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Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Medica: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Geiges
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in enigmate, tunc autem facie ad faciem.«
    Aber Gero hatte jetzt kein Ohr für biblische Weisheiten, auch wenn sie noch so zutreffend sein mochten.
    Er murmelte: »Ich werde sie töten. Sie oder ihn, egal. Dieses Mal wird sie sich nicht wieder einfach aus dem Staub machen. Ich werde es selbst tun, um ganz sicherzugehen.«
    Der Kaplan schüttelte ihn und sprach eindringlich auf ihn ein: »Versündigt Euch nicht! Denkt jetzt nicht an Rache, ich beschwöre Euch!«
    Gero sah den Kaplan mit einem so schneidenden Blick an, dass dieser seine Hände schnellstens zurückzog. »Oh doch, Euer Gnaden, oh doch. Genau daran denke ich!«, sagte er.

III
    A ls Anna die Gräfin und deren Söhnchen wieder verließ, war sie guten Mutes. Der Schorf auf dem Kopf des Kindes war harmlos, und ansonsten war der Säugling wohlauf. Die Gräfin war mehr als zufrieden mit ihrer Medica, und ließ Anna den Standesunterschied, der sie trennte, nie spüren, solange sie unter sich waren.
    Von ihr hatte Anna auch erfahren, dass Graf Georg von Landskron ein großes Turnier veranstalten wollte, zu dem sogar Konrad von Hochstaden eingeladen war. Im Einverständnis mit dem König wollte Graf Georg – vorsichtig und diplomatisch – sondieren, ob nicht doch eine Annäherung der verschiedenen Standpunkte und Interessen möglich war.
    Anna hegte die stille Hoffnung, dass sie Chassim wiedersehen würde. Er galt als begeisterter Turnierkämpfer und hatte schon so manchen Sieg davongetragen.
    Wenn Gräfin Ottgild von ihrem »kleinen« Bruder – er war fast zehn Jahre jünger als sie – erzählte, und das tat sie gern, dann strahlten ihre Augen, und ein zärtliches Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Sie liebte Chassim abgöttisch, wie eine Schwester ihren Bruder nur lieben konnte. Die Gräfin fand, dass ihr kleiner Friedrich ihrem Bruder wie aus dem Gesicht geschnitten war, und Anna musste ihr da zustimmen. Sie war peinlich genau darauf bedacht, nie von sich aus das Gespräch auf Chassim zu bringen, um nur ja nicht in den Verdacht zu geraten, dass sie sich gewissen unstatthaften Hoffnungen hingab, weil sie sich in ihn verliebt hatte. Denn das hatte sie, das war ihr inzwischen klar. Wenn sie nur an ihn dachte, hatte sie ein wehmütiges Ziehen im Bauch, das zwischen bittersüß und schmerzhaft wechselte. Sie nahm sich fest vor, die Gräfin das nächste Mal unauffällig und ganz beiläufig zu fragen, ob Chassim an dem Turnier teilnehmen würde. Aber vielleicht erzählte die Gräfin das ja auch von sich aus. Im Stillen schalt sich Anna für ihre Träumereien. Chassim fischte doch in ganz anderen Teichen, und sie war ein viel zu kleines und unbedeutendes Fischlein für einen jungen Mann von so hohem Geblüt, der sein Netz auswerfen konnte, wo es ihm beliebte.
    Mit ihrem Ranzen auf dem Rücken marschierte Anna durch die Gassen von Oppenheim zurück nach Hause. So fühlte es sich also an, wenn man an jemanden dachte, in den man heimlich verliebt war. Dieser Zustand verlieh ihr ein seltsames Gefühl von Leichtigkeit, und er gehörte nur ihr allein. Es gab nur einen einzigen Menschen auf der Welt, mit dem sie es gerne geteilt hätte. Allein die Aussicht darauf, Chassim vielleicht bald wiederzusehen, beflügelte ihren Geist und ihre Schritte.
    * * *
    Für Gero war es ein Leichtes, der jungen Medica heimlich zu folgen. Sie schien keinerlei Verdacht zu schöpfen oder irgendein Misstrauen zu hegen, so unbefangen, wie sie zwischen den Häuserzeilen dahinschlenderte. Er hatte sich nach dem schrecklichen Erlebnis im Gang des Palas ein Versteck gesucht, von dem aus er den Burghof gut überwachen konnte. Auf keinen Fall wollte er verpassen, wohin dieses Mädchen mit den verschiedenfarbigen Augen ging.
    Wer mochte nur hinter dieser angeblichen Medica stecken? Dass sie, als er mit seinem Vater in Kloster Heisterbach weilte, der Mönch Bruder Marian gewesen war, daran hegte Gero keinerlei Zweifel. Aber eine Erklärung für die Verwandlung eines verzweifelten, todkranken Mönchs in eine selbstbewusste, sichtlich lebensfrohe Medica fand er vorläufig nicht, so sehr er sich auch den Kopf zerbrach. Doch das würde er aus dieser Anna Ahrweiler, wie sie sich jetzt offenbar nannte, ganz schnell herausprügeln, wenn er sie erst in die Finger bekam.
    Gero achtete sorgfältig darauf, genügend Abstand zu halten. Vor dieser raffinierten Person musste er sich in Acht nehmen, schließlich war sie ja wohl mit dem Teufel im Bunde, wie sonst konnte sie jetzt fröhlich durch die Gassen

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