Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Puppe

Das Geheimnis der Puppe

Titel: Das Geheimnis der Puppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
Vom Netzwerk:
hinunter zu einer kleinen Boutique. In diesem Geschäft hatte Laura bereits das helle Kleidchen gekauft. Und offensichtlich hatte sie sich dabei längere Zeit mit der Verkäuferin unterhalten. Man erkannte sie auf Anhieb wieder, grüßte überschwenglich und legte, nachdem Laura ihre Wünsche vorgebracht hatte, ein paar wirklich niedliche Stücke vor. Ich weiß nicht warum, aber Kinderkleidung wirkt auf mich irgendwie rührend. Bei jedem Teil konnte ich mir lebhaft vorstellen, wie es an unserer kleinen Freundin aussehen würde. Und ich hatte plötzlich ebenso wie Laura das dringende Bedürfnis, diesem Kind etwas Gutes zu tun. Wir verließen die Boutique schließlich mit zwei vollgepackten Tüten, hatten eingekauft, als gehöre das Kind bereits zu unserem Haushalt. Drei Garnituren Unterwäsche, drei Paar weiße Söckchen, drei Paar Kniestrümpfe, mehrere T-Shirts, zwei Trägerröckchen, zwei Shorts und für kühlere Tage einen Pullover und eine winzige Jeanshose. Laura wollte sich auch noch nach Schuhen umsehen, aber wirklich nur umsehen.
    »Um Schuhe zu kaufen, muß ich sie mitnehmen«, erklärte sei. Wir brachten die Tüten zum Wagen, machten anschließend noch Einkäufe im Supermarkt. Es war nach sechs, als wir uns auf den Heimweg machten. Ich fuhr den Wagen gleich in die Garage. Das Tor hatte ich bei unserer Abfahrt offengelassen, die Verbindungstür zum Keller allerdings abgeschlossen. Laura nahm die Tüten und ich den Karton mit den Lebensmitteln. Während ich noch das Garagentor schloß, ging Laura schon vor. Dann hörte ich diesen Überraschungsschrei:»Ja, Mäuschen, wie bist du denn hereingekommen.«
    Gleich darauf fassungslos:»Du lieber Himmel, wo hast du dich denn herumgetrieben? Hoffentlich bekomme ich das wieder sauber.«
    Die Frage nach dem Hereinkommen klärte sich rasch. Das Fenster in Lauras Zimmer war wie üblich geöffnet. Das Kind saß auf dem Bett, die Puppe im Arm, den Daumen im Mund und das helle Kleidchen völlig verdreckt. Und gerade dieser Schmutz machte die Kleine in meinen Augen so liebenswert. Er war so natürlich und normal. Als ich auf dem Weg in die Küche an der Tür vorbeiging, hockte Laura auf dem Boden, zupfte mit resigniertem Gesichtsausdruck am Saum des Kleides. Dann lächelte sie, und ich hörte sie sagen:»Ein Glück, daß wir Ersatz herbeigeschafft haben.«
    Ein Verdacht? Nein, ich kann nicht behaupten, daß mir zu irgendeiner Zeit ein Verdacht gekommen ist. Es mag Leute geben, die aus einer Anhäufung von Merkwürdigkeiten und den Informationen, die wir bis dahin zusammengetragen hatten, den richtigen Schluß gezogen hätten. Ich gehöre nicht dazu. Dafür wußte ich zu gut, daß solche Geschichten ausschließlich der Phantasie entspringen, normalerweise jedenfalls. Und mehr wollte ich nicht darüber wissen. Darüber hinaus sah ich keine Merkwürdigkeiten. Ich sah nur ein Kind. Und ich hörte, wie über ein Kind gesprochen wurde. Eine Verbindung sah ich nicht. Ein Kind, vor dreißig Jahren in einem finsteren Winkel eingesperrt, verhungert, verdurstet, alleingelassen, solch ein Kind kann nicht überleben. Wie denn auch? Aber es lebte. Es lief nicht unbedingt munter und quietschfidel durch unseren Garten und unser Haus, aber es lief. Es saß mit uns am Tisch, es schlief in Lauras Bett, es hüpfte vor der Terrasse herum, spielte mit Danny am Teich. In den letzten Tagen, die es bei uns war, kam es sogar zu mir, stand am Fenster in meinem Arbeitszimmer und wartete dort, bis Laura zurückkam. Ich habe es auf meinem Arm gehalten. Laura hat es ausgezogen, gebadet, wieder angezogen. Laura hat es gefüttert, Laura hat es geliebt. Laura brachte ihm bei, ein paar Worte zu sprechen. Laura gab ihm sogar einen Namen. Anna! Ich bin mir nicht sicher, wann Laura begriffen hat, wer das kleine Mädchen war. Früher als ich, das steht fest. Und als sie es begriff, kämpfte sie mit allen Mitteln darum, das Kind zu behalten. Mehr als das: ihm ein lebenswertes Dasein zu verschaffen, es zu entschädigen für alles, was man ihm vor langer Zeit versagt hatte. Während ich die Lebensmittel in die Küche trug, räumte Laura die beiden Tüten aus, verteilte unsere Einkäufe auf dem Bett.
    »Schau, Püppchen, das ist alles für dich. Ich mache eine kleine Prinzessin aus dir.«
    Sie zog dem Kind Sandalen und Söckchen aus, streifte ihm das Kleid über den Kopf. Jetzt saß es da in einer frischen, weißen Garnitur Unterwäsche auf dem Bett.
    »Und jetzt baden wir.«
    Laura nahm das Kind auf den Arm, küßte

Weitere Kostenlose Bücher