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Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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gekümmert, dass den Damen jeder Luxus zur Verfügung stand. Während die Ritter sich lachend im Fluss balgten, genossen die Frauen Dampf- und Zuberbäder. Eleonores Hofdamen spülten Gerlins Haar mit Eiweiß, wuschen, bürsteten und flochten es und steckten es schließlich zu einer so komplizierten Flechtfrisur zusammen, dass man an ihrem Haar kaum erkennen konnte, ob hier eine schon mal verheiratete Frau eine zweite Ehe einging oder eine Jungfrau zum ersten Mal die Eide schwor. Gerlin hätte die züchtige, sehr schlichte Tracht einer Witwe bevorzugt - schon um Dietrich noch einmal die Ehre zu erweisen, aber die Königin schüttelte nur den Kopf.
    »Ach was, Dietrich! Den habt Ihr doch längst vergessen! Trauer tragen wollt Ihr um Euren Hebräer. Aber das zählt jetzt alles nichts, meine Kleine, heute beginnt ein neues Leben, und Ihr werdet es nicht angehen wie eine traurige Krähe. Hier: Tragt dieses lichtblaue Kleid, und jammert nicht, weil der Ausschnitt so groß ist, so ist die Mode gerade. Ich hätt's damals gern getragen, als ich noch so jung war wie Ihr. Heute verbietet es leider mein Alter.«
    Die Königin pflegte sich zwar in wertvolle Stoffe zu kleiden und auch leuchtende Farben, Goldfäden und Edelsteinbesatz nicht zu scheuen, aber extravagante Schnitte behielt sie sich jetzt doch für ihre Mädchen vor. Den Ausschnitt des für Gerlin bestimmten Kleides - es war fast weiß und schimmerte nur im Licht der Kerzen leicht ins Bläuliche - zierten dunkelblaue Schmucksteine, ebenso die Ärmel, die nach neuester Mode so lang waren, dass sie über die Hände hinausreichten. Ein breiter, tief getragener Gürtel, bestickt mit Gold und Edelsteinen, betonte Gerlins schlanke Taille, der Saum des Kleides berührte den Boden.
    »Jetzt noch ein hübscher Schleier - nein, Kind, kein strenges Gebende, da sieht man Euer schönes Haar ja gar nicht. Etwas Leichtes, Durchscheinendes ... o ja, Seide ... Seide aus dem Orient ... was gab es schöne Stoffe, da im Heiligen Land. Zu schade, dass wir immer nur Krieg führten. Wunderschön, Kleines, wartet, das Schapel fehlt noch ... doch, doch, keine Widerrede, so wertvoll ist das gar nicht, Ihr wisst ja, Englands ganzes Gold ist in die Kassen dieses Kaisers Heinrich gewandert.«
    Die Herrin Aliénor zwinkerte ihrer ehemaligen Ziehtochter verschwörerisch zu und platzierte einen goldenen Haarreif auf ihrem Schleier. Ein bisschen von Englands Schätzen hatte sie wohl noch zurückbehalten, zumindest genug, um sich und ihre Mädchen zu schmücken.
    Jetzt jedenfalls blickte sie stolz und wohlgefällig auf die wunderschöne junge Frau, der nur noch ein bräutliches Lächeln fehlte, um das Bild vollkommen zu machen. Aber Gerlin schaffte es nicht, einen auch nur halbwegs glücklichen Ausdruck auf ihr Gesicht zu zwingen. Wann immer sie aufsah und sich an ihrer neuen Burg und ihrem schönen Ritter freuen wollte, drängten sich ihr die Bilder ihrer ersten Hochzeit auf. Dietrichs eifriges junges Gesicht - aber auch Florís und Salomon, die sich beide zu oft die Becher gefüllt hatten in dieser Nacht und deren Blicke das Brautpaar voller unterdrückter Neidgefühle verfolgten, obwohl Dietrichs Hochzeit sie doch ans Ziel ihrer Bemühungen geführt hatte. Rolands böser, ränkeschmiedender Ausdruck ... die kalten Augen Luitgarts ...
    Florís gab es schließlich auf, seine Braut aufheitern zu wollen, und saß schweigend neben ihr - bis der König die Tafel aufhob, sich launig erhob und mit lauter Stimme die Neuvergabe des Lehens Loches an den Ritter Florís de Trillon verkündete.
    »Wobei eigenes Land für die meisten jungen Ritter ja eigentlich nur Bedingung zur Erfüllung ihrer wahren Wünsche ist«, scherzte der König. »Hegen sie doch alle den Traum, sich ein Weib zu erwählen und auf die eigene Feste heimzuführen. Monseigneur de Trillon hat keine Zeit verstreichen lassen. Er kämpfte und siegte für seine Dame, Gerlindis von Ornemünde. Und heute hat er ihre Hand und ihr Herz endgültig gewonnen. Meine Herren Ritter, mögt Ihr einen Kreis bilden? Herr Florís und Frau Gerlin werden sich jetzt Eide schwören.«
    Florís griff nach Gerlins eiskalter Hand. »Wir müssen es nicht tun, wenn du es nicht willst«, sagte er leise.
    Gerlin schüttelte den Kopf. Gefasst trat sie an seiner Hand in den Kreis der Ritter. »Mit diesem Kuss nehme ich dich zur Frau ...«
    Gerlin erinnerte sich noch genau an Dietrichs trockene, warme Lippen, die ihre schüchtern berührten. Wenn sie irgendwann von einer

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