Das Geheimnis der Rose
Vorstellung von Der Widerspenstigen Zähmung am Freitag ausgezeichnet.
Wie Logan verlangt hatte, warf sich Julia mit ihrer ganzen Energie in die ungewöhnliche Aufführung. Bei früheren Inszenierungen war die Geschichte immer verwässert worden, so dass sie eher einer Salonkomödie glich, aus der der derbe Humor vollkommen verschwunden war. Logan Scott hatte das alles wieder eingesetzt und zusätzlich eine kräftige Körperlichkeit eingebaut, die das Publikum gleichzeitig überraschte und begeisterte. Es war ein lebendiges, kraftvolles Stück, und einige Kritiker heulten auf vor Missfallen, andere vor Entzücken.
Logan spielte den flotten Petruchio zu Julias teuflischer Katherine, und das Publikum lachte schallend über ihre heftigen Streitereien und saß wie gebannt während der ruhigeren und zärtlichen Szenen. Unglücklicherweise war Julia am Ende der Aufführung erheblich zugerichtet.
Das Stück verlangte großen körperlichen Einsatz, darunter auch den Versuch Katherines, Petruchio anzugreifen, woraufhin er sie wie eine Puppe herumwirbelte. Trotz Logans Bemühungen, vorsichtig zu sein, überraschte es Julia nicht, blaue Flecken auf den Armen und am Körper zu finden.
Sie schob alle Bitten um Aufmerksamkeit beiseite, schloss die Tür zu ihrer Garderobe ab, wusch sich Schweiß und Farbe aus dem Gesicht und benutzte zwei Krüge Wasser, um sich gründlich zu waschen. Nachdem sie sich Parfüm auf den Hals, in die Ellbeugen und zwischen die Brüste getupft hatte, wandte sie ihre Aufmerksamkeit dem Kleid zu, das sie mitgebracht hatte. Wie Arlyss verlangt hatte, hatte sie sich für ihr Lieblingsabendkleid entschieden. Es war aus tiefschwarzer italienischer Seide gearbeitet, der Stoff glänzte und war fein gerippt. Die kurzen gerafften Ärmel waren jeweils mit einer Seidenrose in dunklem Rosa verziert. Der einzige weitere Schmuck des Kleides bestand in senkrechten rosafarbenen unterlegten Schlitzen am Saum des Kleides, die sich in bauschigen Bahnen rhythmisch öffneten und schlossen, wenn sie ging.
Nachdem Julia sich sorgfältig angezogen hatte, ließ sie den Verschluss am Rücken offen und betrachtete sich im Spiegel. Ein schwaches Lächeln lag auf ihrem Gesicht. Einerlei, wie sie sich fühlte, es war gut zu wissen, dass sie ausgezeichnet aussah. Die schwarze, Seide bildete einen dramatischen Kontrast zu ihrer blassen Haut und den aschblonden Haaren, während das Rosa die Farbe ihrer Wangen wiederholte.
»Mrs. Wentworth«, erklang die Stimme ihres Mädchens durch die Tür. »Darf ich hereinkommen und nach Ihnen sehen?«
Julia schloss die Tür auf, um das pummelige dunkelhaarige Mädchen hereinzulassen. Betsy war eine tüchtige Dienerin, kümmerte sich um ihre Kostüme, hielt die Garderobe in Ordnung und half ihr bei vielen kleinen Aufgaben. »Schließt du mir bitte das Kleid?«
»Ja, Mrs. Wentworth. Ich habe noch ein paar Blumen mitgebracht.«
»Du kannst sie behalten, wenn du magst«, sagte Julia großmütig. Die Garderobe stand bereits voller Blumengebinde mit ihren übermäßig süßen Düften.
»Oh, aber diese sind so schön! Schauen Sie wenigstens einmal hin«, lockte Betsy und brachte den riesigen Strauß.
Julia stieß einen Freudenschrei aus, als sie die Fülle üppiger Rosen in allen Schattierungen von Hellrosa bis Dunkelrot und dazwischen exotische Orchideen und lange Ähren von lebhaft rotem und weißem Rittersporn sah.
»Wer hat sie geschickt?« fragte sie.
Betsy las die Karte. »›Savage‹ steht drauf.«
Sie kamen also von Lord Savage. Julia zog eine der rosafarbenen Rosen aus dem Strauß. Sie spielte mit den Blütenblättern und nahm die Blume mit zu ihrer Frisierkommode. Während Betsy ihr das Kleid hinten schloss, schlang Julia ihre Haare geschickt zu einem lockeren dicken Knoten, den sie oben auf dem Kopf feststeckte. Ein paar Locken an den Schläfen und im Nacken ließ sie lose heraushängen. Nachdem sie einen Moment gezögert hatte, brach Julia die Blüte ab, umwickelte das Ende mit einem Stück Papier und verankerte sie dann mit einer langen Nadel in ihrem Knoten.
»Das sieht hübsch aus«, sagte Betsy, brach eine weitere Blüte ab und steckte sie an Julias kleine schwarze Handtasche. »Er muss ein besonderer Mann sein, dass Sie sich so viel Mühe geben, Mrs. Wentworth.«
Julia zog ein paar elegante schwarze Handschuhe an, die ihre Ellbogen bedeckten. »Man könnte sagen, dass ich mein ganzes Leben auf ihn gewartet habe.«
»Wie großartig …«, begann Betsy. Sie hielt inne,
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