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Das Geheimnis der Monduhr: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Monduhr: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Monduhr: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Brooke
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verknitterten Sachen heraus und legte sie sorgfältig gefaltet wieder hinein.
    »Apropos Telefonate …«, fing Tom an.
    »Apropos Telefonate, willst du mir nicht endlich verraten, was du heute Morgen solange mit dem Sender zu besprechen hattest?«
    »Ich sagte doch schon, nichts Schlimmes. Es hat sich nichts geändert. Ich bleibe vier Wochen in Kanada und komme dann kurz nach Hause, bevor ich wieder abfliege. Es sieht ganz danach aus, dass der nächste Einsatz in Haiti sein wird, das könnte dann länger dauern, ein paar Monate vielleicht.«
    »Das wusste ich ja schon. Sonst keine weiteren Neuigkeiten?
« , erkundigte Holly sich misstrauisch. Vor ein paar Tagen hatte Tom ihr bereits die Hiobsbotschaft seines nächsten Auftrags eröffnet. Holly war alles andere als glücklich über die Reise, über den Einsatzort ebenso wenig, aber es gab eine Zukunft für sie beide, niedergeschrieben als Fünfjahresplan, also war die Welt in Ordnung, und Holly willigte notgedrungen ein.
    »Mit meinen Berichten waren sie sehr zufrieden«, sagte Tom ein wenig verlegen.
    »Aber?«
    »Mein Erscheinungsbild ist noch verbesserungsbedürftig.«
    Es war kein Geheimnis, dass Tom lieber hinter als vor der Kamera stand. Sein Widerwille gegen den Job als Nachrichtensprecher hatte auch damit zu tun, dass er sich in Bezug auf sein Aussehen bestimmten Regeln unterwerfen musste. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Sender ihm nahelegen würde, sein Äußeres aufzupolieren.
    »Das hätte ich dir gleich sagen können«, lachte Holly.
    Tom spielte den Beleidigten. »Danke für die Blumen! Tu dir keinen Zwang an. Ich habe das perfekte Radiogesicht, sag’s ruhig.«
    »Dein Gesicht ist tadellos. Aber die Frisur, weißt du …«
    »Ich weiß«, sagte Tom und zupfte verlegen an einer widerspenstigen Locke, die von seinem Kopf abstand.
    Holly brach plötzlich in lautes Gelächter aus. »Sollst du dir etwa die Haare schneiden lassen?«
    »Das ist nicht witzig«, beschwerte sich Tom, aber dann musste er ebenfalls lachen. »Es wird erwartet, dass ich
zum Frisör gehe, bevor meine Beiträge in Kanada gefilmt werden.«
    Holly schob den Koffer beiseite und kroch über das Bett zu Tom. Sie nahm ihn in die Arme und fuhr zärtlich durch seine dunklen Locken. »Dann muss ich mich wohl von jeder einzelnen Locke mit einem Kuss verabschieden«, flüsterte sie.
    Als Tom sich neben sie aufs Bett legte, merkte er kaum, wie Holly für den Bruchteil einer Sekunde erstarrte. Sie hatte gerade an den gebrochenen Tom ihrer Vision denken müssen. Seine Haare waren kurz geschoren. Holly hatte es satt, ein Spielball der Monduhr zu sein, und war fest entschlossen, diesen Alptraum ein für alle Mal zum Schweigen zu bringen.

FÜNF
    A m Tag von Toms Abreise konnte Holly es kaum erwarten, bis es dunkel wurde. Die Sommernacht war milde und dunstig; sie bahnte sich einen Weg durch das hohe Gras und stand herausfordernd vor der Monduhr. Über ihr leuchtete der abnehmende Mond, dessen Strahlen nach der spiegelnden Oberfläche der Glaskugel tasteten, die Holly in der Hand hielt. Ohne zu zögern ließ sie die Kugel in die Halterung gleiten und achtete darauf, weder den Mechanismus noch den Stein zu berühren.
    Die Kugel rastete klirrend ein, dann blieb sie still liegen, so still wie die Nacht, die Holly erwartungsvoll einhüllte, und ihre Spannung weiter wachsen ließ. Sie lauschte, ob das verräterische Ticken einer Uhr zu hören war, das beim letzten Mal das heftige Aufblitzen des Mondlichts begleitet hatte, doch außer dem Rascheln der Gräser, durch die ein leiser Luftzug strich, war nichts zu hören. Die Kugel glitzerte arglos im Mondschein; es ging keine eigene Energie von ihr aus, nichts, was nicht ins Reich ihrer Fantasie gehört hätte.
    In der Ferne war ab und zu der Ruf eines Käuzchens zu hören, als würde es sich über Holly lustig machen. Zu Recht, dachte sie. Erleichtert warf sie den Kopf in den Nacken, aber als sie den Himmel über sich sah, war ihr plötzlich
nicht mehr zum Lachen zumute. In der Nacht, als sie die Vision gehabt hatte, hatte der Vollmond geschienen, nicht diese halb verdeckte Scheibe, die hinter dem Erdschatten hervorlugte. Die Darstellungen des Mondes, die in den Stein gemeißelt waren, zeigten alle eine makellose Rundung. In diesem Moment begriff sie widerwillig, dass die Uhr, wenn sie wirklich Macht besaß, nur bei Vollmond funktionierte. Mit spitzen Fingern löste sie die Kugel vorsichtig aus der lockeren Halterung und legte sie wieder in den

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