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Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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»Es macht mir nichts aus, wenn Herr Leon dabei ist«, sagte er, obwohl er nicht so fühlte. Aber im Grunde war es egal, in ein paar Stunden würde sowieso die ganze Burg darüber reden. »Und Herr Leon weiß ja auch, dass ... Seht, Herr Roland, ich hadere mit meiner Ehre als Ritter. Ich soll übermorgen meine Schwertleite feiern, aber ich weiß, es ist zu früh!«
    Die beiden Ritter runzelten die Stirn. Rüdiger hatte plötzlich ihre volle Aufmerksamkeit. Bestimmt hatten sie nie gehört, dass ein Knappe den Zeitpunkt seiner Schwertleite für zu früh hielt, im Allgemeinen brannten die Knaben darauf, endlich zum Ritter geschlagen zu werden.
    »Du willst nicht geweiht werden?«, fragte Leon verwirrt.
    Rüdiger senkte den Kopf. »Ihr wisst doch nur zu gut, Herr Leon, dass ich von der Vollkommenheit weit entfernt bin. Es gibt so viel, was ich noch lernen muss, um wirklich im Kampf zu bestehen.«
    »Du hast Sorge, dass du als Fahrender nicht lange überlebst?«, fasste Roland kurz zusammen. Tatsächlich ließen viele junge Ritter schon ihr Leben in den ersten Kämpfen, denen sie sich stellten. Im Umgang mit echten Waffen hatten sie wenig Erfahrung, und wenn sie nicht erst im Turnier kämpften, sondern sich zum Beispiel gleich als Eskorte für eine Wagenkolonne anheuern ließen ... Mitunter fielen sie mit der verwirrenden Erkenntnis, dass Wegelagerer sich nicht an ritterliche Kampftechniken hielten. »Aber du bist doch der Erbe von Falkenberg, nicht? Warum gehst du nicht einfach nach Hause und übernimmst deine Burg?« Roland duzte den Jungen jetzt ganz ungeniert.
    Rüdiger blickte weiter zu Boden. »Herr Roland, viele vertreten die Meinung, dass ... also, dass es bei einem künftigen Lehnsherrn nicht zählt, ob er sich im Kampf auszeichnet oder nicht. Ich habe sogar Ritter sagen hören, es sei wichtiger, sich im Lesen und Schreiben und anderen Künsten zu vervollkommnen, die eher Pfaffen und Weibern geläufig sind. Aber ich dachte, dass gerade Ihr, Herr Roland, anderer Ansicht seid ...«
    Leon von Gingst nickte. »Du zeigst wahren, ritterlichen Geist!«, lobte er. »Meine Erziehung war also nicht verschwendet!«
    »Und was gedenkst du nun zu tun?«, fragte Roland von Ornemünde ungeduldig. »Wenn Herr Florís deine Ausbildung als abgeschlossen erklärt, aber du lehnst die Schwertleite ab?«
    Rüdiger zwang sich, dem Ritter in die Augen zu sehen. »Herr, in alter Zeit ... in alter Zeit vervollkommneten sich Knappen im Dienst bei einem großen Ritter. Von seinem Beispiel lernten sie, ihm eiferten sie nach. Wenn ich Euch, Herr Roland, ein Jahr dienen dürfte ...«
    »Du willst mein Pferd satteln, meine Rüstung polieren, mir meine Waffen hinterhertragen?«, fragte Roland verblüfft.
    Rüdiger nickte. »Wenn Ihr mich nicht für würdig erachtet ...« Er tat, als wollte er sich abwenden.
    Roland warf Leon einen anerkennenden Blick zu. »Potz Blitz, Herr Leon, diesen Knappen habt Ihr trefflich erzogen! Aber was wird Eure Schwester dazu sagen, Herr Rüdiger? Habt Ihr dem Fräulein Gerlin diesen Plan schon unterbreitet?«
    Rüdiger warf hochmütig den Kopf zurück. »Ich stehe nicht unter der Munt meiner Schwester, Herr Ritter! Fräulein Gerlin ist nicht meine Herrin, und sie ist nicht Hüterin meines Gewissens. Also werdet Ihr mich als Schüler annehmen, Herr Roland?«
    Bei den letzten Worten ließ er sich auf ein Knie nieder.
    Roland von Ornemünde warf seinem strahlenden Freund Leon noch einen verwirrten Blick zu. Dann half er Rüdiger auf.
    »Es ist mir eine Ehre, Knappe. Und von mir aus kannst du gleich anfangen. Fang den Hengst ein und sattle ihn auf. Und mach auch ein Pferd für dich fertig, wir werden sehen, was du bislang im Tjost leistest. Kein fauler Lenz mehr, Herr Rüdiger! Mein Knappe wird in einem Jahr das Turnier gewinnen, das zu seiner Schwertleite veranstaltet wird!«
    Rüdiger hielt sich an diesem und dem letzten Tag vor Dietrichs Fest vor Gerlin verborgen und verschwand auch rechtzeitig, als die Knappen sich am Abend vor der Schwertleite weiß gekleidet in die Kirche begaben, um dort mit ihren Schwertern zu wachen.
    Gerlin vermisste ihn beim Gottesdienst, nahm allerdings an, ihn in der Menge der weiß gewandeten Jungen einfach nicht zu finden. Schließlich saß sie bei den Frauen und bemühte sich um Freundlichkeit Frau Luitgart gegenüber, während die Knappen sich vor dem Altar drängten. Und im Grunde hatte sie sowieso nur Augen für Dietrich, der an diesem Abend so schön und edel wirkte, wie ein junger

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