Das Geheimnis der Monduhr: Roman (German Edition)
hier eigentlich?«
»Melde mich gehorsamst zum Dienst, Ma’am«, salutierte er. Holly sah ihn verständnislos an. »Ihr Mann hat mir aufgetragen, einen Wintergarten für Sie zu bauen.«
»Hm«, brummte Holly mürrisch. »Das hat mir gerade noch gefehlt.«
»Oh, warten Sie erst mal ab. Er wird sich fantastisch machen«, sprudelte Billy.
»O ja, ich sehe ihn schon vor meinem inneren Auge«, seufzte Holly und würzte Billys Begeisterung mit einer Prise Sarkasmus, die nur sie würdigen konnte.
»Mehr ist auch nicht erlaubt. Ich habe die Pläne mit Tom abgesprochen, aber ich darf sie Ihnen nicht zeigen. Sie haben sich schon genug eingemischt mit der Pfuscherei an den Türen. Tom möchte, dass es eine Überraschung wird.«
»Das wird schwieriger werden, als Sie denken«, meinte Holly.
»Wäre es vielleicht möglich, dass Sie in den nächsten Wochen nicht in den Garten kommen?«
»Ausgeschlossen«, bestätigte Holly. »Aber wie wäre es«, fuhr sie fort, als Billy enttäuscht die Schultern hängen ließ, »wenn ich beim Vorbeigehen die Augen zumache und verspreche, nicht herumzuschnüffeln?«
»Abgemacht. Nach dem Wochenende fangen wir an.«
»Großartig, bis nächste Woche also.«
Billy warf einen Blick auf die Skulptur und war im Begriff, seine Meinung dazu zum Besten zu geben.
»Bis Montag, Billy«, schnitt ihm Holly das Wort ab.
»Könnte man vielleicht …«, setzte Billy an.
»Nun gehen Sie schon, Billy«, lachte Holly.
Nachdem sie Billy abgewimmelt hatte, griff sie zum Telefon, um Mrs Bronson anzurufen. Wenn die Frau bereits nächste Woche zu ihr ins Atelier kommen könnte, hätte sie anschließend ein bisschen Luft für die anderen Stücke, die sie Sam versprochen hatte. Vorausgesetzt natürlich, Mrs Bronson wäre mit dem Modell zufrieden.
Während sie mit Mrs Bronson telefonierte, musterte Holly die Skulptur, und die Zweifel meldeten sich wieder.
Holly seufzte und versuchte die Gespenster der Zukunft zu verscheuchen. Mrs Bronson hatte möglicherweise einen weniger voreingenommenen Blick und nahm die Skulptur als das, was Holly damit beabsichtigt hatte, nämlich als eine einfache idealistische Darstellung der Bindung zwischen Mutter und Kind.
Holly vermisste Tom mehr denn je. Die seelische Belastung, die ihre Trennung mit sich brachte, war mittlerweile größer als der Atlantische Ozean, der jetzt zwischen ihnen lag. Auf die Zeitverschiebung und die damit verbundenen praktischen Unannehmlichkeiten ihrer Fernbeziehung hatte sie sich eingestellt, nicht aber auf das Gefühlschaos, das die Monduhr angerichtet hatte.
Es war naiv von ihr gewesen zu glauben, dass sie mit der grotesken Situation allein zurechtkommen würde. Tom war ihr Fels in der Brandung geworden, nachdem
sie durch die Lieblosigkeit ihrer Eltern den Boden unter den Füßen verloren hatte. Mit ihrem ersten Fünfjahresplan hatte sie den Kurs für sich abgesteckt, doch es war Tom und nur Tom, der ihr den Halt gab, nach dem sie sich immer gesehnt hatte. Für die kommenden fünf Jahre war sturmfreie Fahrt geplant, und zumindest für Tom gehörten eine Frau und ein Kind unbedingt dazu.
Kurz vor dem Vollmond war ihre Sehnsucht nach Tom größer denn je. Sie fragte sich, wie er wohl reagieren würde, wenn sie ihm von der Halluzination erzählte und dass sie allmählich überzeugt war, in die Zukunft gesehen zu haben. Er würde vermutlich den nächsten Flieger nach Hause nehmen und wäre ihr sicherlich eine Hilfe, aber ihre Ängste würde er trotzdem niemals nachvollziehen können. Im Gegensatz zu ihr hatte er nicht ein Haus voller Trauer und dumpfer Verzweiflung betreten müssen, ihm war nicht das Herz gebrochen beim Anblick seiner völlig aufgelösten Liebsten. Er hatte Libby nicht gesehen, die ihn mit ihren wunderschönen grünen Augen anblickte, und er hatte auch nicht spüren müssen, wie es war, sie nicht auf den Arm nehmen zu können. Das alles würde ihm sowieso erspart bleiben, wenn ihre unheilvolle Vision sich am Ende als Hirngespinst entpuppen würde. Als sie für das gewohnte Auslandsgespräch mit Tom zum Telefon griff, entschied sie deshalb, sich nicht das Geringste anmerken zu lassen, und gab sich stattdessen dem beruhigenden Klang seiner Stimme hin.
»Wie kommt Billy mit meinem Projekt voran?«, erkundigte Tom sich gespannt.
In Fincross war es heller Nachmittag. Ein glühend heißer
Tag, wie geschaffen, um im Garten zu sitzen, wenn man es ihr erlaubt hätte. Die Terrasse, auf der Holly, Tom und Jocelyn das
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