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Das Geheimnis der Mondsänger

Das Geheimnis der Mondsänger

Titel: Das Geheimnis der Mondsänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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lange Zeit bedeuteten mir die Worte nichts. Es war, als unterhielte sie sich in einer fremden Sprache mit mir.
    Kein Körper! Der Gedanke begann rhythmisch in meinem Kopf zu dröhnen, lauter und immer lauter. Jetzt sah Maelen mich an. Und ich glaube, sie versuchte mich über das Dröhnen hinweg zu erreichen. Aber ihre Gedanken waren ohne Bedeutung. Ich war nicht mehr Krip Vorlund, ich würde es nie mehr sein. Ich war Jorth, ich war der Tod, ich würde jagen …
    Und dann war ich wieder am Fluß. Ich merkte, daß die Spur von drei Männern stammte. Sie hatten kein Kasi bei sich. Und einer der Männer schien verletzt zu sein.
    Maelen versuchte mich zurückzuholen, aber ihre Gedanken drangen nur gedämpft zu mir durch. Ich wollte töten!
    Es schien, daß sie die steileren Hänge mieden. Vielleicht war der Verletzte eine zu schwere Bürde, denn ihre Spur führte über die einfachsten Wege. Einmal fand ich einen Platz, an dem sie ausgeruht hatten. Ein blutbefleckter Lappen lag im Gebüsch. Sie hielten auf Oskolds Land zu.
    Höher und höher ging es. Ich achtete auch auf die anderen Gerüche. Die Eindringlinge, die ich früher schon in den Bergen gesehen hatte, sollten mir meine Beute nicht wegschnappen.
    An einem Punkt waren die drei stehengeblieben, und jemand hatte von den Bäumen starke Äste abgehackt. Danach sah ich nur noch zwei Spuren. Zwei Männer trugen den dritten, und sie kamen nur noch langsam voran.
    Die Nacht brach an, und ich sah sie immer noch nicht. Ich war erstaunt über ihre Zähigkeit, doch dann kam mir der Gedanke, daß sie das Lager vielleicht schon vor dem Kampf verlassen hatten und dadurch einen größeren Vorsprung besaßen. Der Mond ließ die Landschaft gestochen scharf hervortreten, doch die Hänge, die ich auswählte, lagen im Schatten.
    Und dann sah ich sie. Zwei lehnten an einem Felsblock und atmeten schwer. Sie waren am Rande des Zusammenbruchs. Auf einer grob gezimmerten Bahre lag der dritte, und er stöhnte und wimmerte.
    Einer der Männer ging mit einer Flasche zu ihm und setzte sie ihm an die Lippen. Doch der Kranke schrie wild auf und stieß mit der Hand die Flasche weg. Sie fiel in hohem Bogen über den Felshang und zerschellte. Sein Helfer schüttelte langsam den Kopf und ging zurück. Als er sich setzte, fiel Mondlicht auf seine Züge, und ich sah, daß es der gleiche Mann war, der sich im Lager um Osokun gekümmert hatte.
    Irgendwie hatte ich von Anfang an gewußt, wen ich hier vorfinden würde. Und der andere Begleiter Osokuns war mir auch bekannt – ich hatte ihn in der Zelle der Grenzfestung kennengelernt.
    Ich war nicht mehr Krip Vorlund, ich war Jorth. Hatte Jorth ein Recht auf Rache? Es war egal. Sie waren meine Beute.
    So sehr war ich von dem Gedanken besessen, sie zu töten, daß ich einfach ins Freie trat und meinen heiseren Ruf ausstieß. Der Mann auf der Tragbahre war hilflos. Und die anderen sollten um ihr Leben kämpfen. Es war besser so.
    Ich sprang den Näherstehenden an.
    Beute – leichte Beute …
    Dann wandte ich mich dem anderen zu, der geduckt zwischen mir und dem Kranken kauerte. Er schrie. Waren es Kampf- oder Hilfeschreie? Es war gleichgültig. Der Kampf war schnell beendet, denn der Mann war von dem Aufstieg völlig erschöpft.
    Keuchend wandte ich mich der Tragbahre zu. Der Kranke hatte sich aufgerichtet. Vielleicht hatte die Furcht für Sekunden die Schwäche besiegt und ihm neue Energie gegeben. Ich sah, wie sich seine Hand bewegte und Stahl aufblitzte. Das Messer grub sich tief zwischen Schulter und Hals. Aber da er mich nicht sofort getötet hatte, war sein Ende besiegelt.
    Und so lag ich neben den drei Toten und dachte, daß auch Jorth, der Barsk, sterben mußte, der einmal ein Mensch gewesen war.

 
MAELEN
 
15
     
    Waage Molasters! Nächte und Monde, Tage und Sonnen ist es her, seit ich mich auf den seltsamen Pfad begab, um die Waage Molasters wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Aber nun sinkt sie immer noch nach einer Seite ab, und meine Bemühungen haben nur Böses hervorgebracht. Ich überlegte dumpf, daß Molaster aus meinem Leben gewichen und ich zu einer hilflos Umhertreibenden geworden war. Vielleicht hatte ich zu sehr an mich und meine Kräfte geglaubt, und dies ist nun meine Strafe.
    Ich stand im Lager, umgeben von Toten. Und ich sah um mich und wußte, daß all das zum Teil meinen eigenen Taten entsprungen war, für die ich mich verantworten mußte. Vielleicht stimmt es, wenn einige behaupten, wir seien nichts als Schachfiguren der

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