Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
Vorfahren. Das scheinen mir ein paar Zufälle zu viel zu sein.«
»Holzdorp liegt hinter dem Röckesberg. Aber ich habe noch nie etwas von einer Ketzersiedlung in der Nähe des Röckesberg gehört«, murmelte Matthias nachdenklich.
»Ich auch nicht, Liebknecht. Bisher ist mir auch nirgends ein Hinweis auf diese Siedlung aufgefallen. Aber es geht noch weiter! Als ich dann diesen in einer Art Geheimschrift geschriebenen Text entschlüsselt hatte, fand ich etwas Unheimliches. Nach Caesarius’ Tagebuch gab es dort in der Nähe seit den Zeiten der Merowinger Könige eine Kirche. Diese wurde 1220 unter mysteriösen Umständen zerstört. Mit ihr verschwand auch jene Ketzergemeinde. Caesarius schreibt weiter, dass sowohl Hinweise auf die Existenz der Kirche als auch der Menschen, die dort gelebt haben, aus allen Büchern getilgt wurden.«
Erschrocken blickte Matthias auf.
»Liebknecht, könnt Ihr mir das erklären?«, fragte Maurus
»Nein, gewiss nicht. Auf was in aller Welt seid Ihr da wieder gestoßen, van Leuven?«
»Ich weiß es auch nicht. Aber Eure Frage sollte lauten: Was um alles in der Welt ist damals geschehen, dass man eine Kirche und die Menschen, die dort lebten, aus dem Gedächtnis streicht als hätte es sie nie gegeben?«
Für einen Augenblick herrschte ein beklemmendes Schweigen. Liebknecht löste sich zuerst aus seiner Erstarrung.
»Für den Augenblick weiß ich nur eines: Ihr solltet mit Eurer Entdeckung vorsichtig sein und mit niemandem darüber sprechen. Es herrschen sehr gefährliche Zeiten, um nicht zu sagen tödliche.«
»Wie?« Maurus schluckte vernehmlich.
»Ich habe Euch noch nicht alles erzählt«, antwortete Matthias mit einem gezwungenen Lächeln. »Meine Reise nach Rom dient wohl auch zu meinem angeblichen Schutz, wie mir unser Churfürst versicherte. Es existieren angeblich Gerüchte, dass mein seliges Weib eine Hexe war. Was das bedeutet, brauche ich Euch ja wohl nicht zu erklären. Aber das heißt auch, dass man mein gesamtes Umfeld genauestens mit Argwohn beobachtet. Und das wiederum bedeutet, dass auch Ihr leider in Gefahr seid. Denn inzwischen weiß man ja, dass wir gewissermaßen zusammenarbeiten.«
Der Jesuit hatte schlagartig die Farbe gewechselt und die rosige Gesichtsfarbe gegen ein fahles Weiß eingetauscht.
»Aber das ist doch nicht wahr!«, stöhnte er vernehmlich. »Ich dachte, alle Gefahren seien überwunden. Was kommt denn jetzt schon wieder auf uns zu?«
»Die Gefahr ist eben noch nicht vorüber«, gab Matthias bitter zurück. »Ich glaube, das Spiel fängt jetzt erst richtig an. Ihr müsst auf der Hut sein. Versprecht mir das! Sorgt dafür, dass niemand Unbefugtes von den Dingen erfährt, die Ihr herausgefunden habt. Fertigt meinetwegen Abschriften aller Unterlagen an, die Ihr immer bei Euch tragt, und zwar von allem, was wichtig ist.«
»Aber warum?« Erstaunt sah Maurus in Matthias’ starres Gesicht. Liebknecht erwiderte Maurus’ Blick.
»Weil ich glaube, dass uns das noch von großem Nutzen sein wird.«
»Wenn Ihr meint, Liebknecht. Aber ich verstehe es trotzdem nicht.«
»Ihr werdet es noch verstehen, glaubt mir! Schneller als Ihr denkt!«
Einen Augenblick lang herrschte Schweigen, während sich Maurus im Geiste ausmalte, wie er Unholde verfolgte und selbst zum Gejagten wurde, was ihm eine Gänsehaut verursachte. Ihm fielen die Abenteuer der letzten Wochen und Monate wieder ein. Besonders die Sprengung einer Grabkammer in den Kellergewölben des Cassiusstiftes war ihm im Gedächtnis haften geblieben. Schließlich war dieser Anschlag der eigentliche Auslöser für den Auftrag des Kurfürsten an Liebknecht und ihn.
»Na schön, Liebknecht«, sagte er schließlich, »aber was ist mit der Sprengung der Grabkammer? Schließlich haben wir es dieser Sprengung zu verdanken, einen besonderen Auftrag unseres erlauchten Herrn erfüllen zu müssen.«
Matthias erhob sich und ging nachdenklich umher.
»Das hat nichts mit dem Vermächtnis zu tun. Ich glaube, das betrifft nur mich«, stellte er schließlich fest.
»Warum sollte das nur Euch betreffen? Der gesamte Keller hätte zusammenstürzen können!«
»Dafür war die Sprengung nicht stark genug. Denkt einmal nach! In der Kammer befanden sich drei Gräber. Zwei davon scheinen meine Vorfahren zu betreffen und das Dritte, tja das Dritte!« Liebknecht blieb abrupt stehen und sah Maurus wieder scharf an. »Ihr müsst versuchen, mehr über diese Gräber herauszufinden, besonders über dieses unbekannte dritte
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