Das Geheimnis der Salzschwestern
überlegte, führte sie ihn hinaus, in die Dünen von Drake’s Beach, wo sie sich zwischen den Binsen verbargen, und dort kehrten sie geschützt vor Gottes richtendem Blick endlich zu den Ursprüngen der Erde zurück.
Ethan ließ sie auf den Sand sinken und beugte sich über sie, zögerte dann aber einen Moment mit flatternden Lidern, und Claire war klar, dass ihn ein Moment des Zweifelns überkam, als ob ihn körperlicher Schmerz durchfahren würde, aber sie griff zwischen seine Beine, und bald stand nicht mehr dieser fragende Ausdruck in seinen Augen, sondern glühende Leidenschaft. Sie lächelte und sah sich schon als Siegerin, doch in dieser Angelegenheit war sie ein wenig zu voreilig gewesen. Sie bekam, was sie sich schon lange gewünscht hatte, aber es war nicht das, was sie wirklich wollte.
»Vergib mir, Vater, denn ich habe gesündigt«, murmelte sie nach dem Liebesakt an Ethans Brust, er erwiderte jedoch nichts. »War das …? Ich meine, hast du je …?«
»Nein«, antwortete er knapp.
Sie kuschelte sich noch enger an ihn. Sie hatte mit dieser Antwort zwar gerechnet, sie schmerzte jedoch mehr als erwartet. »Tut mir leid«, flüsterte sie, wünschte aber augenblicklich, sie hätte sich nicht entschuldigt – denn in Wirklichkeit bedauerte sie das alles gar nicht. Gott mochte ein Anrecht auf Ethan haben, überlegte sie, aber hatte sie nicht schon vor langer, langer Zeit Anspruch auf ihn angemeldet? Sie war ein verlorener Stamm, der Ruf der Götzen in der Wildnis, eine zerfetzte Gebetsfahne in den Ruinen eines Tempels. Wusste Ethan das denn nicht?
Er rollte sich auf den Rücken und starrte in den Himmel. »Claire, was haben wir nur getan?«
Sie verzog das Gesicht. »Du wolltest das doch genauso sehr wie ich.«
Er schlug sich die Hand vors Gesicht. »Ich habe es aber nicht darauf angelegt.«
»Ändert das irgendwas?«
»Ich weiß es nicht. Ich habe noch nie eine so furchtbare Sünde begangen.« Er zögerte kurz. »Meine Vorgesetzten sind mit mir nicht besonders zufrieden.«
Verwirrt runzelte Claire die Stirn. »Aber ich dachte, du hättest gerade gesagt, dass du noch nie …«
»Jetzt sei doch nicht albern. Nicht deswegen. Wie sollten sie denn bereits von meiner jüngsten Verfehlung wissen? Nein, das liegt an anderen Zweifeln, die nichts mit dir zu tun haben. Aber du, Claire, du bist doch eine verheiratete Frau. Du gehörst zu Whit.«
Bei der Erwähnung von Whits Namen spürte Claire, wie ihre Lippen eisig kalt wurden, zu völliger Taubheit erstarrten.
»Er hat gestern bei mir vorbeigeschaut«, erklärte Ethan aus dem Blauen heraus, und Claire setzte sich alarmiert auf.
»Was?«
»Claire, er nennt dich immer noch seine Frau.«
Schweigend knirschte sie mit den Zähnen.
»Er hat mich gewarnt, ich soll mich von dir und deiner Schwester fernhalten. Ich weiß nicht, was ich tun soll«, gab Ethan schließlich zu.
Claire musste die Tränen zurückhalten. Für sie war die Antwort offensichtlich. Sie glaubte nicht, es überhaupt aussprechen zu müssen. »Du könntest das Priesteramt an den Nagel hängen.« Sie liebkoste seine Brust. »Wir könnten irgendwo hingehen, wo uns keiner kennt und wo wir nur noch nach vorn schauen müssen. Auf eine schattige Felseninsel. Erinnerst du dich daran noch? Dort könnte es immer so sein wie jetzt gerade.« Sie hielt den Atem an.
Als Ethan endlich sprach, tat er es mit leiser Stimme und sah sie dabei nicht an: »Gott hat seine Augen überall, Claire, nicht nur auf heiliger Erde. Und außerdem hab ich mich doch trotz all meiner Zweifel entschieden. Und ich bin ein Mann, der seine Entscheidungen ernst nimmt, das weißt du.«
Sie unterdrückte ein Schluchzen. »Und was war das gerade dann? Wolltest du nur mal ein wenig an der verbotenen Frucht knabbern? Die Straße der Erinnerung entlangflanieren?«
Ethan verbarg sein Gesicht wieder in den Händen. »Ich weiß es nicht. Glaubst du etwa, ich hätte das geplant? Kannst du überhaupt das Ausmaß dieses Verstoßes erfassen?«
Sie suchte ihre Kleider zusammen und schüttelte so gut es ging den Sand heraus. »Ich verstehe das nur zu gut, Pater .« Sie verstummte kurz, stand mit zitternden Knien da. »Weißt du, auch ich habe Opfer gebracht. Das kannst du dir gar nicht vorstellen. Nachdem Jo sich die Verbrennungen zugezogen hatte und du verschwunden warst.« Sie wischte sich eine Träne von der Wange. »Warum bist du wirklich zurückgekehrt, Ethan? Lag es nur an Pater Flynn, oder hatte es auch etwas mit mir zu tun?«
Auch
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