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Das Geheimnis der Salzschwestern

Das Geheimnis der Salzschwestern

Titel: Das Geheimnis der Salzschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Baker
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Herzens, wo sie niemand sehen konnte. Jetzt atmete sie mehrmals tief durch und ging durch die Küche hinüber ins Esszimmer. Die Vitrine für das Porzellan in der Ecke war beinahe leer, darin standen nur noch eine Sauciere und ein angeschlagener einzelner Kerzenständer. Claire schüttelte den Kopf und ging weiter ins Wohnzimmer. Dort entdeckte sie an den Wänden noch mehr leere Stellen, wo früher einmal Gemälde gehangen hatten, außerdem bemerkte sie auch, dass das Klavier nicht mehr da war. Rasch stieg sie die Treppe hinauf und lief am makellosen Gästezimmer und der oberen Abstellkammer vorbei und drang dann bis zum Schlafzimmer vor.
    Auch hier fehlten Gegenstände. Die silberne Uhr, die früher auf dem Kaminsims gestanden hatte. Ein zauberhaft gearbeiteter Wandteppich, der einst die halbe Wand eingenommen hatte. Das leere Bett war noch nicht gemacht. Offensichtlich war Whit in die Mitte der Matratze gewandert und hatte bis auf ein einziges Kissen alle anderen auf den Fenstersitz verbannt, als würde er selbst diese Bequemlichkeiten scheuen. Die Decke war ordentlich zurückgeschlagen, die Laken kaum zerknittert. Dieser Mann schlief wie ein Vampir, dachte Claire, und unterdrückte das Bild von Ethan, das vor ihrem geistigen Auge aufstieg. Sie sah ihn halbnackt in den Dünen, wie er lüstern die Lider senkte, als sie mit den Händen über seine Rippen fuhr und dann immer tiefer und tiefer. Claire schluckte und konzentrierte sich wieder auf das Hier und Jetzt. Ihr blieb nicht viel Zeit.
    Auf ihrem Nachttisch standen noch immer ihr Wecker und ein paar Bücher. Irgendwie sahen sie dort seltsam aus. Die filigranen Zeiger ihrer antiken Weckuhr zeigten 9.25 Uhr an. Aus dem Augenwinkel nahm Claire auf der anderen Seite des Raumes eine Bewegung wahr, die ihr den Atem stocken ließ. Blut rauschte in ihren Augen und Ohren, und sie erstarrte. Dann wurde ihr klar, dass es nur ihr eigenes Abbild im Spiegel der Frisierkommode war. Sie seufzte, entspannte sich und nahm dann ihr Spiegelbild unter die Lupe.
    Nach dreizehn Jahren hatte die Sonne zum ersten Mal Farbe auf ihre Wangen gezaubert, sie hatte Sommersprossen bekommen, und ihr Haar hatte sich rotblond verfärbt. Unten am Nacken konnte man einen Knutschfleck entdecken, der von Ethan stammte, und wenn sie nicht ganz falschlag, bekam sie vom ganzen Backen langsam ein Doppelkinn. Sie durchquerte das Zimmer und beugte sich dicht zum Spiegel hinunter.
    Es gab doch nichts Besseres als ein bisschen Turner-Glas, um einem zu zeigen, was man war und was nicht. Das war kein altes Glas wie im Gutshaus, das nach Generationen von Frauen und zu vielen Jahren Gebrauch trüb geworden war. Turner-Glas war viel härter als das. Es war wie gemacht, um damit anzugeben, um in den Vitrinen der Bibliothek zu glänzen, wo Whits Football- und Hockeypokale aus der Highschool thronten, oder in dem gravierten Rahmen mit seinem Harvard-Zeugnis.
    Und um die Dominanz dieser Familie noch zu unterstreichen, trugen alle Trinkgefäße in diesem Haus ein Monogramm – egal ob geschliffene Whiskygläser oder die dünneren, höheren Gläser, aus denen sie morgens ihren Saft getrunken hatte, alle waren entweder mit Idas oder Whits spitzen, nach oben strebenden Initialen versehen. Bei den beiden gab es nicht einen einzigen gerundeten Buchstaben.
    Die Turners hatten diesen Tick, all ihre Besitztümer so zu markieren, indem sie Buchstaben oder das Familienwappen in Dinge einbrannten, als liefe die Sippe Gefahr, ihre Identität zu vergessen. Claire hatte das nie verstanden und im Laufe der Jahre nach Möglichkeit immer vermieden, Dinge besticken oder gravieren zu lassen. Das kam ihr zu dauerhaft vor, als würde sie dem Metall etwas von ihrem Namen abtreten, ihn in die Seide oder Baumwolle hineinweben und so nach und nach ihre Seele für ein Kollektiv abtragen, dem sie vielleicht gar nicht unbedingt angehören wollte.
    Wie äußerst passend, dachte sie, griff nach ihrer alten Haarbürste und zähmte ein paar Locken an ihrer Schläfe, dass ausgerechnet ein Mann, der sich im Privaten so an Traditionen klammerte, so darauf erpicht war, die Geschichte seiner Stadt auszulöschen. Sie wusste, dass Whit von Prospect am liebsten nur die Kulisse beibehalten hätte – die verwitterte Patina der Schindeln, die eleganten Fensterbögen der Bücherei, die malerischen Segelboote, aber nicht das halbverfaulte Dock und die Fischerboote, die schmatzend im Hafen ruhten, und ganz bestimmt nicht die Salt Creek Farm.
    Claire ließ die

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