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Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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um Burg Landskron zu belagern und auszuhungern oder gar zu erobern. Wäre es klug vom Grafen, es darauf ankommen zu lassen, wenn er von vornherein weiß, wie die Geschichte ausgehen wird?«
    »Aber der König? Und was ist mit dem Kaiser?«
    »Ach, Anna, der König ist doch nur eine Marionette in diesem Spiel. Er ist abhängig vom guten Willen der Fürsten, die auf seiner Seite stehen. Und mehr Soldaten als die, die du beim Einzug in Oppenheim gesehen hast, hat er nicht zu bieten. Schönwettersoldaten, ich bitte dich! Mit Fahnenschwingern und Fanfarenbläsern kannst du keinen Krieg führen. Oder glaubst du im Ernst, Kaiser Friedrich eilt aus Sizilien mit einer gewaltigen Streitmacht herbei, nur weil sein Sohn im hohen Norden ihn um Hilfe bittet?«
    Anna schüttelte hilflos den Kopf. »Nein, wohl nicht.«
    »Siehst du. Graf Georg von Landskron setzt nicht alles aufs Spiel, nur um ein paar hundert Juden zu helfen. Und ich kann ihn da sogar verstehen. Er hat schlechte Karten, weil er sich auf die Seite der Staufer gestellt und dem Kaiser den Lehnseid geschworen hat. Einem Kaiser, der vom Papst exkommuniziert worden ist, was bedeutet, dass keiner der lehnspflichtigen Fürsten noch an seinen Eid gebunden ist. Sie können jederzeit die Seite wechseln. Graf Landskron wird das nicht tun, aber etliche andere schon.«
    Anna stand deprimiert auf. »Dann wird die jüdische Gemeinde in Oppenheim also früher oder später aufgegeben werden.«
    »Ja. Der Rabbi hat keine Hoffnung mehr auf eine Änderung der Lage. Er wird sicher seiner Gemeinde den Ratschlag geben, auszuwandern. Die meisten werden wohl nach Osten ziehen, über die Grenzen des Reiches hinaus.« Aaron seufzte schwer. »Seit Jahren gibt es Gerüchte von Überfällen und Ausschreitungen. Schon seit ich denken kann. Ich mache mir schwere Vorwürfe. Ich hätte besser darauf vorbereitet sein sollen, dass aus den Gerüchten Wirklichkeit werden wird. Aber der Mensch ist schwach und bequem. Immer denkt er, es wird schon gehen. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Und nun ist sie tot. Jetzt muss ich zum zweiten Mal meine Heimat verlassen. Doch das ganze Jammern und Lamentieren hilft nichts. Wenn, falls, hätte, vielleicht – alles Nebbich .«
    Er sprang auf. »Vor unserer Abreise muss ich dir noch rasch all das zeigen, was ich dir ursprünglich nach und nach in den nächsten Jahren beibringen wollte. Das ist zwar ein aberwitziges Unterfangen, aber es wäre doch eine Schande, wenn du meine Destillationsapparatur nicht nutzen kannst, nur weil du nicht weißt, wie man sie bedient. Und dann habe ich noch eine große Sammlung von seltenen und teuren Arzneien. Sie sind noch nie zum Einsatz gekommen, können aber außerordentlich wirksam und hilfreich sein. Womit sollen wir bloß anfangen?«
    * * *
    Aaron und Anna verbrachten die ganze Nacht im Laboratorium. Anna musste aufpassen, dass sie in der Kürze der Zeit mit all den Gerätschaften, Instrumenten, Arzneien und Büchern vertraut wurde, die sie in den drei Monaten, die sie jetzt bei Aaron war, noch nicht kennengelernt hatte. Sie konnte nur froh sein, dass sie eine schnelle Auffassungsgabe und ein gutes Gedächtnis hatte, so dass sie sich das meiste einprägen und merken konnte. Trotzdem machte sie so viele Notizen wie möglich, vor allem über Mischverhältnisse und Mengen der verschiedenen Kräuter, Wurzeln, Blüten und anderen Ingredienzien und wann und wie sie die heimischen Gewächse anpflanzen und ernten musste oder welche man nur bei besonderen Händlern in fernen Städten erwerben konnte, die sie aus Ländern bezogen, von denen Anna noch nicht einmal gehört hatte. Auch die Namen und Wohnorte dieser Händler gab ihr Aaron.
    Die meisten Rezepturen hatte der Medicus in langwierigen Versuchen selbst entwickelt und teilweise auch aufgeschrieben. Aber dieses Buch war eines der wenigen Dinge, die er mitnehmen wollte auf seine lange Reise nach Kastilien.
    Schließlich brummte Anna der Kopf vor lauter Namen, Zahlen, Mengen, Gewichten und Preisen.
    Sie gingen erst schlafen, als die Morgendämmerung anbrach.
    Nach einer nur kurzen Nachtruhe half Anna am nächsten Tag, den Wagen in der Scheune weiter zu beladen, bis alles abreisefertig war. Rebecca stellte ihr eine junge Magd vor, die sie seit langem kannte und mit der sie Freundschaft geschlossen hatte. Sie hieß Berbelin und würde innerhalb von zwei Tagen ihre Stelle bei Anna antreten können, weil ihr alter Dienstherr verstorben war. Berbelin war nicht nur sehr schüchtern und

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