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Das Geheimnis der Schwestern

Das Geheimnis der Schwestern

Titel: Das Geheimnis der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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und platzierte je ein Mädchen vor einem Bogen Tonkarton. »Und los geht’s«, sagte sie schließlich. »Beginnt mit dem Namen eures Pferds. Vergesst nicht, es ist seine Box, und es ist wichtig, dass ihr fehlerfrei und ordentlich schreibt. Die Reitstall-Jury wird jedes einzelne Wort lesen.« Sie stieg über die ausgestreckten Beine eines Mädchens und umrundete die eines anderen. Am Esszimmertisch blieb sie stehen. Von hier aus konnte sie durch das alte Milchglasfenster auf den Anbau sehen.
    Bei Noah brannte Licht.
    Sie entschuldigte sich kurz bei den Mädchen und ging in den neuen Flügel des Cottages. Links von ihr lagen ihr Schlafzimmer und das Bad. Sie wandte sich nach rechts und ging zum Ende des Flurs. Da sie bislang noch keine Zeit gefunden hatte, einen passenden Teppich dafür auszusuchen, knackte das Sperrholz unter ihren Cowboystiefeln.
    Sie klopfte an Noahs Tür, bekam keine Antwort und trat ein.
    Er saß auf dem Bett, hatte die Knie angezogen, die Augen geschlossen und wiegte sich im Takt der Musik seines iPods. Weiße Kabel schlängelten sich von den Stöpseln in seinen Ohren hinunter zum flachen, silbernen Abspielgerät.
    Als sie ihn berührte, zuckte er zusammen und richtete sich auf. »Wer hat dir erlaubt reinzukommen?«
    Vivi Ann seufzte. Mussten sie wirklich jeden Tag darüber diskutieren? »Ich habe angeklopft. Du hast nicht geantwortet.«
    »Ich hab dich nicht gehört.«
    »Weil du zu laut Musik hörst.«
    »Wenn du meinst!«
    Sie weigerte sich, darauf einzugehen. Stattdessen streckte sie die Hand aus, um ihm wie früher die Haare hinter die Ohren zu streichen, aber er wich zurück. »Was ist bloß los mit uns, Noah? Wir waren doch früher die besten Freunde.«
    »Beste Freunde nehmen einem nicht Fernseher und Xbox weg.«
    »Du bist vom Unterricht ausgeschlossen worden. Soll ich dich dafür auch noch belohnen? Manchmal müssen Eltern im Interesse ihrer Kinder schwierige Entscheidungen treffen.«
    »Ich habe keine Eltern. Ich habe nur dich. Es sei denn, du meinst, Dad würde in seiner Zelle schwierige Entscheidungen für mich treffen.«
    »Du bist in letzter Zeit immer so wütend.«
    »Wenn du meinst.«
    »Sag das doch nicht ständig. Komm schon, Noah, wie kann ich dir helfen?«
    »Gib mir den Fernseher zurück.«
    »Aha, das ist also deine Antwort. Du prügelst dich in der Schule …«
    »Ich hab dir doch gesagt, dass es nicht meine Schuld war.«
    »Nein, es ist ja nie deine Schuld, nicht wahr? Dann bist du wohl nur ständig zur falschen Zeit am falschen Ort.«
    »Wenn du meinst.« Er starrte sie finster an. »Du weißt anscheinend alles.«
    »Eins weiß ich jedenfalls: Du bist ein Mitglied der Jugendgruppe, und als solches solltest du ein Poster für deine Box machen.«
    »Wenn du meinst, ich würde dieses Jahr beim Stadtfest auftauchen, bist du verrückt.«
    »Dann bin ich eben verrückt.«
    Er sprang vom Bett. Sein iPod baumelte an den Kopfhörern und fiel dann klappernd auf den Holzboden. »Ich mach’s auf gar keinen Fall.«
    »Was willst du denn sonst machen? Den ganzen Sommer in diesem Zimmer hocken und in die Ecke starren, wo dein Fernseher stand? Du treibst keinen Sport, du willst keine häuslichen Pflichten übernehmen, und du hast keine Freunde. Also kannst du genauso gut zum Stadtfest gehen, verdammt noch mal!«
    Jetzt wirkte er so verletzt, dass Vivi Ann sich am liebsten entschuldigt hätte. Sie hätte ihm nicht unter die Nase reiben sollen, dass er keine Freunde hatte.
    »Ich fasse es nicht, dass du das sagst. Es ist doch nicht meine Schuld, dass ich keine Freunde habe, sondern deine!«
    »Meine?«
    »Du hast doch einen Indianer geheiratet, der sich als Mörder entpuppte!«
    »Ich hab es satt, dass wir ständig darüber streiten müssen, Noah, und ich habe es auch satt, dass du nur hier herumsitzt und in Selbstmitleid badest.«
    »Ich werde nicht zum Stadtfest gehen. Reitturniere sind was für Mädchen. Ich krieg schon genug Scheiße zu hören. Da kann ich nicht auch noch gebrauchen, dass Erik Junior mein tolles Pferdeposter sieht.«
    »Aber dein letztes Poster war wirklich toll! Es hat allen gefallen. «
    »Da war ich neun und wusste es noch nicht besser. Aber dieses Jahr werde ich nicht zum Stadtfest erscheinen.«
    »Gut, aber du wirst auch nicht den ganzen Sommer hier hocken.«
    »Versuch doch mal, mich hier rauszukriegen«, sagte er und steckte sich wieder die Kopfhörer in die Ohren.
    Vivi Ann stand da und starrte ihn an. Sie spürte buchstäblich, wie ihr Blutdruck stieg. Es

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