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Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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einem Knappen kurz vor der Schwertleite erwartete man, dass er sein Pferd beherrschte. »... Und es rannte genau in den Kessel«, führte Rüdiger weiter aus. »Dort muss er es wohl angehalten haben. Aber dann griff ihn ein Keiler an ...«
    »Der Herr Dietrich hat mit einem Keiler gekämpft? Allein?« Gerlin war entsetzt. Einem erregten Wildschwein Auge in Auge gegenüberzustehen war schon für einen erwachsenen Mann gefährlich. Die Jäger blieben im Allgemeinen zusammen und erlegten die Tiere mit mehreren Speeren. Außerdem hatten sie Jagdhunde, die das Wild zusätzlich angriffen und von den Menschen ablenkten.
    »Eben nicht, deshalb lachen die Jungen ja auch über ihn. Wenn er das Tier selbst erlegt hätte, wäre das ja sehr tapfer gewesen. Aber er hat sich wohl versteckt oder noch nicht mal, ich weiß nicht. Und den Keiler hat dann ein Pferdehirt erledigt. Mit einer Axt. Irgend so was. Und zu guter Letzt hat auch noch sein Pferd gelahmt, und er musste nach Hause laufen. Ich hab Dietrich lieber nicht gefragt, wie es genau war.«
    Gerlin nickte. »Das war sicher klug von dir«, seufzte sie. »Schneide das Thema auch weiterhin nicht an.«
    Sie selbst war allerdings entschlossen, die näheren Umstände sehr bald in Erfahrung zu bringen. Dietrich war nicht nur in einer peinlichen, sondern äußerst lebensbedrohlichen Situation gewesen. Florís musste das erfahren!
    »Und jetzt geh und tjoste den Herrn Theobald vom Pferd!«, wies Gerlin ihren Bruder an. »Möglichst mehr als einmal, eine größere Freude kannst du Herrn Dietrich heute sicher kaum machen. Und das nächste Mal denkst du genauer nach, womit du jemanden ›aufheiterst‹. Diesmal ist es ja gut gegangen, aber nicht auszudenken, wenn Frau Luitgart Dietrich in meinen Gemächern vorgefunden hätte!«
    Gerlin kleidete sich rasch vollständig an und warf einen Mantel über, bevor sie ihrem Bruder auf den Burghof folgte. Die Anlagen auf dem Hügel waren weitläufig, die Übungsbahn für die Knappen befand sich innerhalb der Mauern. Gerlin sah, wie zwei voll gerüstete Jungen, die Lanzen noch etwas linkisch eingelegt, aufeinander zuritten und versuchten, sich gegenseitig vom Pferd zu stoßen. Florís de Trillon saß daneben auf seinem Schimmel und beaufsichtigte die Wehrübungen.
    Nachdem der erste Lauf ergebnislos blieb - nur einer der Knaben wäre fast heruntergefallen, als sein Pferd dem des anderen auswich -, rief er die Jungen zu sich und gab dem einen den Rat, die Lanze etwas weiter vorn zu fassen, dem anderen, sie tiefer einzulegen. Offenbar war er ein guter Lehrer. Beim zweiten Versuch landeten beide einen Treffer, auch wenn keiner den anderen aus dem Sattel brachte. Gerlin schaute nach ihrem Bruder und Dietrich aus und erkannte Rüdiger auf dem Abreiteplatz an Pferd und Rüstung. Der Junge hatte seinen großen Braunen gut im Griff, während Dietrich, das Visier seiner Rüstung noch nicht geschlossen, mit einem noch größeren, sehr ungebärdigen Schecken kämpfte. Ob dies das Pferd war, das am Tag zuvor mit ihm durchgegangen war? Der Junge handhabte den Hengst allerdings nicht ungeschickt und schien auch bereit, Ratschläge anzunehmen.
    Gerlin beobachtete, wie sich der alte Ritter Adalbert zu den Knaben gesellte und Dietrich ein paar freundliche Hinweise gab. Der Junge lauschte aufmerksam, versuchte, das Gesagte umzusetzen und hatte den Hengst vollständig unter Kontrolle, als er schließlich mit dem Tjost an der Reihe war. Herr Adalbert winkte Gerlin, und Dietrichs Augen leuchteten auf, als er sie am Rand der Reitbahn entdeckte. Er gab allerdings kein Anzeichen des Erkennens von sich. Dafür ritt er umso schneidiger an, als Florís ihn schließlich zum Waffengang in die Schranken rief. Er ritt gegen einen anderen, ähnlich schlaksigen Gegner an - Gerlin meinte, den jungen Herrn Friedhelm zu erkennen, der ihre Eskorte begleitet hatte. Also musste auch Herr Leon mit ihrer Aussteuer schon eingetroffen sein. Und tatsächlich sah sie jetzt den Ritter etwas abseits der Bahn auf seinem Rappen. Er beobachtete die Übung der Knappen.
    Dietrich hatte Glück. Sein Gegner schien völlig überrascht von dem Schwung, mit dem er anritt, und wurde gleich beim ersten Versuch aus dem Sattel gehoben. Florís lobte seinen erfolgreichen Schüler und vergewisserte sich, dass Friedhelm nichts passiert war. Dietrich versprach ihm sofort eine Revanche - aber jetzt wurde die Aufmerksamkeit der Knappen und ihrer Ausbilder von zwei Reitern abgelenkt, die eben das Burgtor

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