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Das Geheimnis der sieben Palmen

Das Geheimnis der sieben Palmen

Titel: Das Geheimnis der sieben Palmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und sah ihr zu. Sie war vielleicht zwanzig Meter von ihm entfernt, trug wieder sein enges Hemd und darunter nur den winzigen grünen Slip. Sie betupfte mit Pudercreme ihr rechtes Augenlid. Ihre linke, nervöse Hand glitt über die spiegelnden Verschlüsse der anderen Dosen und Fläschchen der Kosmetiktasche.
    Phil, in seiner Verzückung, erkannte nicht, daß Evelyn sich mit der rechten Hand schminkte und mit der linken Morsezeichen tastete.
    Die Kosmetiktasche war ein kleines raffiniertes Funkgerät.
    Erst ziemlich spät merkte sie, daß Phil sie beobachtete.
    Sie erschrak nicht, sie drehte den Spiegel der Kosmetiktasche so, daß sie Phil darin sehen konnte und wartete seine Reaktion ab. Hatte er bemerkt, was sie tat? Was wird in den nächsten Minuten geschehen? Wie wird er sich jetzt, nach dieser Nacht, benehmen? Und jetzt gestand sie sich ein, daß sie Angst hatte. Ruhig schminkte sie sich weiter, aber ihre rechte Hand verlor immer mehr an Sicherheit. Sie bestrich ihre Lider mit hellblauer Pudercreme, umrandete die Augen und zog noch einmal die Lippen nach. Mit der Linken funkte sie in Morsezeichen: »Ende! Weitere Nachrichten abwarten. Keine Sorge. Es läuft alles gut.«
    Ihr Make-up war vollendet. Sie klappte die Kosmetiktasche zu, legte sie neben sich auf die Lavasteine und zog mit einem Ruck Phils Hemd über den Kopf. Mit nacktem Oberkörper, die herrlichen Brüste der Sonne entgegengestreckt, saß sie da, eine weiße Nymphe in goldener Sonne vor dem blauen Himmel, vor dem grünschwarzen Basalt und dem niedrigen, verfilzten Buschwerk. Ihr Haar flatterte im Meerwind, und als sie sich nach hinten auf die Hände abstützte und ihr Körper sich wie ein gespannter Bogen krümmte, sah es aus, als wolle sie sich selbst der Sonne entgegenschießen.
    Phil ging in seine Höhle zurück und setzte sich an den aus Granitsteinen gebauten riesigen Herd. Es war eigentlich nur ein großer Grill; er heizte ihn mit Holz auf, legte poröse Lavasteinchen darauf, ließ diese durchglühen, und erhielt so eine langanhaltende Hitze, mit der er braten und kochen konnte. Noch einfacher war es, in die ›Pizzahöhle‹ zu gehen und alles in den Felsspalt zu schieben, wo die Vulkanhitze ständig herausströmte.
    Phil tat etwas völlig Unsinniges: Er legte neues Holz in die Brennmulde, schüttete Lavasteine darüber und starrte in die Flammen, die träge aufzündelten. Draußen glühte die Hitze. Die Nacht war kalt gewesen, nur Evelyns glatter, zärtlicher Körper hatte ihm unverhofft Glut geschenkt. Jetzt schlug die Hitze des prasselnden Holzes auf ihn ein; er begann zu schwitzen, aber er rührte sich nicht und ließ den Schweiß über seinen Körper laufen.
    Wie soll das weitergehen, dachte er zum wiederholten Male an diesem Vormittag. Ich bin glücklich. Genau das ist es, was ich wollte, weshalb ich in diese Einsamkeit gezogen bin. Ich wollte ein glücklicher, fröhlicher Mensch werden, erlöst von allen Problemen, befreit von den Fesseln der Konventionen. Ich bin geflohen, weil ich spürte, daß ich sonst an dem, was man Leben nennt, zugrunde gehe. An der Jagd nach dem Geld, am Alkohol, an diesen täglichen und nächtlichen Vergnügen in all ihren abgeschmackten Variationen, an den Frauen. Vor allem an den Frauen! Jetzt bin ich glücklich, glücklich wie noch nie seit Jahren – und wodurch?! Durch eine Frau!
    Evelyn ist auf den ›Sieben Palmen‹, das ist nicht mehr rückgängig zu machen. Die vergangene Nacht und der Morgen sind nicht mehr wegzustreichen aus unserem Leben. Ich könnte jetzt mein seetüchtiges Gummiboot aufblasen, den Holzboden einlegen, den Außenbordmotor montieren und Evelyn wegbringen nach Santa Cruz, zur Darwin-Station. Das sind von hier etwas über 120 Kilometer, eine Fahrt über eine gegenwärtig ruhige See, die ich wagen könnte. Ich habe ja alles hier, was ich brauche: Seekarten, Sextant, Kompaß, Navigationsbesteck, genug Benzin. Es liegt alles in der Höhle 5, gut verschlossen durch aufgeschichtete Steine.
    Morgen, noch vor Sonnenaufgang, wenn die Ebbe läuft, wäre es möglich, durch die drei Lava- und Korallenbarrieren zu kommen, zumal ich ja den engen Durchschlupf ganz genau kenne. Jede Untiefe, jedes unter der Wasserfläche lauernde Riff, jeden Strudel, jede Seiten- oder Gegenströmung, alle diese Tücken vor der ruhigen Sandbucht, die Evelyn mit ihrem verrotteten Boot, ohnmächtig auf dem Boden liegend, ohne Schaden von selbst überwunden hat.
    Ja, das könnte ich. Sie wegbringen. Morgen früh, vor

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