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Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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mache das auch zum ersten Mal. Ich habe vorhin gelogen.«
    Er sah ihr dabei in die Augen, und Anna konnte ein Lächeln nicht unterdrücken.
    Dann öffnete er die Tür und trat in das Vorgemach. Die Dienerin war verschwunden, nur Chassim saß da und stützte müde den Kopf in seine Hände. Der Graf lief unruhig auf und ab und blieb mit ängstlich erwartungsvollem Blick stehen, als der Medicus und Anna aus der Tür zum Schlafgemach kamen.
    Aaron sagte: »Dankt Gott, Graf von Landskron. Ihr habt einen gesunden Sohn.«
    Der Graf stürzte auf Aaron zu, Chassim löste sich aus seiner Erstarrung und kam ebenfalls heran.
    Georg von Landskron packte Aaron an den Schultern: »Und meine Frau? Was ist mit meiner Frau?«
    »Auch sie hat überlebt. Aber sie hat viel Blut verloren. Betet, dass sie kein Fieber bekommt. Dann ist alle ärztliche Kunst vergebens. Ihr könnt jetzt hineingehen. Eure Gattin ist noch betäubt. Lasst sie schlafen.«
    Der Graf umarmte ihn wortlos, dann stürmte er in das Schlafgemach.
    Chassim drückte Aaron die Hand: »Danke, Medicus.«
    Dann streckte er auch Anna die Hand hin. Erst jetzt wurde Anna bewusst, dass sie ihren schützenden Kapuzenumhang nicht mehr anhatte, sondern mit ihrer merkwürdigen Haartracht, den kurzen, nachwachsenden Stoppeln, die wie Igelstacheln von ihrer Schädeldecke abstehen mussten, vor dem Mann stand, dem sie in ihren Träumen begegnet war. Sie wurde furchtbar verlegen, und wieder schoss ihr das Blut ins Gesicht. Doch dann besann sie sich. Bei Nacht war es in den Räumen der Burg ziemlich düster, vielleicht konnte er ihre Haare gar nicht so genau erkennen, jedenfalls hoffte sie das, als sie seine Hand schüttelte.
    »Danke«, sagte er aufrichtig. »Auch im Namen meiner Schwester.« Aber er entließ sie immer noch nicht aus seinem kräftigen Händedruck. »Sagt mir bitte Euren Namen.«
    »Anna ist mein Name, Anna aus Ahrweiler«, antwortete sie. Wobei sie sich wunderte, dass sie nicht ins Stottern kam.
    »Danke, Anna, dass Ihr so schnell gekommen seid.« Jetzt endlich ließ er ihre Hand los und folgte seinem Schwager in das Schlafgemach.
    Aaron schloss die Tür hinter ihm und setzte sich in einen Sessel. Anna tat es ihm gleich. Auch sie merkte erst jetzt, dass sie am Ende ihrer Kräfte war.
    »Du kannst nach Hause gehen. Ich muss hierbleiben. Wenigstens die nächsten Stunden. Falls irgendeine Komplikation eintritt«, sagte Aaron müde und unterdrückte ein Gähnen.
    »Ich glaube nicht, dass ich in dem Labyrinth unter der Erde allein zurückfinde«, erwiderte sie.
    »Graf Chassim kennt den Weg. Er wird dich führen.«
    »Aber …«
    Der Medicus unterbrach sie mit erhobenem Zeigefinger, der strengsten Geste, die ihm zur Verfügung stand und die er nur einsetzte, wenn er keinen Widerspruch duldete: »Kein Aber! Du musst dich ausruhen! Es reicht schon, wenn ich hier die restliche Nacht verbringe.«
    Er überprüfte das Bett, das in der Ecke stand. Es hatte einen Baldachin und schwere Vorhänge an den Seiten.
    »Gar nicht so unbequem«, sagte er vergnügt und ließ sich mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung darauf nieder. »Im Übrigen: Graf Chassim muss ohnehin zurück, um sein Pferd zu holen. Es ist besser, wenn niemand erfährt, dass ein jüdischer Medicus beim Grafen ein- und ausgeht. Wir sind uns also einig. Und nimm deinen Ranzen mit.«
    Anna stand auf und war unschlüssig – sollte sie ins gräfliche Schlafgemach gehen oder besser warten, bis jemand herauskam?
    Die Antwort ergab sich von selbst, denn in diesem Augenblick kam Chassim heraus, mit einem strahlenden Gesicht.
    »Mein neugeborener Neffe wird Friedrich heißen«, sagte er, »wie unser Kaiser. Kommt, ich begleite Euch zurück.«
    Anna wies auf Aaron, der schon eingeschlafen war: »Der Medicus will hierbleiben, falls er doch noch gebraucht wird. Ich will nur rasch meinen Ranzen und meinen Umhang holen.«
    Sie schlüpfte ins Schlafgemach und packte so unauffällig wie möglich ihren Ranzen zusammen. Dabei warf sie einen scheuen Blick auf die Amme, die das in Decken eingewickelte Kind in den Schlaf wiegte, und auf den Grafen, der am Bett seiner Frau saß, ihre Hand hielt und über ihr Haar streichelte. Er bedachte Anna knapp mit einem dankbaren Lächeln, das sie ebenso knapp mit einer Verbeugung erwiderte. Dann packte sie Ranzen und Umhang und machte die Tür sachte hinter sich zu.
    Chassim ging, mit einer Fackel leuchtend, voraus. Anna folgte, sie hatte ihren Umhang wieder an und die Kapuze über den Kopf

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