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Das Geheimnis der Mondsänger

Das Geheimnis der Mondsänger

Titel: Das Geheimnis der Mondsänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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mich zu erheben, aber ich konnte nicht einschlafen. Meine Gedanken waren zu deutlich, und sie liefen hierhin und dorthin. Und immer wieder kam die Erinnerung und wollte ein vernünftiges Planen verhindern.

 
KRIP VORLUND
 
5
     
    Weder unsere noch irgendeine andere Rasse konnte bis jetzt das Gesetz von Ursache und Wirkung umstoßen. Man kann nur das Beste hoffen und sich auf das Schlimmste gefaßt machen. Und so schwieg ich auch, als das Ausgehverbot über mich verhängt wurde. Ich schätze, ich hatte Glück, daß Kapitän Foss nicht zusätzlich einen Eintrag in meine Liste machte. Manche Vorgesetzte hätten es getan. Ich hatte das Aufzeichnungsband, das wir alle im Gürtel trugen, als Beweis für die Richtigkeit meiner Erzählung. Und zu meinen Gunsten sprach, daß ich die Waffe gezogen hatte, nicht um mich zu verteidigen, sondern um eine Eingeborene von Yiktor zu schützen. Zudem wußte Foss mehr über die Thassa als ich.
    So gern er mein Ausgehverbot vollkommen gemacht hätte, es ließ sich wegen unserer kleinen Mannschaft nicht durchführen. Ich mußte während eines Teils der Verkaufsstunden an unserem Stand sein. Aber mir wurde deutlich klargemacht, daß das geringste Vergehen gegen die Befehle schwerwiegende Folgen für einen gewissen Krip Vorlund haben würde. Der Kapitän erwartete außerdem eine Beschwerde der Marktaufsicht. Er war in diesem Falle mein Verteidiger, und die Bandaufnahme stellte mein bestes Argument dar.
    Die Arbeit am Verkaufsstand war Routinesache. Ich hatte wohl keine Chance mehr, auf eigene Faust einen guten Artikel zu erwerben. Dieses Privileg hatte ich auf Yiktor verschenkt. Aber ich vertrieb mir die Langeweile damit, daß ich an Maelens Traum von einer reisenden Tierschau dachte. Soviel ich wußte, hatte es das bis jetzt noch nie gegeben. Die Schwierigkeiten, die ich ihr genannt hatte, waren nur zu richtig. Aber selbst wenn man annahm, daß die Tiere sich an den Raum gewöhnten – würde sich dann das Wagnis lohnen? Die Gedanken eines Handelsschiffers befassen sich automatisch mit dieser Frage.
    Ich dachte auch über den Barsk nach, den Maelen mit solcher Entschlossenheit gerettet hatte. Weshalb gerade ihn? Es waren noch viele andere schlecht behandelte Tiere in dem Zelt gewesen. Doch nur der Barsk hatte sie interessiert. Gewiß, es war ein seltenes Tier, und es wurde noch seltener lebend gefangen. Aber das war nicht der einzige Grund …
    »Freesh…«
    Jemand zupfte mich am Ärmel, und ich drehte mich um. Ich sah auf den zerlumpten Jungen herunter, der von einem schmutzigen Fuß auf den anderen trat und ein paarmal mit dem Kopf nickte – die Begrüßung für Höhergestellte. Es war der gleiche Junge, der uns letzte Nacht geführt hatte.
    »Was willst du?«
    »Freesh, die Freesha bittet dich, zu ihr zu kommen. Es gibt Dinge, die sie dir mit ihren eigenen Lippen sagen muß.«
    Es spricht viel für die Disziplin auf unserem Schiff, daß ich nur den Bruchteil einer Sekunde zögerte, bevor ich die Antwort gab. »Sage der Freesha folgendes«, erklärte ich in der formellen Sprache der Yiktorier. »Ich bin durch das Wort meines Herrn gebunden und kann ihren Wunsch nicht erfüllen. Sie soll bei den Ringen des Wahren Mondes und den Blüten der Hress wissen, daß ich diese Antwort voll Kummer gebe.«
    Er ging nicht. Ich nahm eine kleine Münze aus der Tasche und gab sie ihm.
    »Trinke süßes Wasser auf mein Wohl, Läufer.«
    Er nahm das Geld, blieb aber immer noch stehen.
    »Freesh, die Freesha wünscht es so sehr.«
    »Geht der Vasall seinen eigenen Geschäften nach, wenn er einen Befehl seines Herrn durchführt?« entgegnete ich. »Sage ihr, daß ich keine Wahl in dieser Angelegenheit habe.«
    Er ging, aber so zögernd, daß ich mich über ihn wunderte. Denn die Entschuldigung, die ich genannt hatte, war überall auf Yiktor anerkannt. Gefolgschaftsleute waren an ihren Herrn gebunden und mußten jede seiner Launen über ihre persönlichen Wünsche stellen, ja sogar über das eigene Leben. Weshalb hatte Maelen nach mir geschickt, dem Fremden, zu dem sie keine Beziehung hatte – außer dem gemeinsamen kleinen Abenteuer vom Abend zuvor? Die Vorsicht befahl, daß es am besten war, sich vom Zelt der Thassa und ihrem kleinen Volk fernzuhalten.
    Dennoch mußte ich an ihr Silbergewand mit den Rubinen denken, an ihre aufrechte Haltung auf der Bühne und ihre Besorgnis wegen des Barsks. Man sagte den Thassa nach, daß sie über fremdartige Kräfte verfügten, und es schien etwas Wahres an den

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