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Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Miriam gleich darauf brachte.
    »Du siehst glücklich aus«, behauptete sie, als ob Gerlins Augen nicht noch vom gestrigen Weinen gerötet gewesen wären. »Ein bisschen übernächtigt vielleicht, aber ...« Sie zwinkerte.
    Gerlin lächelte ihr zu. Vielleicht bemerkte Miriam ja wirklich nichts. Zumindest sie war überschäumend glücklich. In der vergangenen Nacht hatte sie mit Abram auf dem Turm von Loches in die Sterne gesehen und ihm lachend ein Horoskop erstellt. Sie würden lange und glücklich leben. Allerdings planten sie, an diesem Tag noch aufzubrechen. Tatsächlich nicht nach Norden, zurück in die deutschen Lande, sondern in den Süden, nach Hispanien und vielleicht darüber hinaus. Ihr Leben würde noch eine längere Zeit hindurch ein Abenteuer sein, aber andererseits: Das Leben der Juden war immer gefährdet. Und vielleicht kamen sie am Ende wirklich an einen Ort, in dem niemand erschlagen oder verbrannt wurde, nur weil er den Glauben seiner Väter nicht leugnen wollte.
    Gerlin war bereit, die Entscheidung über die Wahrheit eines Glaubens auf die Zeit nach dem Tod zu vertagen. Sie wünschte ihren Freunden alles Glück der Welt.
    Auch Richard Löwenherz und sein Heer würden an diesem Tag weiterziehen. Schließlich warteten viele weitere Städte und Burgen auf ihre Rückeroberung. Allerdings trafen sich die Ritter noch zum Hochamt in Saint-Ours, der zur Festung gehörenden Kirche.
    »Passt nur auf, der Bau ist vor ein paar Jahren schon mal eingestürzt«, warnte Abram mit Blick auf das Gotteshaus. »Ich wäre da lieber vorsichtig ... Allerdings hätte ich ein sehr preiswertes Amulett mit einem Fetzen vom Gewand des heiligen Pontianus. Es schützt zuverlässig gegen Erdbeben ...«
    Gerlin musste lachen. »Wer ist eigentlich der Schutzpatron der Schwindler, Abram? Dem solltest du irgendwann eine Kerze stiften!«
    Die Kirche stürzte an diesem Tag natürlich nicht ein, aber Gerlin dachte während der gesamten Messe darüber nach, wie sehr sich Dietrich und Salomon an ihrer außergewöhnlichen Architektur ergötzt hätten. Nach dem Einsturz des ersten Daches hatte man sicherheitshalber zwei achtseitige Gewölbe errichtet, die ohne zusätzliche Stützkonstruktionen auskamen. Unter einem von ihnen segnete der Priester nun Gerlins und Florís' Ehe. Sie hielten einander dabei an den Händen, und Florís bemerkte aufatmend, dass Gerlins Finger diesmal nicht eiskalt waren wie am Tag zuvor und dass sie sich um die seinen schlossen, statt nur reglos in seiner Hand zu liegen. Aber an diesem Ort erinnerte ja auch nichts an die Segnung ihrer Ehe mit Dietmar auf Lauenstein. Es war warm, und der Priester war kein verkaterter Bischof, sondern ein freundlicher Mann, der die neuen Burgherren aus vollem Herzen in Loches willkommen hieß.
    »Möge Eure Verbindung mit vielen Kindern gesegnet sein!«, wünschte er ihnen am Schluss.
    König Richard zwinkerte Gerlin beim Hinausgehen zu. »Zahlreich wie die Sterne am Himmel«, bemerkte er lächelnd.
    Nachdem sie den König und seine Mutter endlich verabschiedet und auch Abram und Miriam ihren Planwagen durch das Tor der Festung gelenkt hatten, führte Florís seine junge Frau durch ihr neues Herrschaftsgebiet. Er hatte die Burg schließlich mit dem König erforscht, während Gerlin bislang nur die Bäder kannte. Aber jetzt konzentrierte er sich nicht auf Geheimgänge und Wehranlagen, sondern stieg mit ihr auf die Mauern und Türme, um ihr das Lehen in seiner vollen Schönheit zu zeigen. Gerlin bestaunte begeistert das Felsplateau, auf dem Kirche und Burg standen. Sie genoss den weiten Blick über den geschäftigen kleinen Ort, den träge dahinfließenden Indre, an dessen linkem Ufer sich die Siedlung erstreckte. Die Felder und Weinberge um Loches herum hatten unter den Belagerungen gelitten - Florís würde den Bauern die Abgaben für mindestens ein Jahr erlassen müssen. Aber im nächsten Frühling würde man hier wieder säen und ernten.
    Gerlin wandte sich strahlend zu ihrem Gatten um. »Es ist wunderschön«, flüsterte sie. »Dietmar ...«
    Florís schüttelte den Kopf. »Es wird nicht Dietmar gehören«, sagte er entschieden. »Es sei denn, das Eis wird niemals schmelzen und wir werden keine Söhne haben. Dann werden wir in einigen Jahren noch einmal mit König Richard reden müssen. Aber so Gott will, wirst du mich irgendwann wieder lieben und mir Erben für Loches schenken. Dies ist ein wunderschönes Land, Gerlin, und wenn wir es klug verwalten, wird es uns in den

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