Das Geheimnis der Rosenlinie - Esch, W: Geheimnis der Rosenlinie
Grab.« Matthias stutzte. »Sagt mal, hattet Ihr mir im Kerker nicht erzählt, Ihr hättet Zeichnungen von den Sarkophagen angefertigt?«
Maurus riss seine Augen weit auf und schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn.
»Aber ja, dass ich daran nicht gedacht habe!«
»Wo sind diese?«
»Die habe ich gut versteckt«, kicherte Maurus jetzt mit einem schelmischen Blick. »Wenn Ihr morgen Zeit habt, komme ich Euch in der Residenz besuchen.«
»Nicht in meinem Bureau, van Leuven. Das ist zu gefährlich. Ich hole Euch gegen Mittag zu einem Ausflug mit dem Wagen ab. Seid Ihr einverstanden?«
»Aber ja. Wo geht’s denn hin?«
»Lasst Euch überraschen! Und haltet die Pläne bereit!«
*
Am nächsten Morgen ritt Matthias nach Bonn, um seine Schwester Gerlinde zu besuchen. Das Haus, in dem Matthias’ Schwester mit ihrem Mann und ihren Kindern lebte, befand sich in der Pisternenstraße und trug den Namen Zur Godesburg. Unweit davon befand sich das Wirtshaus Zum blauen Elefanten. Der Straßenname leitete sich von dem lateinischen Wort Pistrina – Bäckerei ab, denn es gab auch zahlreiche Bäckereien in dieser Straße.
Matthias freute sich darauf, seinen Schwager, Sebastian Euskirchen, wiederzusehen, der kurz nach Ostern von einem Kriegszug mit spanischen Truppen heimgekehrt war. Leider hatten die Beiden wenig Gelegenheit sich auszutauschen, da Sebastian, ein hünenhafter Kerl mit Bärenkräften, als Offizier sofort mit den verschiedensten Berichten, die es zu fertigen galt, betraut war. Zudem ereilte ihn noch eine Order Ferdinands, einem Meldereiter zu folgen, der vom Sieg der kaiserlichen Truppen unter Wallenstein über die protestantische Armee des Grafen Peter Ernst von Mansfeld bei Dessau zu berichten hatte.
Warum sich der Churfürst dafür interessierte, war vielen unklar, aber Matthias konnte sich sehr wohl einen Reim darauf machen. Schließlich hatte Ferdinand es auch Mansfeld zu verdanken, dass er hier in dem ihm verhassten Rheinlanden auf dem Churfürstenthron saß. 1582 heiratete der damalige Churfürst Gebhard Truchsess von Waldburg die Gerresheimer Stiftsdame Agnes von Mansfeld, was den chur-cöllnischen Krieg zur Folge hatte und zunächst Ferdinands Onkel Ernst und schließlich ihn selbst zum Erzbischof von Cölln und Churfürst machte.
Die beiden Männer umarmten sich herzlich, hatten sie doch viele gemeinsame Abenteuer bestanden. Endlich fand man die Zeit, sich gegenseitig über die jüngsten Abenteuer zu berichten.
Gerlinde hatte Tee zubereitet, den sie in feinem, dünnem Porzellan servierte. Es war ihr ganzer Stolz, denn chinesisches Porzellan war sehr selten und gab es zumeist nur in sehr reichen, adligen Häusern. Immer wieder gerne erzählt Gerlinde ihren Gästen, wie sie in Besitz dieses wertvollen Geschirrs gelangte. Ihr Ehemann Sebastian eskortierte vor ein paar Jahren einen sehr einflussreichen holländischen Kaufmann, der gerade von einer Asienreise zurückgekehrt war und in Bonn Prinz Moritz von Nassau auf der Festung Pfaffenmütz besuchte. Er rettete ihm bei einem Überfall eines marodierenden Soldatenhaufens das Leben. Aus Dankbarkeit schenkte ihm der Kaufmann dieses Porzellan, das eigentlich den Tisch des Prinzen von Nassau zieren sollte.
»Dann hast du ja eine Menge erlebt, Matthias«, stellte Sebastian fest, als Matthias mit seinem Bericht endete.
»Du aber auch, Schwager. Deine Kriegserlebnisse sind nicht minder spannend.«
Sebastian winkte ab.
»Der Krieg ist etwas Schreckliches. Eigentlich gibt es keine Sieger, was bleibt, sind nur Besiegte und Verlierer. Verbrannte Felder, zerstörte Dörfer und Städte. Selbst vor Klöstern und Kirchen macht die Pestilenz des Krieges keinen Halt. Das Volk verliert immer! Was es nicht durch Zerstörung verliert, wird spätestens nach der Schlacht ein Raub der Soldateska. Plünderungen sind allenthalben erlaubt, da den Heerführern oft das Geld fehlt, um die vielen Söldner zu bezahlen. Das sind wahrhaft keine ehrenvollen Abenteuer. Da würde ich viel lieber mit dir irgendwelchen Dieben, Mördern oder sonstigen Halunken nachjagen, Matthias.«
»Aber auch das ist in diesen Tagen ein zweischneidiges Vergnügen. Wie ich dir erzählte, bin ich einigen Personae auf die Zehen getreten und habe mir ihren Unmut zugezogen. Darum hat mich unser durchlauchtigster Churfürst zum Sonderkurier ernannt«, erklärte Matthias mit bitterem Unterton in der Stimme.
»Soll das etwa heißen, du musst wieder fort?«, fragte Gerlinde entsetzt. Matthias
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