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Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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vier oder fünf Jahren regungslos auf dem Boden lag.
    Als der Mann sie erblickte, kam er auf sie zu und rang die Hände. »Medica«, sagte er, »Euch schickt Gott! Ihr seid die Einzige, die jetzt noch helfen kann! Meine Tochter ist beim Spielen in den Brunnen gefallen, ich habe sie gerade herausgeholt. Aber sie atmet nicht mehr!«
    Anna zögerte keinen Augenblick, kniete sich vor den leblosen Körper des Mädchens und horchte an seiner Brust. Alle Umstehenden starrten auf Anna. Seit die mirakulöse Rettung der Gräfin im Kindbett in aller Munde war, erwarteten die Leute, dass Anna als Nachfolgerin des Medicus ähnliche Wunderdinge vollbringen konnte.
    »Wie lange war sie im Wasser?«, fragte Anna.
    »Ich weiß nicht – nicht sehr lange«, lautete die Antwort des sichtlich verwirrten Vaters.
    Anna hob den Körper des Kindes am Rücken in Höhe der Hüfte an und wollte es auf die Seite legen, da erbrach das Mädchen im selben Moment einen Schwall Wasser, hustete und fing an zu weinen. Die gaffenden Zuschauer wichen ehrfurchtsvoll zurück, als hätten sie einem Wunder beigewohnt. Dabei hatte Anna gar nichts weiter getan. Aus irgendeinem Grund, und das war ein Wunder, wenn auch ein göttliches, war das Mädchen durch die Bewegung wieder zurück ins Leben gerufen worden.
    Während das Mädchen in den Armen seiner unendlich erleichterten Mutter lag, versorgte Anna die Kratzer und lehnte jegliche Belohnung, die ihr der völlig aufgelöste Vater anbot, ab. Sie ahnte, dass es den Leuten so erscheinen musste, als sei sie eine Wunderheilerin, die einem toten Kind nur die Hand aufzulegen brauchte, um es wieder zum Leben zu erwecken. Die Begebenheit würde sich in Windeseile in der Stadt herumsprechen, und sie konnte nichts dagegen tun.
    Schleunigst machte sie sich auf und setzte ihren Weg zur Burg fort. Die Gräfin erwartete sie bereits.

II
    G ero von Hochstaden saß ungeduldig im Beichtstuhl der Burgkapelle von Landskron und wartete auf den Kaplan. Einmal pro Woche waren sie dort immer zum gleichen Zeitpunkt verabredet, damit der Kaplan Gero auf dem Laufenden halten konnte, was die Geheimnisse des Grafenhofs anging. Zu Geros Leidwesen war er selbst lange Zeit nicht mehr auf der Burg gewesen, weil er den Grafen auf einer längeren Reise zu lehnspflichtigen Baronen und Rittern und befreundeten Fürsten hatte begleiten müssen. Sobald er jedoch erfuhr, dass die Rundreise dem Zweck diente, die Gäste für ein Turnier nach Burg Landskron einzuladen, sah er dies als günstige Gelegenheit, einige Anhänger der Stauferpartei mit einem Namen und einem Gesicht verbinden zu können und seinem Onkel davon zu berichten.
    Einmal, als Gero schon unleidlich wurde ob der stagnierenden Situation und seinem Onkel über seine Kameraden, Lutz und Oswald, ausrichten ließ, wieder heimkehren zu wollen, erhielt er strikte Order, bei der Stange zu bleiben. Nicht nur das – der Erzbischof betonte in seinem Brief, dass Geros Informationen von höchster Wichtigkeit waren, und stellte ihm, sollte er weiterhin so wertvolle Dienste leisten, die Einkünfte der Landgrafschaft Overstolz als Belohnung in Aussicht. Landgraf Dietrich von Overstolz war bei Konrad von Hochstaden hoffnungslos verschuldet, und so waren seine Ländereien verpfändet worden. Diese Aussicht entfachte Geros lahmenden Ehrgeiz von neuem, nicht nur, weil er sich durch die Wertschätzung seines Onkels geschmeichelt fühlte, sondern auch, weil er durch die Einkünfte vom Wohlwollen seines Vaters unabhängig werden würde, was ihm mehr als recht war.
    In diesem Augenblick ging die Tür des Beichtstuhls knarzend auf, und der Burgkaplan setzte sich hinter das vergitterte Sprechfenster und schloss die Tür. Mit ihm wehte wie immer eine Wolke aus Weihrauch und Myrrhe herein, so als ob er sich damit von Kopf bis Fuß einreiben würde.
    »Ihr wünscht zu beichten, mein Sohn?«, fragte er in priesterlich salbungsvollem Ton.
    Gero antwortete: »Vater, ich habe gesündigt.«
    Der Kaplan antwortete laut und überdeutlich: »Der Herr sei in deinem Herzen und auf deinen Lippen, damit du dich in seinem Lichte erkennst.«
    Gero bekreuzigte sich und murmelte: »In nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti. Amen.«
    »Sprich, mein Sohn«, sagte der Kaplan.
    Da der Kaplan sich an das vorgeschriebene Zeremoniell der Beichte hielt, war Gero klar, dass sie offenbar nicht allein in der Kirche waren. Also senkte er seine Stimme zu einem Flüstern.
    »Ich war im Badehaus und habe mit einer Hübschlerin Unzucht

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