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Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis Der Pilgerin: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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den Kerl zu fordern!«, zischte in dem Moment Herr Salomon - ihn hatte Roland ebenfalls geladen, ausdrücklich und zweifellos, um sich auch an seinem Entsetzen zu weiden. »Das Letzte, was wir hier brauchen, ist eine offene Fehde!«
    »Wenn ich den Kerl zum Kampf mit scharfen Waffen fordere, hat sich die Fehde bald erledigt!«, wütete Florís, ebenfalls mit gedämpfter Stimme. »Dann ist der Herr Roland auf Lauenstein Vergangenheit.«
    »Oder der Herr Florís!«, fuhr Gerlin ihn an. Ihre Stimme klang ungewollt schrill. Die Angst um Florís überlagerte fast die Sorge um Dietrich. »Ihr seid ihm zwar ebenbürtig im Rang, aber er ist es Euch auch in der Kampfkunst. Ihr könntet unterliegen. Und dann?«
    Florís rang um Fassung.
    Inzwischen erhob sich Dietrich. »Ich danke Euch über die Maßen für die Ehre, Herr Roland«, sagte er ruhig, »und ich hoffe, mich ihrer würdig zu erweisen.« Der Knappe verbeugte sich artig. Wieder einmal bewies er Haltung.
    Gerlin dagegen zog sich bald zurück. Sie war zutiefst beunruhigt - und erfüllt von Schuldgefühlen. Der Schaukampf war ihr Einfall gewesen. Wenn Roland den Jungen jetzt tötete ...
    »Ach was, er kann es sich doch gar nicht leisten, seinen Neffen vor dem versammelten Hof und hunderten von Gästen umzubringen!« Salomon wanderte erregt in Gerlins Kemenate auf und ab. An diesem Abend scherten sich die Männer nicht um höfisches Zeremoniell, sondern hatten sich dort eingefunden, um die neue Lage zu besprechen. Dietrich war nicht bei ihnen, dafür drückte sich Rüdiger im Gemach seiner Schwester herum und folgte fasziniert den Überlegungen von Dietrichs Ratgebern. »Wie sieht denn das aus, wenn Herr Roland seinem Verwandten in einem Schaukampf den Garaus macht?«
    »Wie ein Unfall!«, bemerkte Florís und raufte sein blondes Haar. Wenn er ratlos war, wirkte er jünger und knabenhafter. Gerlin fand diese zur Schau getragene Hilflosigkeit oft entzückend, aber jetzt hätte sie ihn lieber selbstsicher und wehrhaft gesehen. Ebenso wie sie sich Herrn Salomon wieder ruhig und gelassen gewünscht hätte und nicht derart aufgebracht wie an diesem Abend. »Der gute Herr Roland wird untröstlich sein, die Sache umgehend dem Kaiser vortragen, nachdem er sich ein paar Tage in einem Kloster ausgeweint hat, und sich dann als ›Wergeld‹ anbieten: Er hat Lauenstein den Erben genommen, aber er stellt sich selbst als Ersatz. Er wird die Witwe des alten Burgherrn freien - oder gern auch Euch, Gerlin, das ist ihm wahrscheinlich ganz gleichgültig! - und das Lehen in seligem Angedenken an Dietrich von Lauenstein weiterführen. Aus seiner Sicht die ideale Lösung.«
    »Und der Kaiser würde das mitmachen?«, fragte Gerlin entsetzt.
    »Der Kaiser ist vorerst auf dem Weg ins Heilige Land«, meinte Florís. »Da hat er andere Sorgen ...«
    »Und ansonsten interessieren einen Herrscher vor allem zwei Dinge«, fügte Salomon hinzu. »Erstens: Wird das Lehen gut verwaltet und verteidigt? Zweitens: Kommt der Lehnsmann seinen Lehnspflichten nach? Beides ist bei Lauenstein gegeben, egal unter welchem Herrn. Roland und Luitgart müssten schon sehr verschwenderisch wirtschaften, um das Lehen zugrunde zu richten, und als so dumm schätze ich sie nicht ein. Der Kaiser hat den Namen Dietrich von Lauenstein wahrscheinlich nie gehört, und ob der dort herrschende Ornemünder Roland oder Karl oder Friedrich heißt, ist ihm völlig gleichgültig.«
    Gerlin seufzte. »Also, was können wir tun?«, fragte sie leise.
    Florís rang die Hände. »Nichts. Außer Dietrich so gut wie möglich vorbereiten. Von jetzt an keine Lateinstunden mehr, Herr Salomon, sondern Unterricht im Schwertkampf. Mit dem Schwerpunkt auf Verteidigung. Ewig kann so ein Schaukampf ja nicht dauern. Wenn Dietrich eine Viertelstunde standhält, kann der Herold den Streit abbrechen. Fragt sich nur, ob ich Dietrich dafür gewinnen kann - er will doch sicher auch Angriffsversuche zeigen.«
    »Könnt Ihr ihn nicht dazu gewinnen, schon beim Abreiten vom Pferd zu fallen, Fräulein Gerlin?«, fragte Salomon müde. »Vielleicht ein kleiner Schlagabtausch mit einem anderen Knappen, zum Warmwerden, und dann trifft ihn ein unglücklicher Schlag, und er hat sich leider, leider den Schwertarm verstaucht?«
    Gerlin schüttelte den Kopf. »Das wird er nicht mal mir zuliebe tun«, sagte sie leise. »Dafür, meine Herren, habt Ihr ihm die ritterlichen Tugenden zu sehr nahegebracht!«
    Die drei trennten sich in gedrückter Stimmung, und niemand achtete

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