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Das Geheimnis der Salzschwestern

Das Geheimnis der Salzschwestern

Titel: Das Geheimnis der Salzschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Baker
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mir doch diesen Gefallen.« Sie griff nach dem Papier und betrachtete ihr Werk. Beim G und F war der Bogen falsch, Claire hätte jedoch wetten können, dass Whit es nicht bemerken würde. Sie war nicht einmal sicher, ob er Dees Handschrift überhaupt kannte. Claire unterschrieb mit Dees Namen und malte ein Herzchen daneben.
    Ohne es Jo zu verraten, hatte Claire den Zeitpunkt des Treffens geändert. Wenn ganz Prospect am Vorabend des 1. Dezember in die Zukunft blicken würde, würde Claire mit ihrer Vergangenheit abrechnen. Es würde gar nicht lange dauern. Sie brauchte nur eine halbe Stunde. Mehr als genug für ihre Zwecke. Sie faltete den Brief zusammen und schob ihn in einen frischen Umschlag. Jetzt hieß es nur noch abwarten.
    Am Tag vor dem Dezemberfeuer machte sich Claire mit zwei Umschlägen auf den Weg zum Turner-Haus – einer war voll Salz, der andere voll List und Trug.
    Jo und Dee gingen in der Stadt von Briefkasten zu Briefkasten und verteilten die restlichen Salzpäckchen. Die Gilly-Schwestern waren sich einig gewesen, dass es vielleicht besser war, wenn von nun an jeder sein eigenes Salz ins Feuer werfen würde. Zwar wollte Claire aus alter Tradition als Erste damit ans Feuer treten, aber danach, hatten die beiden Schwestern beschlossen, war es wohl das Beste, wenn jeder sein Schicksal selbst in die Hand nahm.
    Sie hatten sogar vor, Cutt einen Umschlag voll Salz im Leuchtturm-Imbiss vorbeizubringen, und Claire überlegte insgeheim, wie das wohl laufen würde. Würde Cutt seine Tochter und seinen Enkel mit offenen Armen empfangen, oder würde er ihnen, was Claire eher vermutete, die Tür vor der Nase zuschlagen? Dee hatte sich gefragt, warum Claire den Umschlag für Whit eigentlich unbedingt persönlich überbringen wollte, und Claire hatte sich schnell etwas einfallen lassen müssen. »Weil das Letzte, was ich ihm je bringe, das Erste sein soll, was er je von mir wusste.«
    Dee dachte über ihre Worte nach und zog die Nase kraus. »Ja, das ist irgendwie logisch«, murmelte sie, klang dabei aber nicht sehr glücklich.
    Als Claire den Fuß von Plover Hill erreichte, blieb sie unter dem Birnbaum stehen. Die Früchte daran waren holziger und spärlicher als je zuvor. Sie streckte die Hand aus und pflückte eine dieser missglückten Kugeln. Dabei dachte sie an die Stunden, die Ethan und sie im Gebüsch unter dem Baum verbracht hatten, und an den Tag in den Dünen, an dem er ihr das Herz gebrochen hatte. Und sie erinnerte sich an das Donnern von Icicles Hufen auf ihrer Flucht mit Dee zur Salt Creek Farm. In nur einem einzigen Jahr konnte offensichtlich ein ganzes Leben verstreichen.
    Der Wind fuhr durch die Blätter des Baumes, löste das eine oder andere und ließ es zu Boden flattern. Es war beinahe so, als wollte das Laub es endlich hinter sich bringen und sein Leben aushauchen. Vor einem Jahr hätte das Claire womöglich melancholisch gestimmt, jetzt aber hatte sie ein dickeres Fell. Das Salz hatte sie auf eine Art und Weise härter und dann wieder sanfter gemacht, an die sie sich schon gar nicht mehr erinnert hatte. Sie hatte einen Ehemann verloren, aber eine Schwester gewonnen – eigentlich sogar zwei Schwestern, und auch eine Art Neffen –, und sie war in ihr Zuhause zurückgekehrt. Und wenn Whit Turner wirklich glaubte, ihr das wegnehmen zu können, dann konnte der sich auf etwas gefasst machen.
    Sie ging Plover Hill hinauf und machte dabei immer größere Schritte, bis sie die Tore des Turner-Anwesens erreichte. Hier blieb sie stehen. Heute kam sie nicht als Eindringling, sondern als Bote. Sie öffnete den Briefkasten und schob die Nachricht und das Salzpäckchen hinein. Dann legte sie den Kopf in den Nacken und blickte zur strengen Fassade des Hauses hinauf, das sie so gut kannte. Sie dachte an ihre Besitztümer, die sich noch immer darin befanden – Reitsachen, Kleidung, ein Buch über eine englische Erbin, das sie letzten Winter erst zur Hälfte gelesen hatte. Kosmetika. Ihr Hochzeitsalbum. Ein gerahmtes Foto ihres geliebten Icicle. Schwieriger war es hingegen mit den nicht greifbaren Dingen, die sie hinter den Turner-Mauern zurückgelassen hatte. Ihre Würde, zum Beispiel, eng verknüpft mit ihrem Stolz. Erinnerungen. Den beneidenswerten Status, der bei einer Claire Turner eben mit dazugehörte. Und schließlich waren da noch der Hauch ihrer ungeborenen Kinder, Idas Geist und das Phantom ihrer Jugend.
    Denn sie war bei der Hochzeit mit Whit so verdammt jung gewesen, das hatte ihr Dees

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