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Das Geheimnis der Mondsänger

Das Geheimnis der Mondsänger

Titel: Das Geheimnis der Mondsänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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Priester würde protestieren, aber er tat es nicht, denn der Kapitän hatte sich auf die Sitte berufen. Nach Auffassung der Yiktorier gehörte jede Waffe, die ein Untergebener trug, seinem Herrn, und sie konnte jederzeit zurückverlangt werden.
    Ich trat vor und stellte mich zwischen die Wachen, während Laifarns ein paar Schritte weiter hinten folgte. Der Strahler war zwar keine gefährliche Waffe, aber ich hatte ihn die meiste Zeit meines Lebens getragen und kam mir nun merkwürdig nackt vor. Erst dachte ich, es sei lediglich die Reaktion darauf, daß ich mich in den Händen der Fremden befand, aber mein Unbehagen wurde immer stärker, bis ich es als eine der Vorwarnungen erkannte, die die meisten Leute mit Esperfähigkeiten besitzen. Ich warf Laifarns einen Blick zu und merkte, daß auch er unruhig war, denn er hatte die Hand in der Nähe seiner Waffe.
    Erst in diesem Moment achtete ich besser auf den Weg, den wir einschlugen. Wir hätten von Rechts wegen die Große Halle aufsuchen müssen, in der während des Marktes das Gericht tagte. Ich konnte das tiefgezogene Dach über den Zelten erkennen, aber es lag links von uns. Wir steuerten auf den Rand des Marktes zu, wo sich die bunten Zelte der Edelleute befanden, die nicht in Yrjar selbst untergebracht worden waren.
    »Jünger des Lichts!« Ich hob die Stimme, um mich bei dem schwarz-weiß gekleideten Priester verständlich zu machen, der seinen Schritt beschleunigt hatte. »Wohin gehen wir? Das Gericht …«
    Er wandte weder den Kopf, noch gab er ein Zeichen, daß er meine Worte gehört hatte. Und ich sah jetzt, daß wir von der letzten Reihe der Verkaufsstände zu den Zelten der Edelleute abbogen. Hier drängte sich nicht das Volk, sondern man sah höchstens ein paar Diener.
    »Hallie, Hallie, Hal!«
    Sie kamen aus dem Versteck, diese wirbelnden Männer, die mit ihren Pferden mitten durch unsere kleine Gruppe stoben. Ich hörte Laifarns wütend etwas rufen. Dann gab mir mein Wächter einen Stoß, der mich zwischen zwei Zelte warf.
    Ein scharfer Schmerz durchzuckte meinen Kopf, und dann spürte ich eine Zeitlang überhaupt nichts mehr.
    Der Schmerz schickte mich ins Dunkel, und der Schmerz weckte mich auch wieder – oder besser, er begleitete mich auf der zögernden Rückkehr zum Bewußtsein. Einen Augenblick lang mußte ich mich zurechtfinden. Ich lag mit dem Gesicht nach unten auf einem Last-Kasi und wurde bei jedem seiner Schritte gründlich durchgeschüttelt. Ich war festgebunden. Um mich hörte ich Sporenklirren und leise Unterhaltungen. Ich wurde also von einer Reitergruppe begleitet. Aber sie sprachen nicht den Dialekt von Yrjar, und die wenigen Worte, die ich auffing, konnte ich nicht verstehen.
    Ich weiß nicht, wie lange dieser Alptraum dauerte, denn ich verlor zwischendurch immer wieder das Bewußtsein. Und nach einer Weile betete ich, daß ich nicht mehr aus dem tröstlichen Dunkel zurückkehren müßte.
    Ein Körper, den der Raum und seine Anstrengungen hart gemacht haben, ist nicht so schnell unterzukriegen – das mußte ich in den nächsten Tagen schmerzhaft erfahren. Man lud mich schließlich von meinem Kasi ab, indem man einfach meine Fesseln durchschnitt und mich auf ein sehr hartes Pflaster fallen ließ.
    Ich sah flackernde Fackelbrände und Lampen um mich, aber meine Sicht war so verschwommen, daß ich meine Entführer nur als unbestimmte Gestalten wahrnahm. Dann packte mich einer an den Schultern und schleifte mich mit. Vor einer steilen Rampe blieb er stehen, gab mir einen Stoß, und ich rutschte nach unten.
    Jemand sagte etwas, und eine zweite Gestalt kam mir nach. Jemand spritzte mir mit voller Wucht eine Flüssigkeit ins Gesicht, und ich lag keuchend da. Doch das Wasser tat meinen ausgetrockneten Lippen gut. Dann riß mich eine Hand an den Haaren hoch, und man schüttete mir noch mehr Wasser in den Mund, so daß ich fast erstickte, weil ich nicht so schnell schlucken konnte.
    Es genügte nicht, doch es war immerhin eine kleine Erleichterung. Die Hand ließ mich los, und ich schlug so hart auf den Boden, daß ich wieder das Bewußtsein verlor.
    Als ich aus meiner Ohnmacht oder meinem Schlaf erwachte, herrschte um mich furchterregende Dunkelheit. Ich blinzelte und blinzelte – bis ich erkannte, daß nicht meine Augen mir einen Streich spielten, sondern daß die Umgebung nicht stimmte. Mit unendlicher Mühe stützte ich mich auf einen Ellbogen, um mein Gefängnis genauer anzusehen.
    Außer einer groben Bank waren keine

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