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Das Geheimnis der Mondsänger

Das Geheimnis der Mondsänger

Titel: Das Geheimnis der Mondsänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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vor einem Unheil war, sondern eher das Vorausahnen der Macht, die die drei Ringe bringen würden.
    Wir kamen ins Hügelland, und wenn ich auch nicht mit der Landschaft vertraut war, so wußte ich doch, daß in dieser Gegend das Reich von Oskold lag. Osokuns Kühnheit, den Gefangenen hierherzubringen, war in gewisser Weise ein Schutz. Denn niemand würde glauben, daß er so weit gegangen war. Ob Oskold an diesem Plan beteiligt war? Das würde dem Gewebe ein neues Muster geben. Denn Oskold war allem Anschein nach ein kluger und geschickter Mann. Und wenn er bereit war, gegen Gesetz und Sitte zu verstoßen, dann mußte er eine mächtige Waffe besitzen.
    Ich erinnerte mich an die versteckte Drohung, die der Fremdling Slafid ausgesprochen hatte – daß man mehr über die Thassa wußte, als gut war. Ich hoffte, daß unsere Warnung die Alten zu Gegenmaßnahmen aufstacheln würde. Wir waren bei den Gemeinen seit altersher das Ziel von Gerüchten. Es stimmt, daß wir schon länger in diesem Land leben als sie, daß wir einst eine große Rasse waren, bis wir lernten, Größe und Macht in einer anderen als der herkömmlichen Weise zu messen. Wir bauten auch Städte, von denen jetzt nur noch Ruinen an einsamen Plätzen stehen, und wir kannten Aufstieg und Fall im Verlauf der Geschichte. Durch den Willen Molasters wuchsen wir über solche Dinge hinaus.
    Während des ganzen Tages standen wir unter dem Einfluß des Dritten Ringes. Von Zeit zu Zeit bellten oder winselten meine Kleinen, und einmal hörte ich auch das Wimmern des Barsks. Ich schickte ihm meinen Schlafwunsch, um ihn zu beruhigen. Gegen Mittag warnte mich Simmle, daß jemand näher kam, und ich ließ den Wagen in den Büschen stehen und folgte ihr zu Fuß durch das Unkraut, das der Frost noch nicht getötet hatte, zu einem Hügel. Von dort konnten wir die Oststraße sehen. Eine Reitergruppe kam im schnellen Trab heran, und ihr Anführer war Osokun. Sie führten weder Banner noch Hörner mit sich – fast schien es, als wollten sie so unauffällig wie möglich die Wildnis durchqueren.
    Ich sah ihnen lange nach, bevor ich zu meinem Wagen zurückkehrte. Meine Kasi trotteten wieder langsam voran.
    An diesem Abend erreichten wir die Berge, und ich verbarg den Wagen und ging zu Fuß voraus, um einen Durchgang zu suchen. Ich konnte jedoch nur den Einschnitt erkennen, durch den auch die Straße verlief. Und an einer so bedeutenden Engstelle hatte jeder Edelmann, der einigermaßen für die Sicherheit seines Volkes sorgte, Wachtposten aufgestellt. Ich schickte Simmle los, und sie entdeckte gleich zwei.
    Wenn man mich hier anhielt und nach meinem Ziel fragte, konnte ich keine Antwort geben. Gefahr oder nicht, heute nacht mußte ich die Macht anrufen, sonst war ich verloren.
    Ich schickte Borba und Vors aus und ließ sie einen sicheren, einsamen Fleck nicht zu weit von der Straße entfernt suchen. Sie kamen noch vor Einbruch der Dämmerung zurück. Borba hatte den gewünschten Platz gefunden.
    Ich ließ die Kasi in der Mulde, die Borba entdeckt hatte, frei grasen, nachdem ich ihnen den Gedanken eingegeben hatte, in der Nähe zu bleiben. Wir aßen von unseren Vorräten, denn mein Körper brauchte Kraft für das, was ich bei Mondaufgang tun mußte. Dann sagte ich zu meinem kleinen Volk: »Wacht!« und sie verschmolzen mit den Schatten.
    Ich entspannte mich, so gut ich konnte, obwohl die Ringe meinen Gedanken entgegenwirkten. Doch es würde meine Energie vergrößern, wenn die Stunde kam. Und als der Mond unseren kleinen Schlupfwinkel fand, war ich bereit.
    Mit dem Stab zeichnete ich das Abschirm- und Ausstrahlungssymbol in den Sand neben dem Teich. Kieselsteine markierten die Endpunkte der drei Kurven. Und die Mondlaterne, auf einen flachen Stein gestellt, erhellte das ganze Gebiet und gab mir das Licht, das ich brauchte. Ich begann den Abschirmgesang und beobachtete, wie die sichtbare Energie in Spiralen von meinen Steinen aufstieg. Dann sang ich die Ausstrahlungsbitte, und ich schloß die Augen vor der äußeren Welt, um die innere besser zu sehen.
    Wenn man die Macht so unvorbereitet wie ich anruft, dann strömen die Bilder wahllos auf einen ein, und man muß die Bruchteile hinterher selbst zusammensetzen. Ich schien in der Luft zu schweben, ein Stück über einer Festung, die kaum mehr als ein Grenzposten war. Ich sah mir das Innere an, aber nicht mit meinen Augen, sondern mit dem Blick der Seele.
    Ich sah Osokun und auch den Fremdling Krip Vorlund. Und ich sah, was auf Befehl

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