Das Geheimnis der Monduhr: Roman (German Edition)
natürlich meine liebe Frau noch ihren Senf dazugegeben. Die Türen sollten eigentlich an der Seite sein, aber Holly hat in letzter Minute die Pläne geändert.«
»Ja«, ergänzte Holly. »Pläne kann man immer ändern. Oder sie werden verändert, ohne unser Zutun. Warum nehmen wir sie eigentlich so wichtig?«
Sie fühlte sich plötzlich benommen, der viele Wein und die wachsende Überzeugung, dass die Zukunft sich tatsächlich kaum beeinflussen ließ, benebelten ihr Hirn. Sie kämpfte mit den Tränen und merkte, dass plötzlich alle verstummt waren und sie besorgt ansahen. Seit dem verhängnisvollen Ausflug nach Hardmonton Hall hatte sie nicht mehr geweint und dachte, sie hätte sich wieder im Griff, aber offenbar saßen die Tränen doch recht locker.
»Entschuldigt bitte, ich brauche ein Glas Wasser.« Sie sprang auf und verschwand hastig in der Küche.
Um den Nebel in ihrem Kopf zu lichten, trank sie das Glas in einem Zug leer.
»Was ist los, Hol?« Tom war ihr nachgelaufen, nahm sie von hinten in die Arme und legte den Kopf auf ihre Schulter.
»Ich hab neuerdings was gegen Pläne, das ist alles. Man kann nicht einfach davon ausgehen, dass man alles bekommt, was man sich vornimmt. So läuft das nicht im Leben.«
»Geht es um unseren Fünfjahresplan? Hast du es dir anders überlegt?« Tom bemühte sich um einen lockeren Ton, aber er wirkte plötzlich angespannt.
Holly schwieg. Für dieses Thema musste sie nüchtern sein, und ein Haus voller Gäste war auch nicht unbedingt die beste Gelegenheit.
»Sag bitte, dass du immer noch ein Kind willst!« Tom war zwar mittlerweile an Hollys Widerstand gewöhnt, doch er hatte offenbar angenommen, dass jetzt, wo ihre Zukunftspläne schwarz auf weiß auf dem Papier standen, alle Bedenken ausgeräumt waren.
Wütend drehte sich Holly zu ihm herum. Sie fühlte sich in die Enge getrieben »Ich möchte ja ein Kind haben. Ich wünsche es mir von ganzem Herzen. Aber warum müssen wir immer nach den Sternen greifen? Können wir nicht einfach zufrieden sein mit dem was wir haben?«, fauchte sie, um nicht laut zu schreien.
»Glaubst du, dass ich das nicht weiß? Nach allem, was ich gesehen habe?«
»Dann müsstest du ja wissen, dass man sich nicht darauf verlassen kann, dass die Menschen, die man liebt, am nächsten Tag noch da sind.«
Sie funkelten sich eine Weile stumm an. Holly brach als Erste das Schweigen. »Entschuldige«, schluckte sie. »Aber muss das jetzt sein?«
Tom seufzte, als er sie zärtlich auf die Stirn küsste. »Nach dir«, sagte er und machte mit der Hand eine Geste in Richtung der Gäste.
Gedämpftes Lachen drang vom Tisch herüber, aber mit Tom und Holly betrat auch ihr bedrücktes Schweigen den Raum.
»Alles in Ordnung, Holly?«, erkundigte sich Diane.
»Beim Kochen habe ich wohl ein bisschen zu viel Wein getrunken«, gestand Holly. Sie hob ihr Wasserglas und versuchte, ihren Ärger und ihre Ängste zu vergessen, aber wieder fiel ihr Blick auf die gespenstische Silhouette im Garten. Wenn wenigstens die Monduhr sie nicht ständig verfolgen würde.
»Vielleicht musst du dich erst noch an den fremden jungen Mann gewöhnen, der an deiner Haustür aufgetaucht ist«, lachte Diane.
»Also bitte, ich bin hier doch kein Fremder«, protestierte Tom.
»Wie man’s nimmt«, meinte Holly. Ihre Blicke trafen sich zum ersten Mal, seit sie sich wieder an den Tisch gesetzt hatten, eine wortlose Geste der Entschuldigung, und als alle über ihren kleinen Scherz lachten, spürte Holly, wie die Spannung wich.
Diane konnte es nicht lassen, Toms Aussehen aufs Korn
zu nehmen. »Du hast auf der Reise ziemlich abgenommen, aber wenigstens wachsen die Haare wieder nach. Komisch, deine Locken fehlen mir, obwohl ich mich jahrelang über deinen Wuschelkopf beklagt habe.«
»Mir auch«, lächelte Holly. »Aber jede Ausgabe von Tom ist besser als gar keine.«
»Ich weiß nicht, was ihr habt.« Jocelyn hob ihr Glas. »Ich finde ihn zum Anbeißen.«
»Schmeckt bestimmt besser als das Essen«, murmelte Holly. »Aber ihr könnt euch freuen, den Nachtisch hat Jocelyn beigesteuert. Möchte jemand?«
Der Nachmittag klang friedlich und ohne böse Worte aus. Als Tom und Holly die Gäste verabschiedeten, wichen gerade die letzten Sonnenstrahlen der einbrechenden Nacht.
»Jetzt sei mal ehrlich«, sagte Tom, als er die Haustür schloss. »Hast du Zweifel, dass wir miteinander klarkommen? Ist es das, was du mit ›morgen nicht mehr da sein‹ meinst? Kampflos aufgeben würde ich dich
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