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Das Geheimnis der Schwestern

Das Geheimnis der Schwestern

Titel: Das Geheimnis der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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murmelte Aurora.
    Vivi Ann wirkte enttäuscht. »Als wären die Mahlzeiten mit Dad nicht schon still genug. Ich glaube, bei sämtlichen Mahlzeiten mit Travis und ihm wurden nicht mehr als zwanzig Wörter gewechselt.«
    »Da kannst du dich glücklich schätzen, glaub mir«, erwiderte Winona. »Mir gegenüber ist Dad –«
    »Das ist jetzt kein Thema«, unterbrach Aurora sie entschieden. »Dieser Abend ist nur für uns Schwestern.« Sie blickte Winona beschwörend an.
    Sie bezahlten und verließen das Restaurant.
    Dann spazierten sie im lavendelfarbenen Abendlicht die Main Street hinunter.
    »Zu schade, dass Luke sich nicht zu uns gesellen kann«, sagte Winona betont beiläufig. In letzter Zeit hatte sie viel damit zu tun, sich in Vivi Anns Gegenwart möglichst normal zu benehmen.
    »Er hatte einen Notfall in Gorst. Eine Stute mit Kolik.«
    Sie bogen auf den Shore Drive und schlenderten in der milden Abendluft am Ufer entlang. Auf einmal gingen alle Straßenlaternen an und schufen mit ihrem goldenen Licht eine festliche Atmosphäre.
    Nach und nach wurde die asphaltierte Straße zu einem Schotterweg. Hier gab es keine gepflegten Bürgersteige mehr, keine Hängeblumen an den Laternen, keine Händler, die Souvenirs verkaufen wollten. Nur noch eine unwegsame Schotterpiste, die zu einem großen Parkplatz führte. Am Ufer sah man Ted’s Boatyard und den Trampelpfad, der zu Cat Morgans baufälligem Haus direkt am Hood Canal führte. Rechts von ihnen, etwas zurückgesetzt auf einem verwilderten Grundstück, stand die Outlaw Tavern. Bunte Neonreklame für Bier zierte die Fenster. Das Flachdach und die Fensterbänke waren von dichtem Moos überwuchert. Auf dem Parkplatz standen alte, verbeulte Trucks.
    In der Kneipe schlängelten sie sich durch die Menge bekannter Gesichter und schoben sich um einen ausgestopften Grizzlybären, der das Maskottchen der Bar war. Jemand hatte einen BH an seine ausgestreckte Tatze gehängt. Die Luft war zum Schneiden dick, so dass man nicht so deutlich sah, wie kitschig die Bar eingerichtet war. Hinter ihnen spielte eine Band eine kaum erkennbare Version von »Desperado«.
    Als sie die Theke erreicht hatten, schenkte der Barkeeper drei Schnapsgläser voll und platzierte sie vor drei freien Barhockern.
    »Na, Mädels, ist das ein Service?«, fragte er.
    Aurora lachte und nahm als Erste Platz. »Genau deswegen sind wir jeden Freitagabend hier, Bud.«

Fünf
    Die Outlaw Tavern zeigte das übliche Wochenendpublikum. Während die Band eine verwässerte, langsame Version von »Mama, Don’t Let Your Babies Grow Up to Be Cowboys« spielte, drehten sich die Pärchen auf dem Tanzboden. Vivi Ann saß auf ihrem angestammten Barhocker und wiegte sich zur Musik. Sie hatte einen netten, kleinen Schwips. Auf der Suche nach einem Tanzpartner drehte sie sich auf dem Barhocker, sah aber nur Pärchen. Aurora und Richard spielten im hinteren Teil mit ein paar Freunden Billard, und Winona war in ein Gespräch mit Bürgermeister Trumbull vertieft.
    Vivi Ann wollte sich gerade wieder zur Bar wenden, als ihr ein Indianer an der Kasse auffiel. Natürlich wäre ihr jeder Fremde unter den vertrauten Gesichtern aufgefallen, aber sie war sich sicher, dass dieser Mann überall aufgefallen wäre. Mit den langen Haaren, der dunklen Haut und den raubvogelartigen Zügen sah er ein bisschen aus wie Daniel Day-Lewis in dem Film Der letzte Mohikaner.
    Er bemerkte, dass sie ihn anstarrte, und lächelte.
    Bevor sie sich umdrehen oder auch nur so tun konnte, als hätte sie ihn nicht gesehen, kam er schon auf sie zu. Sie wollte den Blick abwenden, fühlte sich aber wie gelähmt.
    »Willst du tanzen?«
    »Eigentlich nicht.«
    Er lächelte, aber dadurch wirkten seine Züge nicht weicher. »Schon verstanden, du hast Angst. Brave, weiße Mädchen wie du haben immer Angst.«
    »Ich hab keine Angst.«
    »Gut.« Er griff nach ihrer Hand. Sie spürte, wie schwielig seine Haut war – ganz anders als Lukes – und wie besitzergreifend er sie auf die Tanzfläche und in seine Arme zog. Sie war überrascht; und noch mehr, als sie einen wohligen Schauer spürte.
    »Ich bin Dallas«, sagte er, als die Musik kurz aussetzte.
    »Vivi Ann.«
    »Hast du einen Freund? Siehst du dich deshalb ständig um? Oder hast du Angst, die Nachbarn könnten über dich reden, weil du mit einem Indianer tanzt?«
    »Ja. Nein. Ich meine –«
    »Wo ist er?«
    »Nicht hier.«
    »Ich wette, er behandelt dich wie ein Porzellanpüppchen. So als könntest du zerbrechen, wenn

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