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Das Geheimnis der Mondsänger

Das Geheimnis der Mondsänger

Titel: Das Geheimnis der Mondsänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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hatte nicht gehofft, ihn damit in die Falle zu locken, und es gelang mir auch nicht. Aber ich glaube auch nicht, daß er etwas von uns erfuhr – zumindest nichts so Bedeutsames, wie er uns durch seine Drohung verraten hatte.
    »Wir danken dir für deine Warnung.« Malecs Gedanken waren die gleichen wie meine. »Für die Verhandlung haben wir unsere Antwort bereit. Und nun …«
    »Und nun habt ihr Dinge zu erledigen, die meine Anwesenheit nicht erfordern«, sagte der Fremdling fröhlich. »Ich werde euch nicht aufhalten. Du brauchst den Gästebecher nicht wieder umzudrehen, werte Freundin.«
    Als er fort war, sah ich Malec an. »Hattest du den Eindruck, Verwandter, daß er mit sich zufrieden war, als er ging?«
    »Ja. Was er da sagte …« Aber selbst jetzt, als wir ganz unter uns waren, faßte er seine Gedanken nicht in Worte.
    »Die Alten …«
    »Ja.« Malec hatte verstanden. »Heute nacht nimmt der Mond zu.«
    Mein Stab lag warm in der Hand, gewärmt von den Gedanken, die ich ihm übertrug. Es war gefährlich, das zu tun – mitten im feindlichen Territorium. Aber Malec hatte recht. Die Notwendigkeit war größer als das Risiko.
    Zweimal im Laufe des Tages besuchte ich den Barsk und tastete ihn mit meinen Gedanken ab. Seine Verletzungen heilten weiter, aber noch konnte ich es nicht wagen, den Schlummer von ihm zu nehmen und seine Gedanken zu berühren. Jetzt, da die andere Last schwer auf uns lag, konnte ich mich nicht auf Experimente einlassen.
    Unsere Vorstellung war gut besucht wie immer, und wir mußten sogar einige Leute abweisen. Mein kleines Volk führte die einzelnen Akte glücklich und zufrieden durch, da wir uns bemühten, die Kleinen nicht mit unseren Sorgen zu belasten. Ich hielt nach einem der Handelsschiffer Ausschau, da ich annahm, daß Vorlund seinem Kapitän Bericht erstattet hatte und jemand herkommen würde, um uns zu befragen. Aber ich sah keinen von ihnen.
    Gegen Mittag schickte Malec Otjan zum Stand der Lydis. Er berichtete, daß weder Vorlund noch Sharvan bedienten und daß die Geschäfte der Fremdländer gut gingen. Wahrscheinlich konnten sie ihren Stand noch vor Ende des Marktes schließen.
    »Das wäre klug von ihnen«, stellte Malec fest. »Und es ist besser, wenn wir sie nicht sehen. Die Kämpfe der Fremdländer untereinander und Osokuns Pläne gehen uns nichts an. Wenn es möglich wäre, sollten auch wir noch heute packen und wegziehen.«
    Aber das konnten wir nicht. Das Gefühl, daß uns Spione beobachteten, lag in der Luft. Und am Nachmittag ging die Unruhe auch auf das kleine Volk über, trotz meiner Bemühungen, einen Gedankenschutz zu errichten. Zweimal mußte ich den Stab benützen, um ihre Ängste zu zerstreuen, und in der Nacht ließ ich das Zelt von meinen stärksten Mondlaternen bestrahlen. Aber es war nichts geschehen. Der Marktwächter hatte mich nicht rufen lassen, um auf Othelms Anschuldigungen zu antworten. Ich glaubte allmählich, daß es klüger gewesen wäre, zuerst zum Gegenschlag auszuholen.
    Wir brachten das kleine Volk in die Käfige, und ich stellte an allen vier Ecken des Platzes Mondlaternen auf, um sie während der Stunden des Dunkels zu schützen. Gemeinsam mit Malec untersuchte ich den Barsk, und dann holte ich unseren Boten.
    Der große Geflügelte schüttelte sich unbehaglich, als Malec ihn sanft auf den Tisch setzte. Er blinzelte, als sei er noch nicht recht vom Schlaf erwacht.
    Ich verbrannte das Pulver und ließ ihn den Rauch einatmen. Sein Schnabel war halb offen, und die Zunge schnellte hastig hin und her. Dann hielt Malec den Kopf fest zwischen seinen Händen, damit ich tief in seine roten Augen blicken konnte. Ich sang, nicht laut, wie es sonst Sitte war, sondern so, daß andere meine Worte nicht hören konnten.
    In diesen Gesang legte ich meine ganze Kraft, und ich hielt den Stab zwischen den Fingern, bis er wie Feuer brannte. Dennoch ließ ich ihn nicht los, damit die ganze Energie in unseren Boten übertragen wurde. Als ich fertig war, hatte ich gerade noch die Kraft, mich auf meinem Stuhl zu halten. Mein Kopf sank zur Seite. Nun sah Malec dem Boten in die Augen, und er sprach in kurzen, scharfen Flüsterworten das, was der Bote am fernen Ort wiederholen sollte.
    Als er fertig war, nahm er einen Umhang und warf ihn über die Schultern, während er den Vogel an die Brust drückte. Er ging in das Dunkel der Vordämmerung hinaus, um das freie Feld aufzusuchen, auf dem unsere Tiere manchmal weideten.
    Ich legte den Kopf in die Arme, zu schwach, um

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