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Das Geheimnis der Schwestern

Das Geheimnis der Schwestern

Titel: Das Geheimnis der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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er dich fester anpackt.«
    Vivi Ann holte tief Luft und sah ihn an. »Wie kommst du darauf?«
    Statt zu antworten, zog er sie an sich und küsste sie.
    Für den Bruchteil einer Sekunde – länger sicherlich nicht – erwiderte sie seinen Kuss.
    Dann riss sie jemand von ihm weg. Eine Gruppe Männer hatte sich um sie versammelt und drängte sie aus dem Weg. Sie grummelten wütend, aber ihre gesamte Aufmerksamkeit war auf Dallas gerichtet. Er wirkte vollkommen gelassen, und als er lächelte, dachte sie: Das geht nicht gut aus.
    »Verschwinde! Vivi Ann hat Abschaum wie dich nicht nötig.« Das kam von Erik Engstrom, mit dem sie in der dritten Klasse gegangen war.
    »Hört auf«, schrie Vivi Ann so laut, dass ihre Stimme wie Glas durch die dicke Luft schnitt und alle zum Schweigen brachte. »Was ist los mit euch?«
    »Wir verteidigen dich nur, Vivi«, sagte Butchie und ballte seine Hände zu Fäusten.
    »Ihr alle seid solche Idioten! Geht zurück an eure Tische!«
    Murrend zerstreute sich die Gruppe. Sie blieb allein mit Dallas zurück.
    »Ich muss mich dafür entschuldigen«, sagte sie und blickte zu ihm auf. »Wir haben nicht viele Fremde hier.«
    »Warum wohl?« Lächelnd, als wäre nichts geschehen, flüsterte er ihr »Netter Kuss« ins Ohr und ging, ließ sie einfach im Chaos ihrer Gefühle unter den heißen Scheinwerfern stehen.
    »Was war denn?«, fragte Winona eine Minute später. Sie war so schnell zu ihr gestürzt, dass sie außer Atem war. »Ich war gerade auf der Toilette, da meinte jemand –«
    »Ich hab mit jemandem getanzt. Keine große Sache.«
    Aurora gesellte sich zu ihnen. »Gute Partnerwahl, Vivi. Sehr stilvoll.«
    Vivi Ann wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Ihr ganzer Körper fühlte sich merkwürdig an, wie ein Motor, der zu schnell im Leerlauf lief. »Du bist gemein, Aurora.«
    »Ich? Aber nicht doch. Ich weiß doch, wie du auf Tattoos stehst«, gab Aurora lachend zurück. »Und dann auch noch ein Indianer.«
    »Sie hat mit einem Indianer getanzt?«, fragte Winona scharf. »Mit Tätowierungen? Wie sah er aus?«
    »Heiß«, antwortete Aurora auf der Stelle.
    Vivi Ann blickte zur Seite, weil sie nicht Winonas verurteilenden Blick sehen wollte. »Er hieß Dallas oder so.«
    »Der Name ist unwichtig«, wehrte Aurora ab. »Wie war der Kuss?«
    »Sie hat ihn geküsst?«, fragte Winona. »Vor allen Leuten?«
    Vivi Ann hätte schwören können, dass ihre Schwester ein Lächeln unterdrückte. »Kommt jetzt«, fauchte sie. »Ich brauch was zu trinken.«
    Aurora lachte. »Das kann ich mir denken.«
    Als Vivi Ann am nächsten Morgen aufwachte, war sie unruhig, gereizt und – das war das Schlimmste – erregt. Sie zog sich ihren Bademantel an, ging ins Bad, putzte sich die Zähne und eilte dann den Flur hinunter.
    Ihr Vater stand am Kamin im Wohnzimmer und sah zu, wie sie die Treppe herunterkam.
    Winona stand neben ihm, schon fertig fürs Büro in einem blauen Kleid, das ihr über der Brust spannte.
    »Guten Morgen«, sagte Vivi Ann und zog den Gürtel ihres Bademantels enger.
    »Einen guten Morgen würde ich das nicht nennen«, erwiderte ihr Vater. »Meine Tochter macht vor aller Augen mit einem Indianer rum.«
    Vivi Ann stolperte leicht. Sie hatte natürlich gewusst, dass sie sich einiges würde anhören müssen. In einer Kleinstadt wie der ihren war das, was sie getan hatte, ein saftiger Leckerbissen für die Klatschmäuler. Allerdings war sie davon ausgegangen, Dad zuerst ihre Version erzählen zu können. Wie auch immer die aussehen sollte. »Es war nichts, Daddy, ehrlich. Sag’s ihm, Win. Der Tratsch wird nicht lange anhalten.«
    »Sie haben was getrunken und getanzt«, sagte Winona. »Du weißt doch, dass sie gern flirtet, wenn sie was getrunken hat.«
    »Win!«, rief Vivi Ann, schockiert über die Unsolidarität ihrer Schwester. »Das stimmt doch nicht.«
    »Feuer ihn«, verlangte der Vater.
    »Wie bitte, was meinst du damit?«, wollte Vivi Ann wissen.
    »Wir können ihn nicht feuern. Er hat einen Vertrag«, warf Winona ein und sah sie direkt an. »Du hast gestern Abend mit dem neuen Rancharbeiter herumgeknutscht.«
    Das ging alles viel zu schnell für Vivi Ann. Sie fühlte sich wie auf einem Boot, das leckgeschlagen war.
    »Ich schäme mich für dich«, sagte ihr Vater.
    Vivi Ann war zutiefst getroffen. Noch nie hatte ihr Vater so mit ihr gesprochen. Sie hatte nicht mal in Betracht gezogen, dass er sich jemals für sie schämen könnte. Plötzlich schien ihr die jahrelange

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