann war das ihr nun schon bekannte Quietschen einer Tür zu hören und schließlich Schlüsselrasseln. Diesmal flog die Tür auf und krachte gegen die Wand. Der Bursche, den sie schon kannte, kam herein, ihm folgte ein weiterer, der sie mit frechem Hohn angrinste: Shihab, der Mann, in den Maria sich verliebt hatte! Die Erkenntnis, dass ihr Verdacht richtig gewesen war und sie doch nichts unternommen hatte, traf Zahra wie eine Ohrfeige. Erst als sie diesen Schreck verdaut hatte, ging ihr Blick zu dem in eine Decke

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