Das Geheimnis Der Schönen Toten
bis dieser rothaarige Teufel von Hausierer mit seinem Weib erschien und mich mit einem Fußtritt hinausbeförderte. Und wo bin ich gelandet? Unter einer Hecke auf dem nächsten Feld. Hat er mich etwa auch nur in einer Ecke neben dem Brennofen schlafen lassen? Nein, der nicht, den Platz wollte er für sich und seine Spaße mit seiner Madam. Und dann haben sie in den meisten Nächten gestritten und gekämpft, dabei habe ich sie nämlich gehört.« Seine Suada verebbte zu einem mürrischen Gebrummel, so daß er nicht bemerkte, wie Cadfael plötzlich wie gebannt dastand. »Aber dieses Jahr bin ich reingekommen. Obwohl ich kaum noch Grund hatte, mich darüber zu freuen! Jetzt ist es kaum mehr zu gebrauchen, denn es fällt allmählich auseinander. Was immer ich anrühre, verfällt und verfault.«
»Dieses Häuschen«, sagte Cadfael langsam, »das auch einen Brennofen besaß - wo liegt das?«
»Von hier aus gesehen auf der anderen Flußseite, in der Nähe von Longner. Da arbeitet jetzt aber niemand mehr.
Alles in Trümmern, eine Ruine!«
»Und du hast die Nächte der diesjährigen Messe dort verbracht?«
»Es regnet jetzt herein«, sagte der alte Mann bekümmert.
»Im letzten Jahr war alles noch gut in Schuß, und ich hatte mir gedacht, dort gut untergebracht zu sein. Aber das ist nun mal mein Schicksal, ich werde immer wie ein streunender Köter verjagt und darf dann am Ende unter irgendeiner Hecke zittern.«
»Erzähl mir«, sagte Cadfael, »von dem letzten Jahr. Dieser Mann, der dich hinauswarf, war das ein Hausierer, der auf der Messe verkaufen wollte? Ist er bis zum Ende der Messe in dem Häuschen geblieben?«
»Er und die Frau.« Der alte Mann war plötzlich hellwach geworden, denn er hatte erkannt, daß seine Informationen hier auf großes Interesse stießen, und begann, dieses Gefühl zu genießen, ganz davon abgesehen, daß er sich diese Tatsache auch zunutze zu machen hoffte. »Ein wildes, schwarzhaariges Geschöpf war das, um keinen Deut besser als ihr Mann. Um keinen Deut! Sie hat mich mit kaltem Wasser übergössen, um mich zu verjagen, als ich wieder zurückkriechen wollte.«
»Hast du sie aufbrechen sehen? Beide zusammen?«
»Nein, sie waren noch da, als ich Hausierer wurde und mit einem Burschen mitging, der nach Beiston wollte. Er hatte mehr gekauft, als er allein bewältigen konnte.«
»Und in diesem Jahr? Hast du denselben Mann auf der diesjährigen Messe gesehen?«
»O ja, er war da«, sagte der Alte gleichgültig. »Ich hatte nie etwas mit ihm zu tun, aber ich habe ihn dort gesehen.«
»Und die Frau, war sie immer noch bei ihm?«
»Nein, in diesem Jahr war nichts von ihr zu sehen. Ich hab ihn immer nur allein oder mit den Burschen in der Kneipe gesehen, und der Himmel weiß, wo er geschlafen hat! Das Häuschen des Töpfers wäre jetzt nicht mehr gut genug für ihn. Wie ich hörte, war sie Akrobatin und Sängerin, immer unterwegs wie er. Ihren Namen habe ich aber nie gehört.«
Die leichte Betonung des »ihren« war Cadfaels Ohr nicht entgangen. Er fragte mit einem Gefühl, als würde er den Deckel von einem Krug heben, der gefährliche Enthüllungen freigeben konnte oder auch nicht: »Aber seinen kennst du?«
»Oh, seinen Namen kennt jeder an den Ständen und in den Bierkneipen. Er heißt Britric und stammt aus Ruiton.
Er kauft auf den Märkten in den Städten und geht mit seiner Ware hier in der Grafschaft und bis nach Wales hinein hausieren. Ist meist unterwegs, aber nie zu weit weg. Soviel ich weiß, geht es ihm gut!«
»Also«, sagte Cadfael und atmete lange und langsam durch, »dann solltest du ihm auch nichts Böses wünschen und deiner Seele etwas Gutes tun. Du hast deine Sorgen, und ich nehme an, Britric hat seine, die weder leichter noch erträglicher sein dürften. Wenn du ißt, was man dir vorsetzt, dich ausruhst und tust, was Bruder Oswin dir sagt, kann auch deine Bürde schon bald leichter sein. Das sollten wir allen Menschen wünschen.«
Der alte Mann, der neugierig und aufmerksam auf seinem Bett hockte, sah, wie sie sich zur Tür zurückzogen.
Cadfaels Hand war schon auf dem Riegel, als die Stimme, die so sonderbar volltönend und kräftig war, hinter ihnen her rief: »Zu seinen Gunsten kann ich nur sagen, daß sein Weib sehr hübsch war, wenn auch eine Hexe.«
7. Kapitel
Jetzt hatten sie ihn also, einen veritablen Namen, einen Zauber, der dem Gedächtnis auf die Sprünge helfen konnte. Namen sind mächtige Magie. Innerhalb von zwei Tagen nach Cadfaels Besuch in
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