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Das Geheimnis der Mondsänger

Das Geheimnis der Mondsänger

Titel: Das Geheimnis der Mondsänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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Einrichtungsgegenstände da. Der Boden war mit übelriechendem Stroh bedeckt. Überhaupt roch der ganze Ort abscheulich. Ein Fensterschlitz, so hoch, daß er mir bis an den Kopf reichte, teilte die eine Wand senkrecht ab. Er war nicht breit, und er ließ ein graues Licht durch, das nicht bis zu den Ecken vordrang. Auf der Bank entdeckte ich einen irdenen Krug, und plötzlich wurde dieser Krug zu meinem einzigen Ziel auf der ganzen Welt.
    Ich schaffte es nicht, auf die Beine zu kommen. Selbst wenn ich mich nur aufsetzte, war mir so schwindelig, daß ich die Augen schließen mußte. Schließlich erreichte ich den verheißungsvollen Krug, indem ich auf dem Bauch vorwärtsrobbte.
    Während des langen Weges über die kalten Steine hatte ich nur eine Furcht gehabt: daß sich in dem Krug kein Wasser befinden könnte. Sie bewahrheitete sich zum Glück nicht. Ich fand eine Flüssigkeit vor, Wasser mit einem scharfen, säuerlichen Beigeschmack, der mir den Mund zusammenzog. Aber ich hätte in diesem Moment weit schlimmere Dinge getrunken.
    Es kostete meine ganze Willenskraft, den Krug wieder wegzustellen, obwohl noch etwas Flüssigkeit darin war.
    Meine Kopfschmerzen besserten sich, und nach einer Weile konnte ich mich bewegen, ohne daß sich alles um mich drehte. Vielleicht hatte das Wasser eine Medizin oder ein Anregungsmittel enthalten. Schließlich schaffte ich den Weg zum Fenster, und ich sah hinaus.
    Draußen schien die Sonne, auch wenn sie mich nur als eine Art Dämmerlicht erreichte. Und meine Sicht war sehr begrenzt. Etwas weiter vorn sah ich ein Stück grauer Mauer, die zu jeder Festung von Yiktor gehören konnte. Sonst entdeckte ich nur noch ein Stück Pflaster, das von meinem Gefängnis zu jener Mauer führen mußte.
    Dann ging ein Mann draußen vorbei. Er sah sich nicht um, sondern hastete dahin. Ich hatte jedoch erkannt, daß es sich um den Untergebenen irgendeines Lords handelte, denn er trug einen Panzer und Helm und darüber einen gelben Mantel mit schwarzem Wappen. Ich war mit der Wappenkunde von Yiktor nicht vertraut, und ich hatte auch keine Zeit, die Zeichen näher zu betrachten.
    Aber gelb und schwarz – ich hatte diese Farbenkombination schon einmal gesehen. Ich lehnte mich an die Mauer und versuchte mich zu erinnern. Farben … Da war das silbrigrosa Banner von Maelen, ihr Silbergewand mit den Rubinen – die Banner der anderen Vergnügungszelte …
    Vergnügungszelte – das knallige Rot und Grün des Spielzeltes – ja, das war es!
    Gauk Slafid hatte an einem Tisch gesessen, einen Stoß Gewinnmarken neben sich, und zu seiner Linken der junge Adelige, der mich so durchbohrend betrachtet hatte, als ich mit Maelen vorbeiging. Auch er hatte einen schimmernden gelben Überhang getragen – mit einem schwarz gestickten Hauswappen auf der Brust. Aber die Bruchteile, die ich da in der Hand hielt, ergaben keinen Sinn.
    Ich hatte Othelm, den Tierhändler, beleidigt, nicht aber den jungen Edelmann. Und ich sah keine Verbindung zwischen den beiden so verschiedenen Leuten. Aber vielleicht hatte ich irgendeine feine Nuance des gesellschaftlichen Lebens auf Yiktor übersehen und war so in Bedrängnis geraten …
    Eines stand jedenfalls fest – ich befand mich nicht mehr auf dem Markt. Das war erstaunlich. Ich konnte mich erinnern, daß ich auf einem Kasi hergebracht worden war, und das hieß, daß ich mich auch nicht in Yrjar befand. Man hatte mich der Marktgerichtsbarkeit entzogen, und das war ein so krasser Verstoß gegen die Sitten, daß ich es fast nicht glauben konnte. Jene, die mich entführt hatten, ebenso wie der Mann, der dahinterstand, mußten mit einer Ächtung rechnen, sobald bekannt wurde, wie ich verschwunden war.
    Weshalb war ich so wertvoll, daß sie diesen Preis riskierten? Diese Antwort konnte nur die Zeit bringen. Aber offensichtlich hatten meine Entführer keine Eile, denn die Stunden vergingen, und niemand kam. Ich war hungrig, sehr hungrig, und obwohl ich das restliche Wasser genau einzuteilen versuchte, war der Krug am Ende doch leer, und ich bekam wieder Durst. Das schwache Licht ging mit dem Tag, und die Nacht drang herein und umhüllte mich mit dunklen Schatten.
    Ich saß mit dem Rücken gegen die Wand und beobachtete die Rampe, die man mich hinuntergestoßen hatte. Hin und wieder hörte ich, verzerrt und gedämpft, Geräusche von jenseits des Fensters. Dann drang der Ruf eines Horns zu mir herein, der vermutlich einen Neuankömmling ankündigte. Ich stand auf und tastete mich zum

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