Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman
nächsten Jahren reich machen. Wir werden die besten Ritter aus aller Herren Länder bei uns empfangen - und sie alle werden Dietmar und seine Brüder lehren, das Schwert zu führen. Wir werden Dutzende von Knappen haben, die unseren Söhnen ergeben sind und mit Dietmar die Schwertleite feiern. Und dann, eines Tages, zieht dein Sohn nach Lauenstein, um sein wahres Erbe zu fordern. Das habe ich Dietrich geschworen, Gerlin. Und ich halte meine Eide!« Er sah sie fest an, und sie erwiderte seinen Blick.
»Du hast ihm auch geschworen, auf mich aufzupassen«, bemerkte sie liebevoll.
»Und? Tue ich das nicht?« Florís tastete nach ihrer Hand, sein Herz klopfte heftig. »Ich bin Euer verschworener Ritter, Herrin, das wisst Ihr.«
Er hatte diese Worte schon einmal zu ihr gesagt. Und auf einmal wandelte sich der Burgfried von Loches in ihrer Erinnerung in den Söller von Lauenstein. Die Nacht vor Dietrichs Schwertleite. Als etwas endete und etwas Neues begann.
Gerlin wandte sich ihrem Gatten zu und sah zu ihm auf. »So küsst mich, mein verschworener Ritter!«, sagte sie ruhig, genau wie damals. Und es fühlte sich genau so richtig an.
»Nur ein einziges Mal?«, fragte Florís. Auch er erinnerte sich.
Gerlin antwortete nicht. Sie öffnete ihm nur ihre Lippen.
Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
N ACHWORT
Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012
Father, dear father,
You've done me great wrong,
Youve married me to a boy who is too young.
Im twice twelve and he is but fourteen,
Hes young, but he's daily growing ...
D ies sind die ersten Worte der Ballade The Trees They Grow So High - eine Ballade aus der Child-Sammlung, die mich zu meiner Geschichte rund um Gerlin und Dietrich inspiriert hat. Möglicherweise spielt der Text auf die Hochzeit zwischen Elizabeth Innes und dem jungen Lord Craighton im 17. Jahrhundert an, wahrscheinlich ist die Dichtung aber schon viel älter. Auf jeden Fall war es im Mittelalter und auch noch in der Neuzeit absolut nichts Ungewöhnliches, dass man Mädchen mit altersmäßig kaum passenden Männern vermählte. Bemerkenswert ist hier eher Elizabeth' (und Gerlins) anfängliches Aufbegehren - und natürlich die Tragik des frühen Todes des jungen Mannes, den seine zunächst widerstrebende Gattin dann doch liebgewann. Tatsächlich war Elizabeth mit ihrem vierzehnjährigen Bräutigam sogar noch relativ gut bedient. Mittelalterliche Heiratspolitik fand auch nichts dabei, etwa ein fünfzehnjähriges Mädchen auf einen erst achtjährigen verwöhnten Herrscherspross warten zu lassen.
Die verständnislose Rechtfertigung von Elizabeth' Vater - Daughter, dear daughter, I've done You no wrong, I've given You a lord to wait upon - spricht hier Bände. Der Stand und die Versorgung der Frau und ihrer späteren Kinder waren wichtiger als die Liebe - die überhaupt erst im 12. Jahrhundert durch das Aufkommen der Minnehöfe, des Frauendienstes und der Troubadoure zum Thema wurde.
Eine der ersten Grandes Dames, die solche Minnehöfe führten, war im Übrigen Eleonore von Aquitanien (Aliénor gerufen). Die Initiative dieser hochgeborenen, meist in mehreren Ehen erfahrenen Frauen entsprang dem verzweifelten Wunsch, den mittelalterlichen Ritter zum Ehrenmann zu erziehen. Die Minneherrinnen bemühten sich um die Durchsetzung eines Tugendkanons, der ihre Männer auf höfliches Verhalten, Körperpflege, Großzügigkeit und Maßhalten in jeder Beziehung einschwor. Die Zivilisierung des Ritters war übrigens auch Hauptanliegen der höfischen Dichtung, wie etwa der in diesem Buch häufig erwähnten Artus-Romane. Schon das zeigt, dass sie nicht nur für die Damenwelt existenziell wichtig war, sondern für die gesamte mittelalterliche Gesellschaft vom Bauern bis zum König.
Der adlige Panzerreiter des 12. bis 14. Jahrhunderts war eine hochspezialisierte Kampfmaschine. Seine gesamte Erziehung, sein Denken und Trachten zielte auf Aggression. Das war hilfreich, wenn jemand Schutz brauchte, aber niemand schützte die Gesellschaft vor Rittern, die ihre Macht missbrauchten. Die Hilflosigkeit meiner Lauensteiner gegenüber dem zu allem entschlossenen Roland ist hier ein typisches Beispiel: Die Bauern konnten sich vor dessen Übergriffen nur zu ihrem Burgherrn flüchten, und wenn der nicht das Geld und das militärische Potenzial hatte, um eine Fehde erfolgreich zu führen, so half ihnen das auch nichts.
Natürlich konnte der Geschädigte die
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