Das Geheimnis Der Schönen Toten
Saint Giles, über den er noch vor dem Ende des Tages Hugh getreulich berichtete, hatten sie über den Hausierer von Ruiton so viel beisammen, daß es eine Chronik hätte füllen können. Wo immer man den Namen Britric auf dem Markt und dem Gelände des Pferdemarkts in ein Ohr flüsterte, öffneten sich sofort die Münder, und die Zungen setzten sich bereitwillig in Bewegung. Wie es den Anschein hatte, gab es nur eins, was die Leute nicht über ihn gewußt hatten, nämlich, daß er die Nächte der vorjährigen Messe in dem Häuschen auf dem Töpferacker verbracht hatte, das damals erst seit einem Monat leerstand und sich in einem noch sehr komfortablen Zustand befand. Nicht einmal die Nachbarn auf Gut Longner hatten das gewußt. Der heimliche Bewohner war am Tage wohl mit seiner Ware unterwegs, ebenso seine Frau, falls sie ihr Geld damit verdiente, daß sie die Menschen unterhielt, und sie dürften Verstand genug besessen haben, die Tür verschlossen und alles in Ordnung zu halten. Wenn sie, wie der alte Mann behauptet hatte, einen großen Teil ihrer Zeit mit Streitigkeiten zugebracht hatten, hatten sie ihre Kämpfe immerhin in ihren vier Wänden gehalten. Und von Longner aus hatte sich niemand zu dem Feld oder zu dem verlassenen Haus begeben, nachdem Generys verschwunden war. Für diejenigen, die es noch bewohnt gekannt hatten, hatte sich so etwas wie Kälte und Verlassenheit darauf gesenkt, und so mieden sie es seitdem und wandten sich ab. Nur der bedauernswerte alte Mann, der auf einen gemütlichen Unterschlupf gehofft hatte, hatte dort sein Glück versucht und war von einem früher eingetroffenen und stärkeren Anwärter weggejagt worden.
Die Witwe des Schmieds, eine straffe kleine Person vorgerückten Alters mit den leuchtenden runden Augen eines Rotkehlchens, spitzte die Ohren, als sie den Namen Britric hörte. »Ach der, o ja, vor ein paar Jahren kam der mit seinem Bündel immer vorbei, als ich mit meinem Mann noch in der Schmiede in Sutton lebte. Er fing sehr klein an, besuchte die Dörfer aber regelmäßig, denn kein Mensch schafft es, einmal die Woche in die Stadt zu kommen. Ich habe mein Salz bei ihm gekauft. Er kam gut zurecht und fürchtete sich auch nicht vor Arbeit, wenn er nüchtern war, doch wenn er getrunken hatte, war er ein wilder Bursche.
Ich weiß noch, daß ich ihn letztes Jahr auf der Messe gesehen habe, aber gesprochen habe ich nicht mit ihm. Ich habe nicht gewußt, daß er nachts dort oben im Häuschen des Töpfers schlief. Nun, damals kannte ich es selbst noch nicht. Erst zwei Monate später hat mich der Prior dort hineingesetzt, damit ich mich um das Haus kümmere.
Mein Mann war im späten Frühjahr gestorben, und ich hatte Haughmond gebeten, mir Arbeit zu geben. Der Schmied hatte zu Lebzeiten gut für sie gearbeitet, so daß ich wußte, der Prior würde mich nicht abweisen.«
»Und die Frau?« wollte Hugh wissen. »Eine umherziehende Akrobatin, wie ich höre, dunkel, sah sehr gut aus.
Hast du ihn mit ihr gesehen?«
»Er hatte ein Mädchen bei sich«, gestand die Witwe nach kurzem Nachdenken ein, »ich kaufte nämlich an diesem Tag gerade am Stand des Fischhändlers neben Wats Kneipe ein, an der Ecke des Pferdemarkts, und sie kam, um ihn abzuholen. Sie wolle ihn mitnehmen, sagte sie, bevor er seinen ganzen Tagesverdienst und die Hälfte von ihrem dazu vertrinke. Daran erinnere ich mich genau. Sie waren laut. Er hatte einen über den Durst getrunken und wurde streitsüchtig, aber sie konnte es mit ihm aufnehmen. Überschütteten einander mit Flüchen, daß man ganz rot werden konnte, wirklich, aber dann marschierten sie gemeinsam los, waren wieder ein Herz und eine Seele, und sie hielt ihn umfaßt, damit er nicht stolperte, schimpfte aber immer noch. Hübsch?« sagte die Witwe nachdenklich und schnaubte verächtlich. »Für einige vielleicht. Ein dreistes, energisches, schwarzhaariges Stück, dünn und biegsam wie eine Weidenrute.«
»Britric war auch in diesem Jahr auf der Messe, wie man mir sagt«, sagte Hugh. »Hast du ihn gesehen?«
»Ja, er war da. Seinem Aussehen nach schien er in dieser Welt ganz gut zurechtzukommen. Die Leute sagen, daß man mit der Hausiererei gutes Geld verdienen kann, wenn man bereit ist, hart zu arbeiten. Wenn er noch ein Jahr oder zwei weitermacht, dann wird er wie die Händler einen Stand mieten und der Abtei die Gebühren zahlen.«
»Und die Frau? War sie noch bei ihm?«
»Nicht daß ich wüßte.« Die Witwe war nicht dumm, und zu diesem Zeitpunkt
Weitere Kostenlose Bücher